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Schulz, Fritz Traugott [Hrsg.]; Germanisches Nationalmuseum <Nürnberg> [Hrsg.]; Heitz, Paul [Hrsg.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 13): Die Schrotblätter des Germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg — Straßburg, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.21233#0044
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Um 1470.

W. u. Z. 384. (Inv.-Kat. Nr. 1802 b.)

Das Bildchen bildet mit dem des Jakobus major den
Bestandteil eines Credo und rührt mit diesem vielleicht
vom Meister des S. Veit her. Es ist offenbar, und zwar
wohl aus einem Gebetbüchlein, herausgeschnitten.

30. S. Veit.

Die Mitte des kleinen Bildchens nimmt der als Drei-
viertelfigur nackt in einem zweihenkligen, auf Klauenfüßen
ruhenden, runden Kessel sichtbare Heilige ein. Die Hände
sind vor der Brust im Gebet zusammengelegt. Ein Strah-
lennimbus umschließt das Haupt. Die Haare sind in der
Mitte gescheitelt und an den Ohren nach rückwärts ge-
kämmt. Der Nimbus schneidet in ein oben befindliches
Schriftband ein, auf dem die Worte: «Sant Vyt». Der weiß
gepunktete Boden ist mit sieben Grasbüscheln und drei
Blumen belebt. Aus ihm wachsen, den Heiligen seitlich
einrahmend, zwei sich mehrfach zu fünfteiligen Blumen
aufrollende Ranken hervor, die außerdem kleine aus sechs
Pünktchen zusammengesetzte Rosetten aussenden. Als Ein-
fassung dient eine kräftige schwarze Linie, über welche
das weiß-graue Papier allseits mit leidlich breitem Rande
heraustritt. 6 cm h., 4,3 cm br.

Die Darstellung ist aus schwarzem Grunde heraus-
gearbeitet. Infolgedessen ist sie dekorativ recht wirksam.
Einen hohen künstlerischen Wert wird ihr niemand zu-
sprechen wollen. Doch ist die auf Symmetrie gegründete
Gruppierung zu loben. Die Technik läßt eine sichere Hand
erkennen, wie denn überhaupt prägnante Schärfe das
Kennzeichen des Blättchens ist. Der Abdruck ist jedoch
nicht an allen Stellen vollkommen klar.

Wenn Schreiber meint, das Blättchen entbehre einer
Illumination, so ist das ein Irrtum. Die Gräser, teilweise
die Blumen und verschiedene Teile der seitlichen Ranken
sind vielmehr in einem schmutzig-farbenen Gelb angelegt.

Das Blättchen wurde aus einem Gebetbüchlein der
2. Hälfte des 15. Jahrh. in unserer Bibliothek (Nr. 1734)
herausgelöst, das neben diesem 40 weitere graphische
Blätter des 15. Jahrhunderts enthielt.

Um 1460.

Schreiber 2743a. — Denkschriften des Germani-
schen Nationalmuseums I. Band, 2. Abteilung, S. 91 mit
Reproduktion. — Siehe auch Anzeiger für Kunde der
deutschen Vorzeit 1883, S. 287—288. (Inv.-Kat. Nr. 1535.)

Vielleicht gehört unser Bildchen mit folgenden zu
einer Serie zusammen: mit dem S. Antonius in Paris, ab-
gebildet bei Bouchot als Nr. 82, nach Bouchot flandrisch-
burgundisch um 1450, nach Schreiber (Nr. 2540) um 1480
entstanden; mit dem S. Dominikus ebendort, abgebildet
bei Bouchot als Nr. 96, nach Bouchot «France, Bourgogne,
1450», nach Schreiber (Nr. 2606) um 1480 entstanden;
mit der S. Katharina ebendort, abgebildet bei Bouchot als

Nr. 137, nach Bouchot «France, Bourgogne, 1450>, nach
Schreiber (Nr. 2581) um 1480 entstanden; mit dem kleinen
Johannes d. Täufer in Paris, bei Bouchot abgebildet als
Nr. 170, nach Bouchot «France, Bourgogne, 1450», nach
Schreiber (Nr. 2666; Bouchot hat übersehen, daß Schrei-
ber das Blättchen bereits, und zwar richtig bezeichnet
gebracht hat, was er selbst jedoch nicht tut) um 147.0—
1480 entstanden. Nach meinem Dafürhalten datiert Schrei-
ber alle diese Blätter ein wenig zu spät, während Bouchot
sie zu früh ansetzt. Das Richtige dürfte etwa in der Mitte
liegen. Die Technik unseres Blattes und der ihm ver-
wandten Darstellungen scheint für eine Entstehung am
Rhein zu sprechen.

31. S. Wendelin.

Die vorliegende Darstellung ist der Legende des h.
Wendelin entnommen, der sich nach der Rückkehr von
seiner Pilgerfahrt nach verschiedenen .Wallfahrtsorten im
Trierer Bistum niederließ, dort anfangs eine Zeit lang als
Einsiedler lebte und später in den Dienst eines Gutsherrn
trat, dem er zu seiner Selbstverdemütigung — er soll von
königlicher Abkunft gewesen sein — die Schweine, später
die Rinder und zuletzt die Schafe hütete. Sein Tod er-
folgte i. J. 617, und man bestattete ihn nahe bei der Stelle,
an der seine erste Klause stand. Ueber seinem Grabe, an
dem mancherlei Wunder geschahen, wurde eine Kapelle
erbaut. Viele wallfahrteten nach seiner Ruhestätte, und so-
entstand ein Wallfahrtsort, der sich nach und nach zu
einer Stadt erweiterte, die nach dem Namen des Heiligen
S. Wendel genannt wurde. (Nach Dr. Franz Hergenrötter,
Das Leben der Heiligen, S. 677—678.) Dieser Ort ist an
der Blies bei Ottweiler im Regierungsbezirk Trier gelegen.
Es dürfte von Wert sein zu bemerken, daß das vorliegende
Blatt nach der Ansicht von Prof. Mone in Karlsruhe, von
dem es seiner Zeit gekauft wurde, ein Wallfahrtsbild von
dorther sein soll.

Die Figur des Heiligen, der en face gesehen und
mäßig nach rechts gewandt ist, nimmt die Mitte des Bildes
ein. Er ist als Greis dargestellt, sein Bart am Kinn ge-
spalten. Das dichte Lockenhaar fällt beiderseits bis auf
die Schultern herab. Die Krempe des Hutes ist vorn nach
oben aufgebogen. Ein großer Strahlennimbus mit zwie-
facher Begrenzungslinie in Weiß umschließt das Haupt
Er trägt über dem weitärmeligen Untergewand einen bis
zu den Knieen herabreichenden, von der Schulter bis zu
den Hüften zum Durchstecken der Arme geschlitzten Kittel
und enganliegende, unten aufgeschlagene Hosen. Eine
große Ledertasche hängt von der rechten Schulter nach
der linken Hüfte herab. Die Linke hält einen keulenartigen
Baumstamm, die Rechte einen Rosenkranz. Beiderseits des
Heiligen bemerken wir je zwei Schweine, mit dem Fressen
von Eicheln beschäftigt, die verstreut am Boden liegen.
Letzterer ist außerdem durch drei kleinere Blumen, ein

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