machte, so daß sie mich beinahe wieder zum Lachen gebracht
hätte; aber ich nahm mich sehr in acht, um sie nicht zu
erbosen.
Nach dem Abendessen betete sie wieder, und dann wies
sic mir in einer niedrigen und engen Kammer ein Bett an;
sie schlief in der Stube. Ich blieb nicht lange munter, ich
war halb betäubt, aber in der Nacht wachte ich einige Male
auf, und dann hörte ich die Alte husten und mit dem Hunde
sprechen, und den Vogel dazwischen, der im Traum zu sein
schien und immer nur einzelne Worte von seinem Liede
sang. Das machte mit den Birken, die vor den Fenster
rauschten, und mit dem Gesang einer entfernten Nachtigall
ein so wunderbares Gemisch, daß es mir immer nicht war,
als sei ich erwacht, sondern als fiele ich nur in einen andern,
noch seltsamem Traum.
AUS: ADALBERT STIFTER, DER HOCHWALD
Es sind noch heutzutage ausgebreitete Wälder und Forste
um das Quellengebiet der Moldau, daß ein Bär keine Selten-
heit ist und wohl auch noch Luchse getroffen werden; aber
in der Zeit unserer Erzählung waren diese Wälder über alle
jene bergigen Landstriche gedeckt, auf denen jetzt gereutet
ist und die Walddörfer stehen mit ihren kleingeteilten Fel-
dern, weißen Kirchen, roten Kreuzen und Gärtchen voll
blühender Waldbüsche. Wohl acht bis zehn Wegestunden
gingen sie damals in die Breite, ihre Länge beträgt heute
noch viele Tagereisen.
An dem Laufe eines frischen Waldwassers, das so klar wie
flüssiges Glas unter naßgrünen Erlengebüschen hervorschießt,
führt ein gewundenes Tal entlang, und in dem Tale geht
heutzutage ein reinlicher Weg gegen das Holzdorf Hirsch-
bergen, das seine malerischen hölzernen Waldhäuser zu
beiden Seiten des Baches auf die Abhänge herumgestreut
hat. Diese Abhänge prangen mit Matten der schönsten Berg-
kräuter und mit mancher Herde, deren Geläute mit einzelnen
Klängen sanft emporschlägt zu der oben harrenden Stille
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hätte; aber ich nahm mich sehr in acht, um sie nicht zu
erbosen.
Nach dem Abendessen betete sie wieder, und dann wies
sic mir in einer niedrigen und engen Kammer ein Bett an;
sie schlief in der Stube. Ich blieb nicht lange munter, ich
war halb betäubt, aber in der Nacht wachte ich einige Male
auf, und dann hörte ich die Alte husten und mit dem Hunde
sprechen, und den Vogel dazwischen, der im Traum zu sein
schien und immer nur einzelne Worte von seinem Liede
sang. Das machte mit den Birken, die vor den Fenster
rauschten, und mit dem Gesang einer entfernten Nachtigall
ein so wunderbares Gemisch, daß es mir immer nicht war,
als sei ich erwacht, sondern als fiele ich nur in einen andern,
noch seltsamem Traum.
AUS: ADALBERT STIFTER, DER HOCHWALD
Es sind noch heutzutage ausgebreitete Wälder und Forste
um das Quellengebiet der Moldau, daß ein Bär keine Selten-
heit ist und wohl auch noch Luchse getroffen werden; aber
in der Zeit unserer Erzählung waren diese Wälder über alle
jene bergigen Landstriche gedeckt, auf denen jetzt gereutet
ist und die Walddörfer stehen mit ihren kleingeteilten Fel-
dern, weißen Kirchen, roten Kreuzen und Gärtchen voll
blühender Waldbüsche. Wohl acht bis zehn Wegestunden
gingen sie damals in die Breite, ihre Länge beträgt heute
noch viele Tagereisen.
An dem Laufe eines frischen Waldwassers, das so klar wie
flüssiges Glas unter naßgrünen Erlengebüschen hervorschießt,
führt ein gewundenes Tal entlang, und in dem Tale geht
heutzutage ein reinlicher Weg gegen das Holzdorf Hirsch-
bergen, das seine malerischen hölzernen Waldhäuser zu
beiden Seiten des Baches auf die Abhänge herumgestreut
hat. Diese Abhänge prangen mit Matten der schönsten Berg-
kräuter und mit mancher Herde, deren Geläute mit einzelnen
Klängen sanft emporschlägt zu der oben harrenden Stille
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