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Schulz, Fritz Traugott [Hrsg.]; Germanisches Nationalmuseum <Nürnberg> [Hrsg.]; Heitz, Paul [Hrsg.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 13): Die Schrotblätter des Germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg — Straßburg, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.21233#0045
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größeres Blumenbüschel auf der linken Anhöhe und eine
Blattpflanze belebt. Nach hinten zu steigt er beiderseits
zu je zwei hügeligen Erhebungen an, von denen diejenige
rechts hinten felsartig behandelt ist. Auf ihr steht ein groß-
blättriger Baum; unten rückwärts davor schaut die Krone
eines Eichbaumes heraus. Der korrespondierende linke
Hügel ist mit dem erwähnten Blumenbüschel bewachsen.
Auf der Erhebung davor sitzt am Fuße eines Eichbaumes ein
Hund mit Halskette. Ein Vogel strebt im eiligen Flug von
oben her dem Baume zu. Ueber der Darstellung schwebt
ein nur in Bruchstücken erhaltenes Schriftband, auf dem
nur noch die Buchstaben «ctus :», also die zweite Silbe von
sanctus, und der Anfangsbuchstabe des Namens des Hei-
ligen sichtbar sind. Als Einfassung dient eine rings oberhalb
der Darstellung zwiefache Linie, die im oberen Teil des
Bildes ebenso wie das Schriftband devastiert ist. Außer-
dem weist das Bild unten seitlich rechts eine beschädigte
Stelle auf. Größe im jetzigen Zustand: 17,8 cm h., 11,9
bis 12 cm br. Das Papier hat weiß-graue Farbe. Infolge
der Beschädigungen wurde das Blatt teilweise auf neuerem
Papier aufgesetzt.

Der Boden ist über schwarzem Grunde weiß geperlt.
Die Punkte sind so ziemlich von einheitlicher Größe. Der
Felsenhügel ist parallel schraffiert, das Stück vor dem
Fuße des Baumes außerdem durch weiße Punkte belebt.
Beim Gewände des Heiligen wiegt scharfe Kreuzschraf-
fierung vor. Die Falten sind gerade und eckig und in
mäßiger Breite schwarz ausgeprägt. Für die Ledertasche
und die Schuhe ist Parallelschraffierung zur Anwendung
gelangt. Die Körper der Schweine sind durch längliche
Rauten in Weiß, welche in Linien nebeneinander gruppiert
sind, gegliedert. Die Rücken zeigen dichte Borstenkämme.
Auch die Kopfbedeckung des Heiligen ist durch solche
Rauten belebt. Die Baumstämme sind in roher Weise
naturalistisch gemasert, die Konturen namentlich da, wo
sich die Darstellung von dem weißausgesparten Grunde
der Luft abhebt, durch scharfe Kanteneindrücke bezeichnet.
Bei nicht geringer Sauberkeit im einzelnen ist der Schnitt
im ganzen kräftig und derb. Sieht man von den Punkten
und Kreuzschraffierungen ab, so gibt er sich in breiten

Linien, die eines gewissen Grades von Roheit nicht ent-
behren. Doch die Technik mußte salopp und breit sein,
wollte es anders möglich sein, das Blatt seiner wahr-
scheinlichen Bestimmung als Wallfahrtsbild entsprechend
in einer möglichst großen Zahl von Exemplaren zum Ab-
druck zu bringen. Auch werden wir wohl hier an ein
weicheres Metall zu denken haben.

Die Gruppierung der Darstellung ist eine zu der
Figur des Heiligen, welche die Mitte beherrscht, streng
symmetrische. Die Charakterisierung des Antlitzes darf als
wohlgelungen bezeichnet werden. Sie ist eine sehr reali-
stische. Ueberhaupt ist realistische Darstellungsweise die
starke Seite unseres Meisters. Sie offenbart sich an allen
Orten, namentlich aber in der Wiedergabe der fressenden
Schweine. Der Künstler deutet nicht an, er gibt die Ge-
genstände ohne irgendwelche Umschweife frei und un-
geschminkt, verzichtend allerdings auf ängstliche Detail-
lierung. Aus diesen Gründen hat das Bild auch als künst-
lerische Leistung einige Bedeutung.

Das Blatt ist in drei Farben bei sparsamer Anwen-
dung derselben koloriert. Der Kittel des Heiligen ist blaß-
rot angelegt. Den gleichen Ton, nur kräftiger ausgedrückt,
finden wir an der mittleren Blüte der großen dreiteiligen
Blume links oben und etwas unvermittelt an der linken
oberen Partie der Blume rechts unten. Die Baumstämme,
die Eicheln, die meisten der Stile an diesen, die mittleren
Blüten der drei kleinen Blumen, der Rosenkranz, der
Nimbus und das Halsband des Hundes sind gelb getont.
Sämtliche Blätter und zum größten Teil die äußeren Blü-
ten der Blumen, ebenso die Aermel des Untergewandes
des Heiligen sind kräftig grün gefärbt.

Gekauft um 300 Mark i. J. 1894 von Prof. Dr. Mone
in Karlsruhe.

1470-1480.

Bislang unbeschrieben. (Inv.-Kat. Nr. 5607.)

Was die Provenienz des Blattes betrifft, so darf als
sicher angenommen werden, daß es, wenn auch nicht
direkt am Orte selbst, so doch in dessen Nähe ent-
standen ist. Vielleicht war der Meister in Lothringen
ansäßig.
 
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