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Eberlein, Kurt Karl
Die Malerei der deutschen Romantiker und Nazarener im besonderen Overbecks und seines Kreises — München, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.43490#0021
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IN dem feierlich bewegten Lübeck ist eine denkwürdige Ausstellung bef-
reitet worden, die eine große deutsche Kunstepoche darstellt und dem
berühmtesten Sohne Lübecks — dem „Raffael“, dem „Kronprinzen von
Lübeck“ — Friedrich Overbeck und seinem Kreis gewidmet ist. Hier in
seiner Vaterstadt — die so vieles für ihn getan hat, hier in dem Nazareth
der Nazarener und in der Overbeck-Gesellschaft über diese neuerwachte
und neuentdeckte Kunst sprechen zu dürfen, ist eine besondere Freude.
Und wenn ich nun versuche (aus der Perspektive des Historikers) diese eigen-
artige Kunstwelt zu zeichnen, so weiß ich wohl, daß es nur mit wenigen
scharfen Strichen geschehen kann, so daß kein buntes, nahes Bild, wohl aber
ein leichter, ferner Umriß entstehen mag, der aber doch Kunst und Kunst-
geist, Idee und Wesen dieser reichen Schau andeuten darf. Sie selbst müssen
diese blasse Skizze mit Anschauung und Erlebnis füllen und färben, und es
soll mich freuen, wenn Sie dadurch zu eigenen und neuen Korrekturen er-
muntert werden.
Im kunstsinnigen Hause des Lübecker Bürgermeisters erwachsen — der
schon dem armen Maler Carstens in entscheidender Weise weitergeholfen
hatte — in frommer lutherischer Zucht, literarisch und musikalisch gebildet,
durch den Schwaben Peroux und in einer privaten Zeichenakademie zum Künst-
lerberuf ermuntert, findet der vielbegabte schwärmerische Overbeck gegen alle
väterlichen Bedenken schnell seinen Beruf. Einige Durchzeichnungen nach
altitalienischen Bildern, die der Hannoveraner Kestner, ein Sohn von Goethes
Lotte, nach Lübeck bringt, sind das große Erlebnis und wecken erste Sehn-
sucht nach Vorzeit und Süden. Ein Besuch bei Runge in Hamburg — sym-
bolische Begegnung des Meisters der Romantik mit dem Meister des Nazarener-
tums — hinterläßt tiefen Eindruck, und der Siebenzehnjährige bezieht 1806
die Wiener Akademie. Fleiß und Begabung lassen ihn in die altakademische
Lehre des klassizistischen Barock eindringen, und nur langsam wächst der
Widerstand gegen diese eklektische, wissenschaftliche Technik, die seinem
Gefühl und Ideal widerspricht. Gleichgesinnte schließen sich zusammen, der
Busenfreund Franz Pforr ist gefunden. Tiefe Seelenfreundschaft verbindet
die beiden Freunde, die sich mädchenhaft lieben. Johannes heißt Overbeck,
Albrecht Mainstädter heißt Pforr, der Frankfurter, der Dürer über alles liebt.
Ein neues Ideal verbindet den kleinen Kreis dieser Abtrünnigen, denen die
Altdeutschen Lehrer sind, denen Natur und Wahrheit alles gilt. Am 10. Juli
1809 wird die St. Lukasbrüderschaft begründet, deren Priester Overbeck,

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