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Schreiber, Wilhelm Ludwig; Heitz, Paul [Hrsg.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 2): Pestblätter des XV. Jahrhunderts — Straßburg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.12357#0013
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Im Jahre 1406 litt namentlich das nordöftlkhe Deutichland unter der Peft, voran Danzig und Marienburg.
Dann wandte Tie fich der Mark zu, und in der Magdeburger Schöppenchronik heißt es «und gelchahe oft,
das eins tages hundert perfonen ftorben in der gantzen ftadt». Im folgenden Jahre war die Seuche in Franken,
und die Nürnberger Jahrbücher fagen, daß «oft eins tags pei 20 leichen» feien.

1420 brach die Krankheit im Süden aus. Der Augsburger Bürger Burkard Zink fchreibt von feiner
Vaterftadt «es ftarb unmaflen faft hie in der ftat und überall uff dem fand» und fein Landsmann Erhard
Wahraus ergänzt «dan fturben 19 tufent menfchen». Nicht minder traurig fah es aber auch im Rheinland
und in Weftfalen aus. In Köln «ftarf menich 1000 (manch taufend) minfchen» und die Soefter Stadtbücher
teilen mit «es was eyn groet fterff in allen landen, do ftorven to Soeft wol by fesdufent menfchen».

In den Jahren 1427 bis 1430 fliehte die Seuche nach neuen Opfern und wütete zunächft im Elfaß.
Hermann gibt in Norices historiques (1819) bezüglich der Peft in Straßburg folgendes an: «en 1427 la maladie
se renouvela, et la sonnerie de la cathedrale fut si frequente que la grande cloche en creva». Dann nahm
fie ihren Weg den Rhein hinab und würgte in Köln, Aachen und Limburg. Johann Kerkhörde, der Dort-
munder Chronift, fchreibt: «In dilfer tijt was hier grote peftilenzie overal, dat die derde <der dritte) menlche
wol ftarf in al duften landen». Darauf wandte fie fich gen Often und fand auch ihren Weg wieder nach
Magdeburg, wo man vor Angft und Aufregung fogar Kranke mitbegrub, die noch gar nicht tot waren. Die
Schöppenchronik berichtet darüber: «es worden grote burkulen (Mafiengräber) to funte Johannes gegraven,
und mang den doden in den burkulen ftonden ein deils wedder up des anderen und des dridden dages, wol
bi 30 edder (oder) 40 minfchen».

Das Jahr 1437 war befonders fchlimm für Nürnberg. Der Benediktinermönch Konrad Herdegen fchrieb
in feiner Chronik: «Ao 1437 fuit magna peftilentia in civitate Noriberga. obierunt 10 millia hominum». Endres
Tucher gibt fogar in feinem Memorial die Zahl der vom 15. Juli bis 13. Dezember Geftorbenen auf 13000
an, doch muß er die umliegenden Ortfchaften mitgerechnet haben, da lieh nach einer Berechnung der auf den
einzelnen Kirchhöfen Begrabenen die Gefamtzahl auf nur 10830 (teilt. Aber auch aus allen anderen Teilen
Deutfchlands, aus Thüringen geradefo wie aus Schwaben und vom Rhein erfchollen laute Klagen. In Augsburg,
wo die Krankheit 1438 fich zeigte, «fturben bei 6000 mentfehen»,- in Bafel fielen vom 5. April bis 11. November
1439, während dort das Concilium tagte, «by den fünfthusent menfchen» der Seuche zum Opfer. Kerkhörde
berichtet aus Dortmund «do begunde de peftilenz hijr an to gaen und was fchreklik, dat hijr des dages
waren 28 doet, ofte meer», während fich die Kölner Jahrbücher mit der Angabe begnügen «In dem selven
jair was groiße fterfde zo Coellen ind alle lant durch».

Das nächfte allgemeine Peftjahr war 1451. Am ärgften fcheint die Seuche in Köln gewütet zu haben,
denn die KoelhoffTche Chronik gibt an «In dem felven jair was ein alzo grois (großes) fterven zo Collen,
as men in (feit) manchen jairen ie vrefchede (nicht erlebte), in dem halven jair fturven wail (wohl) 21 duifent
minfchen, fo alt fo junk. umb fent Michels dach (Tag), do was dat meifte fterven, ind fturven dick (reichlich)
up einen dach me (mehr) dan 200 minfchen». In anderen Teilen Deutfchlands, beifpielsweife in Schlefien und
am Oberrhein, war das Sterben, wie die Basler Chronik fich ausdrückt, «nit zu groß», immerhin büßte Nürn-
berg doch «pei 1000 menfchen jung und alt» ein.

Die Jahre 1462 und 1463 waren wieder Unglücksjahre für ganz Deutfchland. Im Norden wurde nament^
lieh Lübeck arg getroffen, und man ließ zur Erinnerung an diefe Peftzeit in der dortigen Marienkirche ein
großes Totentanzgemälde anbringen. Unter den füddeutfehen Städten erlitten Nürnberg und Augsburg die
größten Verlufte. Zink berichtet aus letzterer Stadt: «man hett gefchickt ain redlichen man in allen pfarren
und lallen fragen, wie vil leut da geftorben weren, und hett es angefchriben, daß ob (über) 11000 mentfehen
tod weren, alt und jung,- es fein ficher vil kinder tod». Die Nürnberger Jahrbücher belagen: «man feheez
(fchätzt) durch die meffener, daz mer wen (als) 10 taufet menfchen fturben zu Nurmberg in (innerhalb) der
rinckmaur», doch find in einer fpezifizierten Eintragung im Ratsbuch nur 4493 Perfonen «ohne die Kinder»
als beerdigt angegeben. — Die vorftehenden Vermerke find in doppelter Weife lehrreich,- fie zeigen einmal,
daß man fich jetzt nicht mehr auf allgemeine Schätzungen verließ, sondern allenthalben auf ftatiftifcher Grund-
lage zu zählen begann und zweitens, daß Kinder kein befonderes Grab erhielten, fondern entweder im Grabe

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