Skizzen sind Variationen zu den Armen und Beinen des
Aktes, der von hinten gesehene rechte Fuß ergänzt die im
Karton nicht sichtbare Partie. Die an sich qualitätvolle
Aktstudie hat Knapp im Anschluß an die ältere Forschung
für einen eigenhändigen Entwurf M’s für den Karton er-
klärt, indes Brinckmann gleich wie für Haarlem n. A 18
(Kat. n. 524) den Kopiencharakter hervorgehoben hatte.
Berensons Stellungnahme zum vorliegenden Blatt deckt
sich mit seinem Urteil über n. A 18. Panofsky hat Brinck-
manns Widerlegung der Echtheit durch den interessanten
Nachweis erhärtet, daß die Figur im Gegensinn auf dem
Friesbild mit dem Triumph des Marius im Konservatoren-
palast in Rom vorkommt und zwar gerade mit demselben
von der Holkham Grisaille abweichenden Details (erho-
bener rechter Arm, linker den Rücken überschneidender
Arm) wie im vorliegenden Blatt. So zutreffend jedoch
letztere Beobachtung ist, für die Attribution an Perino
del Vaga, unter dessen Leitung und Mitwirkung die ge-
nannten römischen Fresken entstanden sind, ist damit
nichts erwiesen, da alle uns bekannten Zeichnungen dieses
Malers eine völlig andersartige Handschrift verraten und
insbesondere die Verso-Komposition mit der Judithszene
in n. A 18, für die Panofsky ebenfalls Perino als mög-
lichen Urheber in Betracht zieht, fakturhaft unvereinbar
mit dem gesicherten Bestand von dessen Blättern erscheint.
An dieser Tatsache kann um so weniger vorbeigesehen
werden, als gerade dieses Verso nach seinem Vortrag eine
enge Vertrautheit mit Skizzen M’s der zwanziger Jahre
bezeugt und eine solche Zeichnungspraktik bei dem nur
vorübergehenden Florentiner Aufenthalt Perinos 1523 nicht
zu erwerben war (ja selbst wenn dies der Fall gewesen
wäre, müßte der Niederschlag dieser michelangelesken Ma-
nier auch in anderen Zeichnungen des Künstlers zutage
treten). Die Perino-These ist somit weder für n. A 18 noch
für das Recto in n. A 19 haltbar. Verso: Sowohl Beren-
sons Deutung des Aktes als eine frühe Pieta wie die An-
nahme von Thode und Knapp, die Figur gehöre in den
Kreis des Cascina-Kartons, sind thematisch und stilistisch
verfehlt, denn wie Panofsky richtig erkannt hat, spiegelt
der Vortrag M’s Zeichnungsmanier der zwanziger Jahre
wieder und ist die Motivnähe der Figur zum »Sieger« des
Pal. Vecchio unübersehbar. Dieselbe Vortragsart begegnet
auch in Haarlem n. A 33 V (Kat. n. 298), deren Datum
um 1525/6 schon durch das Recto mit den Laurenziana-
Entwürfen feststeht. Konfrontiert man die Bein-Kniestu-
dien dort mit jenen unseres Blattes, so stehen an Eindring-
lichkeit und Bestimmtheit die Studien in n. A 19 v erheb-
lich zurück, was insbesondere von der rechten gilt, in der
Wölfflin nur eine »kindische Kritzelei« erblickte. Der
ganz dünne Kontur des Gesichts deckt sich mit dem Profil
des halben Rückenaktes auf n. A 18 r (Kat. n. 524), ja es
scheint kaum zweifelhaft, daß beide von gleicher Hand
stammen. Dies aber rechtfertigt die Annahme, daß hier
ein Schüler am Werk war, der — sei es vor dem Modell
direkt oder nach Entwürfen des Meisters — sich versucht
hat. Wenn Wilde neuerdings den Torso n. A 19 v als eine
Originalskizze für den »Sieger« betrachtet gleich der Zeich-
nung in London, Cat.W. n. 47 (Kat. n. 317), so fällt der
Vergleich entschieden zu Ungunsten der Haarlemer Studie
aus, denn was den Londoner Concetto an elementarer
Wucht, Prägnanz und skulpturaler Vorstellung auszeichnet,
das geht der Haarlemer Fassung ab, gleich ob man sie
auf die flaue Linienführung oder auf die tüftelige Binnen-
modellierung hin prüft (auch unter Abzug der Eingriffe mit
dem Metallstift). Rechts oben in Feder, seitenverkehrt: »96«.
