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DURCH DAS DELTA.
als bei den unbefchreibbaren Späfsen des Karagjüz und Ali Kaka; aber freilich haben wir auch
niemals aufrichtiger beklagt, Frauen und Kinder unter den Zufchauern zu fehen.
Beffer als uns das in dürrer Profa gelingen würde, hat ein wenig bekannter Dichter, von
Freudenberg ift fein Name, das Treiben auf diefem Feftplatze befchrieben. Der geiftreichc, unftäte
Willibald Winkler, der ficht lange Zeit in Aegypten aufhielt, zählt ihn zu den «fonderbaren
Schwärmern», zu denen er fieh felbft rechnet, und lagt, er fei ein kaum vier Fufs hohes älteres
Herrlein gewefen. Ein Dichter war er jedenfalls, das mögen die folgenden Verfe beweifen:
Ringsum erfcholl's von Bänkelfängerliedern,
Indefs mit üppigen, mit zierlich-fchönen Gliedern,
Wie eine reizende Kokette
Die Tänzerin zur Caftagiiette
Sich fehen liefs im Pantomimentanze,
Indefs die alt-arabifche Romanze
Von Saladin der Sänger fing. —
Die Schaukeln knarrten und die Schellen klirrten,
Die buntgemalten Kutfchenfitze fchwirrten,
Die Darabukkatrommel *) brummte,
Die Berberi-Tamburra **) fummte,
Von taufend Tönen hob fich ein Gefaufe,
Von taufend Stimmen fchallte ein Gebraufe,
Das Volksfeft war in vollem Gang.
Da fchlenderte denn auch in dem Gewimmel
Des Marktgewühls in diefem Türkenhimmel,
An Gütern reich, — doch nicht hienieden, —
Ein kleiner Mann in allem Frieden
Und fchaute fich — die Hände auf dem Rücken —
Mit lüfternen und ftillverliebten Blicken
Die Herrlichkeit des Feftes an.
Bald ftand er füll vor einem Zuckerladen,
Da waren Baklawah, Zemith und Fladen
Von Kuslokum und Mandeltorten
Und Schekeriii von allen Sorten***),
Bardu-Scherbet und Veilchen-Syrupflafchen f);
Zwar hat er keinen Para in den Tafchen,
Doch waidet er fich fatt daran.
*) Wird meift in den Harims gebraucht. Sie ift von Holz, oft
mit Schildkrötenfchale und Perlmutter verziert, und gleicht
einer Flafche. Das Trommelfell fpannt fich über die breitere
Seite; der Hals ift offen.
**) Eine Mandoline.
***) Die Orientalen und namentlich die Aegypter bereiten viele
-und vortreffliche Leckereien,
t) Es gibt auch viele Scherbet- (Scharbät) Arten. Eine befonders
beliebte ift das mit geftofsenen Veilchen gewürzte, fyrupartige
Zuckerwaffer.
Bald freut er fich der fchwindelnd hohen Schaukeln
Und wie die Jungen auf und nieder gaukeln,
Welch' eine Luft beim Glockenklange
Zum lauten nubifchen Gefange
Hoch in der Luft fo läffig hinzufchweben.
Er möchte wohl die Freude fich 'mal geben,
Doch para jok —*), er läfst es fein.
Er fteht im Kreis vor einem Hexenmeifter,
Der weckt die Todten und befchwört die Geiftcr;
Bläst er in's Florn, mufs auf fein Brüllen
Den leeren Krug ein Afrit **) füllen;
Bald in den Tafchen diefes kleinen Rangen
Verwandelt er die HafelnülT' in Schlangen,
Und auf die Bachfchifch kommt's nicht an.
Dann weiter zu den Alatijeh ***) fchritt er,
Das Kcmmangheh,t) das Hackbrett und die Zither
Erklangen zu den Tambourinen,
Zum Volksgefing der Beduinen; —
Es wiegen diefe alten Melodieen
In felt'ne, zauberifche Phantafieen,
Und heimifch fprachen lie ihn an.
Hier im Gezelt, bei vollem Lampenglanze
Beraufchen fich im rafehen Zirkeltanze
Bis zur Ekftafe die Derwifche. —
Da find: Kaifee, Scherbet und Schifche ff),
Es duftet füfs von Molchus und von Ambra
Und Hafchifchrauch, als wäre diefs Alhambra,
War' nur der Beutel nicht fo blofs!
.*) Er hat kein Geld.
**) Der koboldartige arabifche Teufel.
***) Tänzer und Mufiker; oft in Weibertracht,
t) Beffer Hcmengeh, d. i. Bogeninflrument. Eine Art Geige
mit fehr kleinem, durchlöchertem Kaden von Kokosnufs.
Der Steg ruht auf einer Fifchhaut, die die Höhlung der
Nufs wie ein Trommelfell überfpannt.
tt) Schifcheh, perfifch Glas. Pfeife mit Glasgefäfs und langem,
biegfamem Schlauch.
