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AUFERSTEHUNG DES AEGYPTISCHEN ALTERTHUMS.
ALT-ÄGYPTISCHE DARSTELLUNG DER ARBEITEN AN ZWEI STATUEN UND EINEM SPHINX.
Thätigkeit. Unferem Gefchmacke am wenigften zufagend find die
Mifchgeftalten der Götter mit ihren Menfchenleibern und Thierköpfen,
Kopfzierden und Symbolen, die weit weniger auf das Schönheitsgefühl
wirken folltcn, als auf die religiöfe Empfindung der Andächtigen, die
mit der Bedeutung des Sinnbildlichen auch an den in barockfter Weife
ausgestatteten Geftalten vertraut waren. Das Mufeum von Bulak ift
überreich an Götterfiguren jeder Art und von jeder Gröfse aus edlem
und unedlem Geftein und Metall, aus Holz und gebranntem Thon,
und es finden fieh auch unter ihnen wahre Kunftwerke. Einzelne
Bronzen mit Goldeinlage find erftaunlich fchön gegoffen und fauber
ciielirt, doch flammen fie wie die meiften und am beften gearbeiteten
Götterfiguren aus dem neuen Reiche.
Sämmtliche Denkmäler aus der Zeit vor dem Einfall der Hykfos
zeichnen fich — und diefs bezieht lieh auch auf den Stil der an ihnen
erhaltenen Hieroglypheninfchriften — durch edle Einfachheit aus. Ferner
amon. osiris. ift ihnen allen treue Naturwahrheit gemeinfam. Es ift an diefen ftreng
individuell gehaltenen Porträtfiguren auch nicht der leifefte Zug idealen
Lebens -wahrnehmbar, während das Ideale, der Ausdruck von Seele und Empfindung den minder
realiftifch und fchlicht gehaltenen Bildwerken aus dem neuen Reiche keineswegs fremd ift. In der
Hykfoszeit fcheint diefes neue Element dem ägyptifchen Volksgeifte zugefloffen zu fein, und es macht
fich keineswegs allein in den Werken der
Skulptur, fondern auch bei den phan-
taftifchen, reich gegliederten Riefenwerken
der Baumeifter, der gefchmückteren Form
der Rede, der Vertiefung der religiöfen
Empfindung und der mit der üppigften
Einbildungskraft ausgeftatteten Unfterb-
lichkeits- und Götterlehre bemerkbar. Wir
befitzen aus dem neuen Reiche Bildfäulen
jeder Art, flehende und fitzende, berghohe
und winzige, aus eifenharter Grauwacke,
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AUFERSTEHUNG DES AEGYPTISCHEN ALTERTHUMS.
ALT-ÄGYPTISCHE DARSTELLUNG DER ARBEITEN AN ZWEI STATUEN UND EINEM SPHINX.
Thätigkeit. Unferem Gefchmacke am wenigften zufagend find die
Mifchgeftalten der Götter mit ihren Menfchenleibern und Thierköpfen,
Kopfzierden und Symbolen, die weit weniger auf das Schönheitsgefühl
wirken folltcn, als auf die religiöfe Empfindung der Andächtigen, die
mit der Bedeutung des Sinnbildlichen auch an den in barockfter Weife
ausgestatteten Geftalten vertraut waren. Das Mufeum von Bulak ift
überreich an Götterfiguren jeder Art und von jeder Gröfse aus edlem
und unedlem Geftein und Metall, aus Holz und gebranntem Thon,
und es finden fieh auch unter ihnen wahre Kunftwerke. Einzelne
Bronzen mit Goldeinlage find erftaunlich fchön gegoffen und fauber
ciielirt, doch flammen fie wie die meiften und am beften gearbeiteten
Götterfiguren aus dem neuen Reiche.
Sämmtliche Denkmäler aus der Zeit vor dem Einfall der Hykfos
zeichnen fich — und diefs bezieht lieh auch auf den Stil der an ihnen
erhaltenen Hieroglypheninfchriften — durch edle Einfachheit aus. Ferner
amon. osiris. ift ihnen allen treue Naturwahrheit gemeinfam. Es ift an diefen ftreng
individuell gehaltenen Porträtfiguren auch nicht der leifefte Zug idealen
Lebens -wahrnehmbar, während das Ideale, der Ausdruck von Seele und Empfindung den minder
realiftifch und fchlicht gehaltenen Bildwerken aus dem neuen Reiche keineswegs fremd ift. In der
Hykfoszeit fcheint diefes neue Element dem ägyptifchen Volksgeifte zugefloffen zu fein, und es macht
fich keineswegs allein in den Werken der
Skulptur, fondern auch bei den phan-
taftifchen, reich gegliederten Riefenwerken
der Baumeifter, der gefchmückteren Form
der Rede, der Vertiefung der religiöfen
Empfindung und der mit der üppigften
Einbildungskraft ausgeftatteten Unfterb-
lichkeits- und Götterlehre bemerkbar. Wir
befitzen aus dem neuen Reiche Bildfäulen
jeder Art, flehende und fitzende, berghohe
und winzige, aus eifenharter Grauwacke,