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Dussler, Luitpold; Michelangelo [Ill.]
Die Zeichnungen des Michelangelo: kritischer Katalog — Berlin, 1959

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https://doi.org/10.11588/diglit.42438#0224
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439
54 F - Kniender Mann in Rückansicht mit erhobe-
nen Armen.
Schw.Kr. 255 : 155.
Die Vermutung von Frey und Thode, daß der vorliegende
Akt eine nicht ausgeführte Figur in der Gruppe der Seli-
gen des Jüngsten Gerichts wiedergibt, dürfte zutreffend
sein, doch scheint es uns zweifelhaft, ob die Skizze als
Original anzusehen ist. Schon Frey hatte auf manche
Mängel, wie die matte Bewegung und die übertriebene
Muskulatur, hingewiesen — u. E. erheben sich auch Beden-
ken gegen die gleichförmigen Konvexumrisse des rechten
Armes, die in verwandter Weise auch im Kontur der rech-
ten Körperseite begegnen. Panofsky nimmt für die Skizze
n. 54 F und das Verso in Haarlem n. A 23 (Kat. n. 295)
denselben Zeichner an; ob mit Recht, scheint uns nicht
ganz ausgemacht, denn der letztere Akt ist qualitativ dem
Florentiner Blatt beträchtlich überlegen. Jacobsen hat n.
54 F als Kopie betrachtet. Wenn aber auch nicht vom
Meister selbst, muß der Kopist im engen Umkreis M’s
während der Arbeit am Jüngsten Gericht zu suchen sein.
Album M. n. 6 + ; BB 1409 G + ; Steirumann II p. 607 n. 74 + ;
Jacobsen, Rep. 1907 p. 497: Kopie; Fr 276 ?; Th 49 und
Kr.U. II p. 15+ ; Panofsky, Rep. 1927 p. 43—; Delacre p.
529 + .
440
55 F - Zwei Aktstudien: a) linke Seitenansicht, das
linke Bein gebeugt; b) Frontalansicht mit geneigtem
Kopf im Profil nach rechts.
Rötel 330 : 195 beschnitten. W. Z.: Blume mit drei spitzwinke-
ligen Auszackungen zwischen den Kleeblattbogen.
Von Thode, der in den Skizzen Kopien erblickt, in die
Nähe der Siegerstatue des Pal. Vecchio gerückt, was zeit-
lich und für die linke Figur auch motivisch zutrifft. Bei
der rechten Gestalt vermutet Tolnay eine Kopie im Ge-
gensinn nach dem kleinen Tonmodell des David in der
Casa B. Als Kopien schwerlich zu betrachten, vielmehr
nur Motive aus M’s Formulierungen aufnehmend. Be-
renson denkt an mögliche Mini-Zeichnungen, die Formbil-
dung steht ihm jedenfalls sehr nahe.
BB 1665: Mini?; Th 50 und Kr.U. I p. 160: Kopie; Delacre
p. 335 + ; Toi. IV n. 47 A und Abb. 260: Kopie.
441
56 F - Recto: Linkes Ohr; Verso: Schrift.
Schw.Kr. 64 : 64 beschnitten.
Die sorgfältige Zeichnung des Recto weist eher den Cha-
rakter einer Schülerkopie auf als die persönliche Durch-
führung M’s. Die nicht ganz zu entziffernden fünf Zeilen
des Verso sind wahrscheinlich ein Gedichtfragment M’s.
Frey, Quellen und Forschungen p. 21 n. 7—; Th 50 a + ; De-
lacre p. 529 + .
442
59 F - Kopf eines jungen Mannes im Profil nach
rechts mit Pelzhelm und Federn, unter dem Kopf
einige geometrische Linien.
Feder 65 : 50 beschnitten.

Offenbar Fragment eines Studienblattes mit behelmten
Köpfen, wie uns deren mehrere in Dublin, Hamburg, Pa-
ris und Rotterdam (Kat. n. 392, 539, 668, 691) erhalten
sind, die zwar M’s Beschäftigung mit solch fantastisch auf-
geputzten Kriegerfiguren anläßlich seines Auftrages der
Cascina-Schlacht ersehen lassen, aber nicht als Originale
gelten können. Auch die vorliegende Zeichnung dürfte
eher als Schülerkopie zu betrachten sein, denn zu dem von
Berenson zitierten Blatt in Oxford n. 21 (Kat. n. 192)
besteht ein erheblicher Qualitätsabstand.
BB 1411 A + ; Th 52 a + ; Delacre p. 530 + .

443 (Abb. 243, 244)
61 F - Recto: Schwebender männlicher Akt; Verso:
Variante des Recto.
Schw.Kr. 365 : 240.
Recto- und Versoskizzen gehören thematisch und zeitlich
aufs engste zusammen mit dem Entwurf in Casa B. n.
66 F (Kat. n. 446); sie stammen vom selben Zeichner, in
dem zu Unrecht von einigen Forschern M. gesehen wird.
Vgl. des Näheren die Bemerkungen zu Casa B. n. 66 F.
BB 1665 A—; Steinmann II p. 605 Anm. 1+ (Recto); Th 53
und Kr.U. II p. 10, 452+ (Recto); Br 61+ (Recto); Popp,
Belv. F. 1925 p. 74—; Tolnay, Mchn.Jb. 1928 p. 445 Anm. 60 —
(Recto); Wilde, Wiener Jb. der Ksth. Sign. 1928 p. 201 Anm. 5
— (Recto); Delacre p. 334+ (Recto); Wilde, Cat.Wds. bei
n. 428 und Cat.Lo p. 89 f. + ; Goldscheider n. 75+ (Verso).

444
62 F - Frontaler männlicher Akt mit gesenktem
Haupt, die gebeugte Linke in Abwehrgeste.
Rötel 85 : 23.
Der Akt steht motivisch der meisterhaften Skizze in Flo-
renz, Archivio B. I fol. 96 v (Kat. n. 9) so nahe, daß er
als dessen Variante zu betrachten ist. Gemessen an erste-
rem tritt er qualitativ zurück, es fehlt ihm der vibrie-
rende Kontur, die Pointierung des momentanen Aus-
drucks und der Gebärde, doch scheint uns das Verdikt A.
Popps »dilettantische Kopie nach dem Schergen rechts der
Auferstehung in London« = Cat.W. n. 52 (Kat. n. 168)
entschieden unangemessen; u. E. mag wohl die Skizze eher
von einem Schüler stammen als von M. selbst, für die
Attribution an Mini sehen wir jedoch keinerlei Anhalts-
punkte. Ikonographisch ist die Figur nach Bewegung, Ge-
bärde und Ausdruck unter den Wächtern der Auferste-
hung beheimatet; Wilde hält sie gleich der genannten Ar-
chivio Zeichnung für den Christus Concetto eines »Noli
me tangere«; trotz der engen motivischen Verwandtschaft
dürfte sie jedoch, vor allem von der Blickrichtung aus be-
trachtet, eher als Entwurf eines Schergen in Frage kom-
men. Die zweifellos sichere Datierung gegen 1530 hat
Knapp mit seiner Ansetzung in die Sixtina-Periode ver-
kannt.
BB 1666: Mini?; Fr 155 c + ; Th 54 + ; Popp, M.K. p. 162 n.
18—; Fr-Kn bei n. 305/6 + ; Popp, Belv. 1925 August p. 19:
Mini; Panofsky, Rep. 1927 p. 30—; Tolnay, Mchn.Jb. 1928 p.
443 f. —; Delacre p. 530+; Wilde, Cat.Wds. bei n. 424+;
Toi. III bei n. 103—.

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