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Schulz, Fritz Traugott [Editor]; Germanisches Nationalmuseum <Nürnberg> [Editor]; Heitz, Paul [Editor]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 13): Die Schrotblätter des Germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg — Straßburg, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.21233#0016
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Blumen belebt. Rechts oben die Sichel des zunehmen- j
den Mondes über horizontal schraffiertem Wolkengrunde.
Als Einfassung dient eine innere schwache und eine
äußere stärkere Linie, die aber nicht immer die gerade j
Richtung einhalten. 24,4 cm größte Höhe; 18 cm größte
Breite.

Das Blatt ist in technischer Hinsicht mit größter
Sorgfalt durchgeführt. Angewandt sind so ziemlich alle
Mittel, die der Schrotkunst eigen sind. Wir finden die
gerade und gekrümmte Linie, je nachdem die Verhält-
nisse es erfordern, die einfache und die Kreuzschraffur
sowie kleine und größere, teilweise zur Erhöhung der
Wirkung verwandte und mit eigener Punze geschlagene
Perlen. Ein lebhafter Wechsel herrscht in allem ; jedweder
Schein von Monotonie ist geflissentlich vermieden.

Erhebt sich der Meister schon in dieser Hinsicht
ganz beträchtlich über das gewöhnliche Mittelmaß, so können
wir ihm auch als Künstler unsere Achtung nicht ver-
sagen. Er ist für seine Zeit ein gewandter Zeichner. In
den Proportionen der Figuren operiert er mit nicht ge-
ringem Geschick. Er hat Sinn und Verständnis für die
Perspektive. Er stuft die Gestalten den Entfernungen in
den Bildtiefen gemäß in den Größenverhältnissen ab und
verkleinert und verjüngt alles nach dem Hintergrund zu.
Dabei ist er ein liebevoller Bewunderer der Natur, wie
sich dies in der vortrefflichen Darstellung der Gräser und
Kräuter kundgibt. Nur ein Mangel tritt augenfällig in
die Erscheinung, das ist die offenbare Unfähigkeit in der
Wiedergabe des Felsgesteins. Doch könnte die nieder-
rheinische Provenienz des Blattes hierfür eine Erklärung
geben. Der Schnitt ist sicher und scharf, der Druck
kräftig schwarz. Entschieden ist das Blatt den besten
Leistungen der Schrotkunst beizuzählen.

Das Papier kräftig; ohne Wasserzeichen.

Um 1460.

Auf der Auktion der T. 0. Weigelschen Sammlung
am 27. Mai 1872 erzielte das Blatt einen Preis von 300
Talern. (Inv.-Kat. Nr. 1793.)

Passavant 1, S. 88. Dort heißt es von dem Blatt
«Gravüre d'un excellent travail et d'une conservation
remarquable». Datiert wird es gegen die Mitte des 15. Jahr-
hunderts. — W. u. Z. Nr. 336. — Schreiber Nr. 2240.
Dieser bezeichnet die Arbeit als «consciencieux».

Wohl niederrheinischen Ursprungs. Siehe Schreiber.

2. Gefangennahme Christi.

Wenig links der Mitte steht Christus, das von einem
Kreuznimbus umgebene Haupt geradeaus gerichtet. Vor
ihm kniet nach rechts hin am Boden mit Keule und
Laterne Malchus, dem er mit der Rechten das Ohr an-
heilt. Von rechts her naht Judas, ihn mit dem linken
Arm umfassend und sein Antlitz an das des Herrn an-
legend. Rechts von der Hauptgruppe Petrus mit Strahlen-

nimbus, einem Krummschwert in der linken und der zu-
gehörigen Scheide in der rechten Hand. Von links her faßt
ein bärtiger Kriegsknecht den Herrn am rechten Ellen-
bogen. Zwischen Christus und diesem schaut der Ober-
körper eines mit einer Fackel leuchtenden Mannes mit
spitziger Mütze hervor. Oberhalb des Kopfes der Haupt-
figur wird der Kopf eines Mannes mit einer Hellebarde,
oberhalb des Kopfes von Judas der im Profil gesehene
Oberkörper eines Mannes mit einer Keule sichtbar. Beide
tragen spitzige Mützen. Der Boden ist mit Grasbüscheln
belebt, der Grund schwarz. Als Einfassung dient eine
schwarze, ziemlich regelmäßige Linie. 7,3 cm h., 5,1 cm br.

Das Blatt entbehrt der sonst üblichen Perlung. Es
ist zum größten Teil mit dem Reißmesser hergestellt.
Die Figuren sind in ihren hauptsächlichsten Konturen ge-
geben, dürftige Modellierungen an der Gewandung in kurzen
Strichen und dünnen Parallelschraffierungen scheinbar
mit dem Stichel hergestellt. Im großen und ganzen ist
der Schnitt roh, er erscheint fast holzschnittartig. Die
Gesichter tragen zum Teil Spuren versuchter Charakteri-
sierung, die jedoch in den Hauptfiguren wenig geglückt
ist. Die große Weichheit, die in allem herrscht, weist
auf die Verwendung eines sehr weichen Metalls hin.

Das Kolorit ist wenig sorgfältig, trägt aber sehr zur
Belebung des Blättchens bei. Die Gesichter und Hände
sind in einem äußerst blassen Rot ganz dünn angelegt.
Das Obergewand Christi, die Hellebarde und das Schwert
des Petrus zeigen eine ganz feine, gelblich schimmernde
Tönung. Die Beinkleider und Mütze des Malchus,
das rechte Hosenbein des linken Kriegsknechtes, die
Mütze des Mannes zu äußerst hinten, der Mantel seines
rechten Nachbars und der Leibrock des Petrus sind zin-
noberrot gefärbt, der Rock des linken Kriegsknechtes,
die Mütze des Mannes mit der Fackel, die Mütze des
Mannes mit der Keule und der Mantel des Judas kar-
moisinrot; der Boden und die Mütze des linken Kriegs-
knechtes satt-grün.

Das Papier, das mit 1,2 cm breitem Rand ringsum
frei vorspringt, ist kräftig, längsgestreift, aber ohne Wasser-
zeichen.

Um 1460.

Auf der Auktion der T. 0. Weigelschen Sammlung
am 27. Mai 1872 erzielte das Blatt einen Preis von 8 Tlr.
(Inv.-Kat. Nr. 1801.)

W. u. Z. 381. — Schreiber 2255, doch ohne An-
gabe des Aufbewahrungsortes und mit ungenauen Maß-
angaben.

Ueber den Ursprungsort des Blättchens läßt sich
schwer etwas Bestimmtes sagen. Eine Kenntnis der ent-
sprechenden Darstellung aus der Folge der Werkstatt-
kopien nach der Originalfolge des Erasmus-Meisters
(Lehrs, Katalog der Kupferstiche des 15. Jahrh. im Ger-
man. Mus., Nr. 28) scheint nicht ausgeschlossen.

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