Marcuard II, IV+; Wölfflin, Rep. 1901 p. 3x9+ (Recto), ?
(Verso); Haendcke, Rep. 1901 p. 387 + ; Beckerath, Kstchr.
1901 p. 422 + ; BB 1464 + ; Köhler p. 158+ (Recto); Th 254
und Kr.U. I p. 102, 103, II p. 492 + ; Fr-Kn 303, 304+; Br
84 — (Recto); Brinckmann, ZfbK 1925/6 p. 219 ff. — (Recto);
Panofsky, Rep. 1927 p. 28 ff. —; Cat. Amsterdam 1934 n.
588 + ; Toi. I p. 219 Anm. 11: Kopie (Recto); Wilde, Cat.Lo
p. 82+ (Verso); Wilde, Victory p. 16 f. Anm. 1+ (Verso).
526
A 20 - Recto: Männlicher Profilkopf; vier Beinstu-
dien; Verso: Sitzender männlicher Rückenakt; zwei
männliche Akte in Schwebehaltung; Studie zu einem
rechten Knie und zu einer rechten Hand.
Rötel bzw. Schw.Kr. 296 : 195 beschnitten.
Prov.: wie Kat. n. 522.
Recto: Der Profilkopf kehrt bei dem Ignudo rechts über
der Persica der Sixtina wieder (Toi. II Abb. 124), die
drei Beinstudien — die fragmentarische vierte afn rechten
Bildrand nur im Umriß — beziehen sich auf Gottvater
im Fresko der Erschaffung Adams (Toi. II Abb. 46).
Verso: Der große Rückenakt im Zentrum entspricht dem
Engel, der an der Unterseite Gottvater stützt (Toi. II
Abb. 46), die beiden Schwebeakte rechts übereinander sind
Studien zu den Engeln über und unter Gottvater dessel-
ben Wandbilds, das Knie links unten korrespondiert mit
dem Atlanten links über der Persica (Toi. II Abb. 103).
Das bisher bei Marcuard, Tafel IX und Fr-Kn Tafel 312
fälschlich eingesetzte Stück der rechten Hand, jüngst wie-
der der ursprünglichen Stelle einverleibt, ist eine Studie
zur Rechten Gottvaters der Erschaffung Adams. Rechts
von dem Schwebenden oben, verquer in Schw.Kr. einige
nicht näher bestimmbare Figurenumrisse, links von dem
Schwebenden unten ebensolche in gleicher Technik, rechts
von dem Rückenakt ein sitzender nach rechts gewendeter
Akt in Schw.Kr. und über dem Knie einige Figurenum-
risse. Verquer gegen den linken Bildrand oberhalb der
Kniestudie in Schw.Kr. ein sitzender Akt, auf dessen Knie
der eine schräg geführte Arm liegt, während der andere
auf dem Sitz aufruht; daneben eine weitere, nicht näher
zu identifizierende Skizze in gleicher Technik. (Diese
Schw.Kr.-Skizzen sind bei Marcuard z. T. und nur sehr
vage, bei Fr-Kn gar nicht erkennbar.) Weiter oben, in
umgekehrter Richtung in Rötel über Schw.Kr.: »n° 63«. —
Die Zeichnungen des Recto und Verso, die von derselben
Hand stammen wie jene in Haarlem n. A 27 (Kat. n. 530)
und das Blatt in Cleveland (Kat. n. 387), sind von Beren-
son, Thode, Knapp und Wilde für Originalwerke M’s er-
klärt worden, während Wölfflin nur für das Verso gleich
Haarlem n. A 27 v die Zuschreibung angenommen hatte.
Panofsky, der Recto und Verso dem Meister aberkennt,
hat sich insoweit Wölfflin angeschlossen, als auch ihm das
vorliegende Recto und jenes von Haarlem n. A 27 (Kat.
n. 530) von einer Hand zu stammen scheinen, dagegen
die Versoskizzen in n. A 20, A 27 zwar nicht als original
betrachtet, aber auf eine zweite Hand zurückgeführt wer-
den. Mit diesem letzteren Zeichner setzt Panofsky den
vermeintlichen Schüler gleich, der in den Sixtina Studien
in New York (Kat. n. 339) die Skizzen links von der
Hauptfigur gezeichnet hat. Allein, das Blatt des Metropo-
litan Museums verrät nirgends Indizien einer Gehilfen-
hand; sämtliche Skizzen stammen dort von M. selbst.
