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Heitz, Paul [Editor]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 2): Einzel-Holzschnitte des fünfzehnten Jahrhunderts in der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek München / — Straßburg: J.H.Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.61935#0017
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oberen Randlinie Reste eines zweiten Holzschnittbildes
sichtbar. Es handelt sich also bei diesen Resten nicht,
wie Schreiber angab, um eine zweite Randlinie der Kreu-
zigung. Papiermaß 207 : 121 ; Kreuzigungsbild : 204 (un-
vollständig) : 96.
Schreiber 2891 (395 a).
Bemalung: gelb, ziegelrot, rosa, graubraun, hellblau,
dunkelblau.
Schwarzbrauner Druck.
Dieser Holzschnitt ist eingeklebt in Cod. lat. 18 653
auf der Innenseite des Vorderdeckels. Die Handschrift
stammt, wie die Inschrift auf dem Papier des Holzschnitts
(Attinet über monasterio Tegernsee) besagt, aus Kloster
Tegernsee. Den Text der Handschrift bildet das Neue
Testament, an dessen Schluß von ein und derselben Hand
ein Register geschrieben steht mit der Endnotiz: Explicit
Registrum Novi Testamenti Anno domini M0CCCC"XII"
etc. Man ist eigentlich in Versuchung, den Holzschnitt
vor diese Zeit zu setzen — wenn der Einband aus der
gleichen Zeit stammen würde. Denn die rechten Teile
des Holzschnittblattes sind eingebunden und erscheinen
nach der ersten Lage (jetzt sind sie freigemacht). Da
man annehmen sollte, daß man einen Bibeltext zum Ge-
brauch doch sofort gebunden haben würde, müßte man
eigentlich die Bindung für gleichzeitig erachten. Aber der
Einband macht einen späteren Eindruck und dürfte erst
aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammen. Er wird
einen älteren ersetzt haben. Eine Notiz auf einem einge-
klebten Vorsatzblatt, daß das Buch 1497 von Johannes
Leytner aus Schliersee dem Kloster Tegernsee geschenkt
wurde, ist von der gleichen Hand geschrieben wie die
Eigentumsnotiz auf dem Holzschnittblatt. Damals also be-
fand sich der Holzschnitt jedenfalls schon in dem Buch.
Aber er selbst ist viel älter und gehört mit zu den
ältesten uns bekannten Blättern. Schreiber hat wohl Recht,
wenn er sagt, daß das Bild nicht nach 1430 ausgeführt
worden ist. Meines Erachtens ist es bayerischen Ursprungs.
Durch Wurmstich ist es leider beschädigt, und besonders
beklagenswert ist das Fehlen des rechts anschließenden
Bildes. Und hat nicht bloß noch ein Bild, sondern haben
deren zwei dazu gehört? Sollte das ganze Blatt vielleicht
ein Triptychon gewesen sein?
5. Christus am Kreuz mit Maria und Jo-
hannes. Der Heiland hängt, mit dem Lendentuch be-
kleidet, am Kreuz, das Haupt nach links geneigt. Er
trägt Dornenkrone und einen Nimbus mit geschweiftem
Kreuz. Links steht Maria, etwas nach rechts gewendet,
in langem Gewand mit Mantel und Kapuze, die Hände
vor der Brust zusammenlegend. Rechts steht Johannes,
etwas nach links gerichtet, in langem Gewand mit Gürtel,
darüber einen Mantel, welchen er mit seiner linken Hand
vorn zusammenhält; unter dem Mantel sind die nackten

Füße sichtbar. Seine rechte Hand erhebt der Jünger auf
Maria hin. Beide Heilige tragen einfachen Nimbus. Ueber
dem Kreuz befindet sich schwebend ein Spruchband mit
den gotischen Buchstaben: • i • n • r * i * Vor dem
Kreuz am Boden liegt ein Totenkopf, links davon drei
Knochen. Ein doppelter Rand, der merkwürdigerweise
links oben nicht geschlossen ist, umzieht die Darstellung.
Eine Hand des 15. Jahrhunderts hat ein von dem Munde
des Gekreuzigten ausgehendes Spruchband eingezeichnet
und darauf die Worte eingeschrieben: Mulier, ecce, filius
tuns! Rechts unten vom Gewand der Maria ist ein
Stückchen Papier herausgerissen. 198 : 127.
Schreiber 2892 (398a).
Bemalung: grün, gelb, karmoisin, braun.
Schwarzer Druck.
Schreiber hat das Blatt in das dritte Viertel des 15.
Jahrhunderts datiert. Anhaltspunkte für seine Herkunft
sind nicht vorhanden. Es findet sich eingeklebt in dem
Cod. lat. 24 543, einer Handschrift von unbekannter Her-
kunft, auf der leeren Rückseite des Blattes 136, mitten
im Text des Doctrinale des Alexander de Villadei. Die
Handschrift wurde anscheinend in Arbeitsteilung gleich-
zeitig von mehreren Schreibern geschrieben; dem Schreiber
jenes Teiles blieben von seiner Lage 3 Seiten frei; der
Text fährt ohne Defekt mit einer neuen von anderer


Hand geschriebenen Lage fort. Ein Wasserzeichen, Stange
mit Kreuz (Aufsatz eines Ochsenkopfes) ist in dem Papier
des Holzschnittes enthalten, querliegend vom Kopf der
Maria bis zum linken Papierrand.
6. Christus am Kreuz mit Maria und Jo-
hannes. Der Heiland, mit dem Lendentuch bekleidet,
hängt an dem Kreuz, dessen Holzmasern gezeichnet sind,
während die sonst sichtbaren Flächen des Kreuzes
schraffiert sind. Auf dem Haupte trägt der Gekreuzigte
die Dornenkrone und einen Nimbus, welcher mit einem
geschweiften Kreuz belegt ist, dessen linker horizontaler
Teil jedoch, weil er durch den einen Arm Christi ver-
deckt worden wäre, vom Holzschneider in die Höhe ge-
schoben und schief angebracht wurde. Links steht Maria,

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