Alexander von Rennenkampf.
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Die Gattin wird ihm entrissen: „Sechs Schritte vor meinem Fenster
ist das Grab, das ich mit eifersüchtigem Blicke bewache, das meine
Kinder um den Leichenstein herum mit Blumen bekränzen." — Die
Kinder wachsen heran, zerstreuen sich hierhin, dorthin; die Lebens-
läufe der Geschwister Rennenkampf's, welche günstigere Stunden in
Rauch's Werkstatt und zu seiner persönlichen Bekanntschaft geführt
haben, verflechten sich in die Mittheilungen; sic beleben das Haus
mit den aus der Ferne zurückgekehrten Kindern. „Ich habe einen
heiteren Lebensabend und habe ihn mit lebhaftem, warmem Bewußt-
seins durfte er schreiben (1842) obwohl er selbst nicht von Kränklich-
keit verschont blieb. Das konnte Rauch sich eigentlich nicht denken,
„indem unsere Phantasie die früheren Momente des Beisammenseins
zum ewigeu Bilde erhebt und das kümmerliche Dazwischenkommen der
Jahre und ihre Arbeiten der Entstellung u. s. w. als nicht geschehen
sich einbildet." — Sie vergehen in weiterer schneller Folge. — Eine
bräutlich geschmückte Tochter sinkt in das Grab, die fast neunzig-
jährige Großmutter folgt ihr, die Stürme des Jahres 1848 brausen
durch die Lande. Alles spiegelt sich im Briefwechsel in ernsten Be-
trachtungen, in liebenswürdigem Familiengeplauder. In tückischer
Konsequenz wiederholt sich im Laufe dieser Jahre ein persönliches
Verfehlen in Halle, in Berlin, nur durch die Ungunst weniger Stun-
den, bis eine Vesuchsreise des Großherzogs von Oldenburg endlich
zu Anfang des Jahres 1852 den Freund in die Werkstatt Rauch's
führt.
„Daß ich endlich — so schreibt er nach seiner Rückkehr — seit
dem Anfänge dieses Jahrhunderts, jetzt in seiner Mitte die lang er-
sehnte Freude gehabt habe, Sie theurer Freund! in meine Arme zu
schließen, Sie in jedem Sinn, den Phidias Friedrichs des Großen,
gesund und rüstig zu sehen, das ist ein Lichtpunkt in meinem Leben,
der der ganzen zweiten Hälfte ihr Colorit gicbt. — Mit lebhaften
Farben hatte ich mir auf der gauzeu Reise Ihre Person gedacht, in
der Werkstatt mit dem ernstem Blick auf Ihre Werke, wie ich chn
seit langen Jahre kenne, und Ihre warme Hand in der meinigen ge-
fühlt und Ihren Belehrungen ein gierig Ohr geliehen. Und wie ich
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Die Gattin wird ihm entrissen: „Sechs Schritte vor meinem Fenster
ist das Grab, das ich mit eifersüchtigem Blicke bewache, das meine
Kinder um den Leichenstein herum mit Blumen bekränzen." — Die
Kinder wachsen heran, zerstreuen sich hierhin, dorthin; die Lebens-
läufe der Geschwister Rennenkampf's, welche günstigere Stunden in
Rauch's Werkstatt und zu seiner persönlichen Bekanntschaft geführt
haben, verflechten sich in die Mittheilungen; sic beleben das Haus
mit den aus der Ferne zurückgekehrten Kindern. „Ich habe einen
heiteren Lebensabend und habe ihn mit lebhaftem, warmem Bewußt-
seins durfte er schreiben (1842) obwohl er selbst nicht von Kränklich-
keit verschont blieb. Das konnte Rauch sich eigentlich nicht denken,
„indem unsere Phantasie die früheren Momente des Beisammenseins
zum ewigeu Bilde erhebt und das kümmerliche Dazwischenkommen der
Jahre und ihre Arbeiten der Entstellung u. s. w. als nicht geschehen
sich einbildet." — Sie vergehen in weiterer schneller Folge. — Eine
bräutlich geschmückte Tochter sinkt in das Grab, die fast neunzig-
jährige Großmutter folgt ihr, die Stürme des Jahres 1848 brausen
durch die Lande. Alles spiegelt sich im Briefwechsel in ernsten Be-
trachtungen, in liebenswürdigem Familiengeplauder. In tückischer
Konsequenz wiederholt sich im Laufe dieser Jahre ein persönliches
Verfehlen in Halle, in Berlin, nur durch die Ungunst weniger Stun-
den, bis eine Vesuchsreise des Großherzogs von Oldenburg endlich
zu Anfang des Jahres 1852 den Freund in die Werkstatt Rauch's
führt.
„Daß ich endlich — so schreibt er nach seiner Rückkehr — seit
dem Anfänge dieses Jahrhunderts, jetzt in seiner Mitte die lang er-
sehnte Freude gehabt habe, Sie theurer Freund! in meine Arme zu
schließen, Sie in jedem Sinn, den Phidias Friedrichs des Großen,
gesund und rüstig zu sehen, das ist ein Lichtpunkt in meinem Leben,
der der ganzen zweiten Hälfte ihr Colorit gicbt. — Mit lebhaften
Farben hatte ich mir auf der gauzeu Reise Ihre Person gedacht, in
der Werkstatt mit dem ernstem Blick auf Ihre Werke, wie ich chn
seit langen Jahre kenne, und Ihre warme Hand in der meinigen ge-
fühlt und Ihren Belehrungen ein gierig Ohr geliehen. Und wie ich