2)6
BIS THEBEN.
Ifisgöttinnen ihre Saugflafchen. — Die Leute von Dendera find trunken von Wein; — Blumen-
kränze find auf ihren Häuptern.»
Die inneren Räume des Tempels felbft blieben diefer Feftfreude völlig fremd, denn fie
können mit Recht eine grofse und reichgegliederte, den füllen Raum des Allerheiligften umgebende
Sakriftei genannt werden, in der das Geräth aufbewahrt und das Rauchwerk und Sprengwaffer
bereitet wurde, dcifen man für den Gottesdienft und die Prozeffionen bedurfte. Allein das untere
Gefchofs des Hathortempels enthielt fiebenundzwanzig Räume und mehrere Korridore, die wir in
fünf Gruppen zerlegen möchten: i) den grofsen Himmelsfaal (III.), 2) die kleinere Säulenhalle der
Erfcheinung der Göttin und die beiden hinter ihm liegenden Profekosfäle (IL, 2 u. 1), 3) der Sekos
oder das Allerheiligfte (L), 4) die diefes letztere und feine Vorräume rings umgebenden 22 Kammern,
5) die auf das Dach führenden Treppen (3 u. 4). All' diefe zahlreichen Räume waren einem be-
fonderen Zweck gewidmet, ftanden in Beziehung zu den Göttern des Tempels, und die Infchriften
an ihren Wänden fowie die von Dümichcn mit grofsen Opfern von Schutt befreite und veröffent-
lichte Bauurkunde theilen uns, den fpäten Nachgeborenen, mit, welchen Kamen jedes Zimmer
führte, was in ihm aufbewahrt und verrichtet ward und wie grofs es nach ägyptifchem Mafs
herzuftellen war. Kalendarifche Infchriften machen uns mit allen im Hathortempel gefeierten
Feiten bekannt und andere Infkriptionen unter welchem Landesfürftcn die einzelnen Räume des
Heiligthums vollendet worden find. Selbft die dunklen Korridore und fchwer zugänglichen
Krypten find von oben bis unten mit Bildern und Infchriften in Hautrelief bedeckt, welche lehren,
dafs die Priefterfchaft den Ptolemäern und römifchen Kaifern die gleichen Ehren erwies wie
weiland den Pharaonen. Wenn die Skulpturen in unferem Tempel und den zugleich mit ihm
entftandenen Heiligthümern auch nicht an edler Einfachheit und Reinheit des Stils denen gleich-
kommen, die wir in den Gräbern des alten Reichs und zu Abydos bewundert haben, fo find fie
doch höchft forgfältig ausgeführt und ziehen das Auge durch eine in früherer Zeit unbekannte
Mannigfaltigkeit der fchriftbildcnden Zeichen an. Neue Hieroglyphen in Menge erfchweren die
Lefung diefer Infchriften; und zwar gefliffentlich, denn die Priefter fachen die myftifchen Dinge,
die man fich früher an die Wände der Tempel zu fchreiben fcheute, durch eine räthfclhafte
Schreibweife dem Verftändniffe der Laien zu entziehen. So kommt es, dafs, nachdem die grofsen
Schwierigkeiten, welche die Entzifferung der Texte aus der Ptolemäerzeit boten, überwunden
worden find, gerade fie weit mehr zu unferer Kenntnifs der ägyptifchen Religion und Mythologie
beigetragen haben, als die Tempelinfchriften aus alter Zeit. Was diefe verfchweigen, wird von
jenen in deutlichen Worten, dafür aber freilich in künftlich verdunkelter Form ausgefprochen.
Wie reizvoll ift ein Gang von einem Raum diefes Tempels in den andern für Denjenigen,
welcher durch die Infchriften Kunde zu erlangen weifs von dem, was vor vielen Hunderten von
Jahren in jedem einzelnen feiner Gemächer vor fich gegangen ift, der in dem Profekos (2)
hinter dem Saal der Erfcheinung nach dem Platz des Opfertifches fucht, auf dem die Gaben der
Frommen niedergelegt wurden, der den nun folgenden Saal (1), das Gemach der Mitte, und der
das Sanctuarium (L), den verborgenen, geheimnifsvollen Raum der heiligen Barke Tcs nefru, in der
die Statue der Hathor auf den Schultern der Priefter in's Freie getragen ward, nennen hört, und
erfährt, dafs in diefes Herz des Tempels nur der König und der miniftrirende Priefter treten
durften. Auch das heilige Siftrum der Göttin ward hier aufbewahrt.
Von den kleineren Kammern diente die eine neben dem Saal der Mitte zur Aufbewahrung: der
priefterlichen Gewänder und Binden. In zwei Zimmern rechts vom Sanctuarium (I.) hütete man
den Schatz des Tempels, eins unter den drei zur Linken des Saals der Erfcheinung (II.) gelegenen
„einem
lieWerH
■■allen.
