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IOO

GOSEN.

BEDUINENZELT.

trennende Wafferftrafse abfchliefst. Der fchon zur Zeit des Aufenthalts der Juden in Aegypten
angelegte und durch H. v. Leffcps neu eröffnete Süfswafferkanal befpült leinen Süden, der
Menzale-See feinen Norden, und feinen Weften der zum ichmalen Waffergraben gewordene
frühere tanitifche Nilarm.

Wie grofse Veränderungen die Jahrhunderte auch in Gofen bewirkt haben, fo konnten fie
doch die ihm eigentümlichen landfchaftlichen Merkmale nicht verwifchen. Wo die Nilflut die

Aecker erreicht (auch an den Ufern
des Süfswafferkanals), dankt der be-
fruchtete Boden dem Landmanne mit
reichen Ernten; von den höher ge-
legenen Stellen und weiter nach Often
hin dehnen , lieh weite, dürre Flächen,
auf denen mancherlei Wüftenkraut ge-
deiht und nomadifirende Viehhirten mit
ihren Heerden häufen. In der Gegend
des Menzale-Sees im Norden fcheint
die Natur des Landes die einfehnei-
dendften Veränderungen erlitten zu
haben. Wo fonft in fetten Marfchen femitifche Hirten zahllofe Rinder züchteten, wogt jetzt
brackiges, bitteres Waffer, und wo einft rührige Bürger in glänzenden und gewerbfleifsigen
Städten Reichthümer fammelten, trocknen jetzt arme Fifcher ihre Netze vor ärmlichen Hütten.

Wir fordern den Leier auf, uns durch die Aecker und die Wüfte zu den Seen der Landfchaft
Gofen zu folgen.

Von dem alten Bubaftis, dem heutigen Zakazik aus, beginnen wir unfere Fahrt. Es gibt
Manches zu fehen auf dem Bahnhofe diefer erblühenden Stadt, der Centralftelle für den grofsartigen
Baumwollcnhandel der Oftprovinz, deren oberfte Verwaltungsbehörden hier refidiren. Die Wartefäle
lind fo aberidländifch lauber wie die Kontore der europäifchen Handelshäufer in der eigentlichen
Stadt, und mancher Reifende hat hier einem vortrefflichen Frühftücke zu Gefallen vergeffen, lieh
die feltfamen Fahrgäfte zu betrachten, die auf diefem Bahnhofe
zulammenftrömen. Namentlich find es die Mckkapilger aus allen
Theilen des Orients, welche befonders in den, dem Walllahrts- ^
monat vorangehenden Wochen an den Schaltern und auf den —[

Perrons die Blicke des Abendländers auf lieh ziehen. Jeder Mu-
hammedancr foll wenigftens einmal im Leben zu den heiligen
Stätten wallfahren und die Erfüllung diefes Gebotes wird durch
Eifenbahnen und Dampffehiffe in unlerer Zeit recht wefentlich
erleichtert. Moslimen aus drei Erdtheilen ftrömen hier zufammen;
am ftattlichften nehmen fleh die fchlanken algerifchen Kabylen
und die tuneflfehen Mauren in ihrem weifsen Burnus aus, am
behaglichften die Tartaren, welche ihre ruffffche Theemafchine
mit fleh führen und lieh auch im trockenen Wüftenfande und

unter der afrikanifchen Sonne nicht von ihren hohen Ueberfchuhen und Pelzmützen trennen
können. Dort kauern, von einer alten Hüterin bewacht, die drei Weiber eines Türken. Der
Eheherr wandert vor. feinem kleinen Harem mifstrauifch auf und nieder und wirft Dir einen
 
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