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Friedrich, Caspar David; Eberlein, Kurt Karl [Hrsg.]
Bekenntnisse — Leipzig, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.42326#0326
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die Erde oben, dm Himmel unten sehen, die Bäume
mit Backwerk belauben usw. Aber damit ist die
Natur selbst zerstört. Die Figurenmalerei kann
ihre Natur beibehalten, indem sie allegorisirt. Sie
hat diese Natur durch die Fabel erweitert; sie weicht
hauptsächlich nur in der Darstellung der Sitten,
der Attribute von der gewohnten Ansicht der Dinge
ab. Und wo sie dennoch nicht der Allegorie wenig-
stens eine moralische Wahrscheinlichkeit geben und
neben der allegorischen Deutung eine rein mensch-
liche oder historische liefern kann, da darf sie sich
garnicht an die Allegorie wagen.
Man verwechsele doch nicht den Ausdruck der
Landschaft mit Allegorie! Auf der Galerie zu Dres-
den befindet sich eine Landschaft von Ruysdael mit
einem Kirchhofe. Eine Repetizion davon, in größe-
rer Proporzion, die für original gehalten wird, ist
im Besitz des Herrn Tourton zu Paris. Es ist ein
Meisterstück von Ausdruck. Es schildert eine Scene
zu einer allgemeinen Situazion des menschlichen Le-
bens und erweckt nicht blos eine feierliche Stim-
mung überhaupt, sondern die bestimmte, feierlich-
religiöse Rührung, die aus der Betrachtung der
Nichtigkeit und Vergänglichkeit aller menschlichen
Dinge entsteht. Aber wo ist die Allegorie? Nir-
gends, als in dem median prosaischen Gehirne
anmaßender Deklamatoren, die wähnen, zu poeti-
tisiren, wenn sie kalt symbolisch witzeln, und Rüh-

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