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VON DER AMONSSTADT ZUM KATARAKT.

zum Opfer fallen möchten. Um ihnen den Rückweg abzufchneiden, fei nun diefs räthfelhafte
Bollwerk errichtet worden. Immer öder, immer einfamer wird unfere Umgebung, mit immer
heifseren Strahlen trifft die Mittägsfonne die dunklen Felfen an unferes Weges Seiten, der Wüften1-
wind treibt uns brennenden Staub enteeffen und Menfch und Thier lechzen nach Waffer. Jetzt
biegen wir durftend und ermüdet um ein den Weg verfperrendes Felfenriff und fiehc! vor uns
erheben fich weithin fchattende Sykomoren mit breiten Blätterkronen und wehende Palmen neben
einem freundlichen Haufe, dem Heim der öfterreichifchen Aliffionsgefellfchaft; das Waffer des
Nils blinkt uns entgegen, rings von Bergen umfchloffen und einem reizenden Landfee gleichend,
der der lieblichften aller Infein, dem der Ilis geweihten tempelreichen Philae zum Spiegel dient.
Ein geräumiges Boot ift zur Hand. Muntere, gar fpärlich bekleidete Knaben, braun und glänzend
wie aus Bronze gegolten und wie Forellen gefchmeidig, fitzen an den Rudern, die fie fingend
bewegen, und bald darauf betreten wir das liebliche Eiland, auf dem wir unvergefsliche und

unbefchreiblich köftliche
Wochen verlebten.

Hinter uns liegt jetzt
der Katarakt, den bisher
die Hügel, welche die nach
Philae führende Strafse
begrenzen, unferen Blicken
entzogen haben. Ehe wir
das Heiligthum der Ilis
betreten, wollen wir ihn
befuchen. Der gewöhn-
liche Weg der Reifenden
fchwenkt inmitten des
Wüftenpfades, auf dem
wir zu dem Eiland der
Ifis gelangten, nach Welten
ab und mündet in der Nähe
der Stromfchnelle, die mit
Unrecht den ftolzen Namen eines Katarakts führt und doch einen höchft eigenthümlichen
und grofsartigen Anblick gewährt. Der Nil fällt hier keineswegs wie der Rhein bei Sehaff-
haufen von einer hohen Felfenftufe in die Tiefe, aber er mufs lieh doch durch ein gewaltiges
Gehäuf von granitenen Klippen Bahn brechen und jagt mit ftarkem Gefäll wirbelnd und
braufend durch fteinerne Gaffen dahin. Oft prallt fein fchnelles Waffer donnernd und zer-
ftiebend von den harten Blöcken, die ihm den Weg verlegen, ab, und wenn auch die alten
Erzählungen von den tauben Kataraktenbewohnern, die durch das Gebrüll des Wafferfturzes ihr
Gehör verloren, in das Gebiet der Märchen gehört, fo klingt doch bei den bibän efch-Schelläl oder
Thoren der Stromfchnelle die Stimme des Katarakts laut genug. Freilich übertönt das Gefchrei
und der Gelang der Nubier, welche bei niedrigem Wafferftande zu Hunderten ein gröfseres
Nilboot ziehend, ftofsend, hemmend und fchiebend über den Katarakt befördern, das Wögen-
gebraus, und es gemittet fogar, die Stimmen von einzelnen nackten Knaben und Männern zu
vernehmen, die uns ihr «Bachfchifch» zurufen, während iie auf einem Balken oder Rohrbündel
reitend oder auch fich ganz der eigenen Kraft und Gelchicklichkeit überladend die Stromfchnelle

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IN DER WÜSTE ZWISCHEN ASUAN UND PHILAE.





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