Ebensowenig scheint uns ein namhafter Unterschied zwi-
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Aktes, der von hinten gesehene rechte Fuß ergänzt die im
Karton nicht sichtbare Partie. Die an sich qualitätvolle
Aktstudie hat Knapp im Anschluß an die ältere Forschung
für einen eigenhändigen Entwurf M’s für den Karton er-
klärt, indes Brinckmann gleich wie für Haarlem n. A 18
(Kat. n. 524) den Kopiencharakter hervorgehoben hatte.
Berensons Stellungnahme zum vorliegenden Blatt deckt
sich mit seinem Urteil über n. A 18. Panofsky hat Brinck-
manns Widerlegung der Echtheit durch den interessanten
Nachweis erhärtet, daß die Figur im Gegensinn auf dem
Friesbild mit dem Triumph des Marius im Konservatoren-
palast in Rom vorkommt und zwar gerade mit demselben
von der Holkham Grisaille abweichenden Details (erho-
bener rechter Arm, linker den Rücken überschneidender
Arm) wie im vorliegenden Blatt. So zutreffend jedoch
letztere Beobachtung ist, für die Attribution an Perino
del Vaga, unter dessen Leitung und Mitwirkung die ge-
nannten römischen Fresken entstanden sind, ist damit
nichts erwiesen, da alle uns bekannten Zeichnungen dieses
Malers eine völlig andersartige Handschrift verraten und
insbesondere die Verso-Komposition mit der Judithszene
in n. A 18, für die Panofsky ebenfalls Perino als mög-
lichen Urheber in Betracht zieht, fakturhaft unvereinbar
mit dem gesicherten Bestand von dessen Blättern erscheint.
An dieser Tatsache kann um so weniger vorbeigesehen
werden, als gerade dieses Verso nach seinem Vortrag eine
enge Vertrautheit mit Skizzen M’s der zwanziger Jahre
bezeugt und eine solche Zeichnungspraktik bei dem nur
vorübergehenden Florentiner Aufenthalt Perinos 1523 nicht
zu erwerben war (ja selbst wenn dies der Fall gewesen
wäre, müßte der Niederschlag dieser michelangelesken Ma-
nier auch in anderen Zeichnungen des Künstlers zutage
treten). Die Perino-These ist somit weder für n. A 18 noch
für das Recto in n. A 19 haltbar. Verso: Sowohl Beren-
sons Deutung des Aktes als eine frühe Pieta wie die An-
nahme von Thode und Knapp, die Figur gehöre in den
Kreis des Cascina-Kartons, sind thematisch und stilistisch
verfehlt, denn wie Panofsky richtig erkannt hat, spiegelt
der Vortrag M’s Zeichnungsmanier der zwanziger Jahre
wieder und ist die Motivnähe der Figur zum »Sieger« des
Pal. Vecchio unübersehbar. Dieselbe Vortragsart begegnet
auch in Haarlem n. A 33 V (Kat. n. 298), deren Datum
um 1525/6 schon durch das Recto mit den Laurenziana-
Entwürfen feststeht. Konfrontiert man die Bein-Kniestu-
dien dort mit jenen unseres Blattes, so stehen an Eindring-
lichkeit und Bestimmtheit die Studien in n. A 19 v erheb-
lich zurück, was insbesondere von der rechten gilt, in der
Wölfflin nur eine »kindische Kritzelei« erblickte. Der
ganz dünne Kontur des Gesichts deckt sich mit dem Profil
des halben Rückenaktes auf n. A 18 r (Kat. n. 524), ja es
scheint kaum zweifelhaft, daß beide von gleicher Hand
stammen. Dies aber rechtfertigt die Annahme, daß hier
ein Schüler am Werk war, der — sei es vor dem Modell
direkt oder nach Entwürfen des Meisters — sich versucht
hat. Wenn Wilde neuerdings den Torso n. A 19 v als eine
Originalskizze für den »Sieger« betrachtet gleich der Zeich-
nung in London, Cat.W. n. 47 (Kat. n. 317), so fällt der
Vergleich entschieden zu Ungunsten der Haarlemer Studie
aus, denn was den Londoner Concetto an elementarer
Wucht, Prägnanz und skulpturaler Vorstellung auszeichnet,
das geht der Haarlemer Fassung ab, gleich ob man sie
auf die flaue Linienführung oder auf die tüftelige Binnen-
modellierung hin prüft (auch unter Abzug der Eingriffe mit
dem Metallstift). Rechts oben in Feder, seitenverkehrt: »96«.