BIS THEBEN.
Ifisgöttinnen ihre Saugflafchen. — Die Leute von Dendera find trunken von Wein; — Blumen-
kränze find auf ihren Häuptern.»
Die inneren Räume des Tempels felbft blieben diefer Feftfreude völlig fremd, denn fie
können mit Recht eine grofse und reichgegliederte, den füllen Raum des Allerheiligften umgebende
Sakriftei genannt werden, in der das Geräth aufbewahrt und das Rauchwerk und Sprengwaffer
bereitet wurde, dcifen man für den Gottesdienft und die Prozeffionen bedurfte. Allein das untere
Gefchofs des Hathortempels enthielt fiebenundzwanzig Räume und mehrere Korridore, die wir in
fünf Gruppen zerlegen möchten: i) den grofsen Himmelsfaal (III.), 2) die kleinere Säulenhalle der
Erfcheinung der Göttin und die beiden hinter ihm liegenden Profekosfäle (IL, 2 u. 1), 3) der Sekos
oder das Allerheiligfte (L), 4) die diefes letztere und feine Vorräume rings umgebenden 22 Kammern,
5) die auf das Dach führenden Treppen (3 u. 4). All' diefe zahlreichen Räume waren einem be-
fonderen Zweck gewidmet, ftanden in Beziehung zu den Göttern des Tempels, und die Infchriften
an ihren Wänden fowie die von Dümichcn mit grofsen Opfern von Schutt befreite und veröffent-
lichte Bauurkunde theilen uns, den fpäten Nachgeborenen, mit, welchen Kamen jedes Zimmer
führte, was in ihm aufbewahrt und verrichtet ward und wie grofs es nach ägyptifchem Mafs
herzuftellen war. Kalendarifche Infchriften machen uns mit allen im Hathortempel gefeierten
Feiten bekannt und andere Infkriptionen unter welchem Landesfürftcn die einzelnen Räume des
Heiligthums vollendet worden find. Selbft die dunklen Korridore und fchwer zugänglichen
Krypten find von oben bis unten mit Bildern und Infchriften in Hautrelief bedeckt, welche lehren,
dafs die Priefterfchaft den Ptolemäern und römifchen Kaifern die gleichen Ehren erwies wie
weiland den Pharaonen. Wenn die Skulpturen in unferem Tempel und den zugleich mit ihm
entftandenen Heiligthümern auch nicht an edler Einfachheit und Reinheit des Stils denen gleich-
kommen, die wir in den Gräbern des alten Reichs und zu Abydos bewundert haben, fo find fie
doch höchft forgfältig ausgeführt und ziehen das Auge durch eine in früherer Zeit unbekannte
Mannigfaltigkeit der fchriftbildcnden Zeichen an. Neue Hieroglyphen in Menge erfchweren die
Lefung diefer Infchriften; und zwar gefliffentlich, denn die Priefter fachen die myftifchen Dinge,
die man fich früher an die Wände der Tempel zu fchreiben fcheute, durch eine räthfclhafte
Schreibweife dem Verftändniffe der Laien zu entziehen. So kommt es, dafs, nachdem die grofsen
Schwierigkeiten, welche die Entzifferung der Texte aus der Ptolemäerzeit boten, überwunden
worden find, gerade fie weit mehr zu unferer Kenntnifs der ägyptifchen Religion und Mythologie
beigetragen haben, als die Tempelinfchriften aus alter Zeit. Was diefe verfchweigen, wird von
jenen in deutlichen Worten, dafür aber freilich in künftlich verdunkelter Form ausgefprochen.
Wie reizvoll ift ein Gang von einem Raum diefes Tempels in den andern für Denjenigen,
welcher durch die Infchriften Kunde zu erlangen weifs von dem, was vor vielen Hunderten von
Jahren in jedem einzelnen feiner Gemächer vor fich gegangen ift, der in dem Profekos (2)
hinter dem Saal der Erfcheinung nach dem Platz des Opfertifches fucht, auf dem die Gaben der
Frommen niedergelegt wurden, der den nun folgenden Saal (1), das Gemach der Mitte, und der
das Sanctuarium (L), den verborgenen, geheimnifsvollen Raum der heiligen Barke Tcs nefru, in der
die Statue der Hathor auf den Schultern der Priefter in's Freie getragen ward, nennen hört, und
erfährt, dafs in diefes Herz des Tempels nur der König und der miniftrirende Priefter treten
durften. Auch das heilige Siftrum der Göttin ward hier aufbewahrt.
Von den kleineren Kammern diente die eine neben dem Saal der Mitte zur Aufbewahrung: der
priefterlichen Gewänder und Binden. In zwei Zimmern rechts vom Sanctuarium (I.) hütete man
den Schatz des Tempels, eins unter den drei zur Linken des Saals der Erfcheinung (II.) gelegenen
„einem
lieWerH
■■allen.