DURCH DAS DELTA.
als bei den unbefchreibbaren Späfsen des Karagjüz und Ali Kaka; aber freilich haben wir auch
niemals aufrichtiger beklagt, Frauen und Kinder unter den Zufchauern zu fehen.
Beffer als uns das in dürrer Profa gelingen würde, hat ein wenig bekannter Dichter, von
Freudenberg ift fein Name, das Treiben auf diefem Feftplatze befchrieben. Der geiftreichc, unftäte
Willibald Winkler, der ficht lange Zeit in Aegypten aufhielt, zählt ihn zu den «fonderbaren
Schwärmern», zu denen er fieh felbft rechnet, und lagt, er fei ein kaum vier Fufs hohes älteres
Herrlein gewefen. Ein Dichter war er jedenfalls, das mögen die folgenden Verfe beweifen:
Ringsum erfcholl's von Bänkelfängerliedern,
Indefs mit üppigen, mit zierlich-fchönen Gliedern,
Wie eine reizende Kokette
Die Tänzerin zur Caftagiiette
Sich fehen liefs im Pantomimentanze,
Indefs die alt-arabifche Romanze
Von Saladin der Sänger fing. —
Die Schaukeln knarrten und die Schellen klirrten,
Die buntgemalten Kutfchenfitze fchwirrten,
Die Darabukkatrommel *) brummte,
Die Berberi-Tamburra **) fummte,
Von taufend Tönen hob fich ein Gefaufe,
Von taufend Stimmen fchallte ein Gebraufe,
Das Volksfeft war in vollem Gang.
Da fchlenderte denn auch in dem Gewimmel
Des Marktgewühls in diefem Türkenhimmel,
An Gütern reich, — doch nicht hienieden, —
Ein kleiner Mann in allem Frieden
Und fchaute fich — die Hände auf dem Rücken —
Mit lüfternen und ftillverliebten Blicken
Die Herrlichkeit des Feftes an.
Bald ftand er füll vor einem Zuckerladen,
Da waren Baklawah, Zemith und Fladen
Von Kuslokum und Mandeltorten
Und Schekeriii von allen Sorten***),
Bardu-Scherbet und Veilchen-Syrupflafchen f);
Zwar hat er keinen Para in den Tafchen,
Doch waidet er fich fatt daran.
*) Wird meift in den Harims gebraucht. Sie ift von Holz, oft
mit Schildkrötenfchale und Perlmutter verziert, und gleicht
einer Flafche. Das Trommelfell fpannt fich über die breitere
Seite; der Hals ift offen.
**) Eine Mandoline.
***) Die Orientalen und namentlich die Aegypter bereiten viele
-und vortreffliche Leckereien,
t) Es gibt auch viele Scherbet- (Scharbät) Arten. Eine befonders
beliebte ift das mit geftofsenen Veilchen gewürzte, fyrupartige
Zuckerwaffer.
Bald freut er fich der fchwindelnd hohen Schaukeln
Und wie die Jungen auf und nieder gaukeln,
Welch' eine Luft beim Glockenklange
Zum lauten nubifchen Gefange
Hoch in der Luft fo läffig hinzufchweben.
Er möchte wohl die Freude fich 'mal geben,
Doch para jok —*), er läfst es fein.
Er fteht im Kreis vor einem Hexenmeifter,
Der weckt die Todten und befchwört die Geiftcr;
Bläst er in's Florn, mufs auf fein Brüllen
Den leeren Krug ein Afrit **) füllen;
Bald in den Tafchen diefes kleinen Rangen
Verwandelt er die HafelnülT' in Schlangen,
Und auf die Bachfchifch kommt's nicht an.
Dann weiter zu den Alatijeh ***) fchritt er,
Das Kcmmangheh,t) das Hackbrett und die Zither
Erklangen zu den Tambourinen,
Zum Volksgefing der Beduinen; —
Es wiegen diefe alten Melodieen
In felt'ne, zauberifche Phantafieen,
Und heimifch fprachen lie ihn an.
Hier im Gezelt, bei vollem Lampenglanze
Beraufchen fich im rafehen Zirkeltanze
Bis zur Ekftafe die Derwifche. —
Da find: Kaifee, Scherbet und Schifche ff),
Es duftet füfs von Molchus und von Ambra
Und Hafchifchrauch, als wäre diefs Alhambra,
War' nur der Beutel nicht fo blofs!
.*) Er hat kein Geld.
**) Der koboldartige arabifche Teufel.
***) Tänzer und Mufiker; oft in Weibertracht,
t) Beffer Hcmengeh, d. i. Bogeninflrument. Eine Art Geige
mit fehr kleinem, durchlöchertem Kaden von Kokosnufs.
Der Steg ruht auf einer Fifchhaut, die die Höhlung der
Nufs wie ein Trommelfell überfpannt.
tt) Schifcheh, perfifch Glas. Pfeife mit Glasgefäfs und langem,
biegfamem Schlauch.