Marcuard II, IV+; Wölfflin, Rep. 1901 p. 3x9+ (Recto), ?
(Verso); Haendcke, Rep. 1901 p. 387 + ; Beckerath, Kstchr.
1901 p. 422 + ; BB 1464 + ; Köhler p. 158+ (Recto); Th 254
und Kr.U. I p. 102, 103, II p. 492 + ; Fr-Kn 303, 304+; Br
84 — (Recto); Brinckmann, ZfbK 1925/6 p. 219 ff. — (Recto);
Panofsky, Rep. 1927 p. 28 ff. —; Cat. Amsterdam 1934 n.
588 + ; Toi. I p. 219 Anm. 11: Kopie (Recto); Wilde, Cat.Lo
p. 82+ (Verso); Wilde, Victory p. 16 f. Anm. 1+ (Verso).
526
A 20 - Recto: Männlicher Profilkopf; vier Beinstu-
dien; Verso: Sitzender männlicher Rückenakt; zwei
männliche Akte in Schwebehaltung; Studie zu einem
rechten Knie und zu einer rechten Hand.
Rötel bzw. Schw.Kr. 296 : 195 beschnitten.
Prov.: wie Kat. n. 522.
Recto: Der Profilkopf kehrt bei dem Ignudo rechts über
der Persica der Sixtina wieder (Toi. II Abb. 124), die
drei Beinstudien — die fragmentarische vierte afn rechten
Bildrand nur im Umriß — beziehen sich auf Gottvater
im Fresko der Erschaffung Adams (Toi. II Abb. 46).
Verso: Der große Rückenakt im Zentrum entspricht dem
Engel, der an der Unterseite Gottvater stützt (Toi. II
Abb. 46), die beiden Schwebeakte rechts übereinander sind
Studien zu den Engeln über und unter Gottvater dessel-
ben Wandbilds, das Knie links unten korrespondiert mit
dem Atlanten links über der Persica (Toi. II Abb. 103).
Das bisher bei Marcuard, Tafel IX und Fr-Kn Tafel 312
fälschlich eingesetzte Stück der rechten Hand, jüngst wie-
der der ursprünglichen Stelle einverleibt, ist eine Studie
zur Rechten Gottvaters der Erschaffung Adams. Rechts
von dem Schwebenden oben, verquer in Schw.Kr. einige
nicht näher bestimmbare Figurenumrisse, links von dem
Schwebenden unten ebensolche in gleicher Technik, rechts
von dem Rückenakt ein sitzender nach rechts gewendeter
Akt in Schw.Kr. und über dem Knie einige Figurenum-
risse. Verquer gegen den linken Bildrand oberhalb der
Kniestudie in Schw.Kr. ein sitzender Akt, auf dessen Knie
der eine schräg geführte Arm liegt, während der andere
auf dem Sitz aufruht; daneben eine weitere, nicht näher
zu identifizierende Skizze in gleicher Technik. (Diese
Schw.Kr.-Skizzen sind bei Marcuard z. T. und nur sehr
vage, bei Fr-Kn gar nicht erkennbar.) Weiter oben, in
umgekehrter Richtung in Rötel über Schw.Kr.: »n° 63«. —
Die Zeichnungen des Recto und Verso, die von derselben
Hand stammen wie jene in Haarlem n. A 27 (Kat. n. 530)
und das Blatt in Cleveland (Kat. n. 387), sind von Beren-
son, Thode, Knapp und Wilde für Originalwerke M’s er-
klärt worden, während Wölfflin nur für das Verso gleich
Haarlem n. A 27 v die Zuschreibung angenommen hatte.
Panofsky, der Recto und Verso dem Meister aberkennt,
hat sich insoweit Wölfflin angeschlossen, als auch ihm das
vorliegende Recto und jenes von Haarlem n. A 27 (Kat.
n. 530) von einer Hand zu stammen scheinen, dagegen
die Versoskizzen in n. A 20, A 27 zwar nicht als original
betrachtet, aber auf eine zweite Hand zurückgeführt wer-
den. Mit diesem letzteren Zeichner setzt Panofsky den
vermeintlichen Schüler gleich, der in den Sixtina Studien
in New York (Kat. n. 339) die Skizzen links von der
Hauptfigur gezeichnet hat. Allein, das Blatt des Metropo-
litan Museums verrät nirgends Indizien einer Gehilfen-
hand; sämtliche Skizzen stammen dort von M. selbst.
Ebensowenig scheint uns ein namhafter Unterschied zwi-
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