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Schreiber, Wilhelm Ludwig; Heitz, Paul [Hrsg.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 2): Pestblätter des XV. Jahrhunderts — Straßburg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.12357#0012
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fachen Angabe «in diefem Jahre trat hier die Peft auf». Wir müden uns daher darauf belchränken, nur die
graufamften Beutezüge der entfetzlichen Seuche aus zeitgenöffifchen Schilderungen kennen zu lernen — es ift
des Elends ohnehin mehr als genug!

Hören wir zunächft einige Klagen über die Epidemie von 1348 — 1350. Der VerfalTer der Magdeburger
Schöppendironik fagt: «Mi jammert to fchrivende van drofnilTe (Betrübnis) und Ichaden, den Magdeborch nam
van den (terven, wente <denn> ed ftorven leien und papen (Priefter), olden und junge, rike und arme». In
feiner Lübecker Chronik fagt Detmar: «des fomers van pinxten (Pfingften) bet to funte Mychaelis daghe do
was fo grot ftervent der lüde in allen Dudefdien (deutfdien) landen, dat des ghelikes ne was ervaren, alfo dat
an vele fteden de teynde <zehnte> mynlche kume blef levendich. in c*er ftad to Lubeke ftorven by eneme daghe
25 hundert volkes». In der Stadt Bremen ftarben, abgefehen von den Vororten, 6966 Perfonen,- Wismar
verlor während eines einzigen Monats 2000 Seelen,- in Limburg ftarben täglich 24 — 30, in Bern 60, in Mainz
und Köln je etwa 100 Perfonen ,• in Erfurt allein wurden 12000 Menlchenleben beklagt. Über den Verlauf
der Krankheit in Straßburg berichtet Fritlche Clofener: «Daz fterben was fo groß, daz gemeinlich alle tage in
iegelichem kirfpel <KirchfpieI> liehe (Leichen) worent 7 oder 8 oder 9 oder noch danne me, one die man zu
kloftern begrub und one die, die man in den fpital drug. Man wil ouch, daz zu Strasburg ftürbe 16 dufent
lütes, doch ftarb minr lutes (weniger Leute) do noch margzale wände in (im Verhältnis zu) andern liefen».
Der Franziskanerorden berechnete, daß er von leinen Mitgliedern während der Jahre 1347 — 1350 nicht weniger
als 124430 verloren habe, was fich dadurch erklärte, daß die Sterbenden ihre Kleider und fonftiges Eigentum
vielfach den Klöftern vermachten und dadurch die Seuche in diefelben brachten. Die Angabe des Chronicon
Moguntinum: «mortua est ultra quam tercia pars hominum» beruht natürlich nicht auf ftatiftifchen Grundlagen,
fondern ift zweifellos viel zu hoch gegriffen, aber fie zeigt uns, welchen Eindruck die Zeitgenolfen von dem
entfetzlidien Sterben empfingen. Mußte doch fogar Karl IV. 1348 die Belagerung von Frankfurt a. O., wohin
fich Markgraf Ludwig geflüchtet hatte, aufgeben und fein Heer nach Böhmen zurückführen.

Das zweite Auftreten der Seuche fiel in die Jahre 1358 und 1359. In den Städten am Rhein war
das Sterben «nüt alfo groß alfe daz vorder (frühere), doch was et nüt vil kleiner». Dagegen war «des
fomers 1359 grot ftervent in allen fteden bi der zee (an der Oft= und Nordfee)», namentlich «was fo grot
peftilencia to den Melbinghe in Prutzen (Elbing in Preußen), dat binnen korter tüd fturven dar wol 13 dufent
volkes».

Verfdiiedene Chroniken melden ein nei:es Wüten der Peft während der Jahre 1365—1367, andere
dagegen fprechen von einem «Hüften». Gleichviel was das Richtige ift, fo war die Zahl der Todesfälle in
einzelnen Städten kaum geringer als bei der vorhergehenden Epidemie. Ebenfo ericheint es fraglich, ob die
3000 Perfonen, die im Jahre 1373 zu Mainz ftarben, der Peft oder einer anderen Krankheit erlegen find.

Dagegen trat 1379 zweifellos die Peft von neuem auf und wiederum in der verheerendften Weife. Ein
Nürnberger Chronift berichtet «vor fant Jacobs tag do hub fich ein großer fterb an und ftarb an einem tag
oft bey hundert und zehen leichen». In einer Augsburger Chronik wird aus dem folgenden Jahre gemeldet:
«ein grozzer fterben was in der ftat und uberal in dem land,- der was fer groz, wann (denn) ez fturben in
den dorfern wol halbez folk (die Hälfte der Einwohner) und ettwa mer». In Straßburg wütete die Kranke
heit im Jahre 1381. Jacob Twinger von Königshofen Ichreibt darüber: «do was ein großer fterbotte in dem
fummer, den Ichetzete man alfo gros und langewerende, alfo ie keinre vor was zu Strasburg gewefen» und
eine Handfdirift fügt ergänzend hinzu er «werte (währte) wol ein gantz jor, das alle tage wol uf hundert
liehe warent zu Strasburg». In den Basler Annalen ift vermerkt: «was ouch im felben jor eine erfchrockenliche
grosze peftiientz in allem Tutfchen land. Die von Prag hatten uff ein tag 1200 lychen (nach dem Chron.
Mogunt. ftarben fo viele in einer Woche),• zu Nurenberg ftarb der halb teyl menfehen,- waren zu Franckfurt
uff ein tag 600 lychen, und zu Straszburg fturben by \^ooo angezeichneter (anfäßiger) menfehen, on (ohne)
arm lut (Bettlervolk, das fich nur vorühergehend aufhielt)».

In den Jahren 1387 und 1388 häufte die Peft vornehmlich in Norddeutlchland. Lübeck litt mit am
Ichwerften, es foll 16000 Seelen verloren haben. Aus Süddeutfchland wird nur von einer Stadt, nämlich
Heilbronn, ein ftarker Verluft berichtet,- es heißt, es habe 1600 Einwohner eingebüßt.

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