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Rauchs's Viktoria-Schöpfung, 1830—1857.
Die drei verschiedenen Anffassnngen von verschiedenen Gesichts-
punkten aus kamen fortan wiederholt bei der Aufgabe der Viktorien
zur Geltung und Zusammenwirkung; nicht aber zu dem Ergebniß,
daß etwas Halbes geschaffen ward, wie cs so häufig in ähnlichen
Fällen geschieht, sondern bei der Gediegenheit der betheiligten Kräfte
entstand eine Reihe der Meisterschöpfungen neuerer Plastik, die hier
nun in ihrem Werden und Wachsen zu betrachten sind.
Nach Rauch's Rückkehr in seine Werkstatt zu Berlin war das
erste, daß der Prüliminarvertrag umgestoßeu wurde; denn die zu
seinen Gunsten aufgenommeneu Schlußbedinguugen gelangten in
Wirksamkeit. „Sie können sich denken — schreibt Klenze — wie
unerfreulich die Nachricht war, daß Sie diese Arbeiten nicht hier
machen können, und nur mit Mühe und weil Sie es sind, hat
Seine Majestät eingewilligt, daß ich auf die Supposition, die Ar-
beiten ganz oder größtentheils in Berlin ausführen zu dürfen mit
Ihnen unterhandeln soll." — In den Grundzügcn des neu vorge-
schlagenen Vertrages kommt zunächst wieder das Giebelfeld für die
Walhalla in Betracht. Die Idee des Königs Ludwig für diese Auf-
gabe wird in einer zu diesem Zweck angefcrtigten Skizze des Bild-
hauers Wagner verdeutlicht: Germania thront in der Mitte; zu
beiden Seiten befinden sich durch Attribute der Laudeswappen ge-
kennzeichnete Repräsentanten von Oesterreich, Preußen, Baiern, Wür-
temberg, Hannover, Hessen, Sachsen und des übrigen Deutschlands,
dessen Vertreter durch ein Trophäeustück bezeichnet wird, sowie die
Festungen Landau, Mainz, Köln und Luxemburg; Gestaltungen des
Rheins und der Mosel füllen die Ecken des Tympanon.
Für die sechs Figuren im Innern des Ruhmestempels ward
als erste Bedingung gestellt, daß vom 1. Oktober 1830 gerechnet
alljährlich eine Figur vollendet und abgeliefert würde. Sie müßten
durchaus in der Art bekleidet sein, wie die früheren Zeichnungen an-
gedeutet, und in Stellungen gemacht werden, welche ihrem dekorativen
Zweck nicht zuwider siud. Eiue Skizze derselben, am liebsten von
allen sechs auf einmal, sei dem Könige vorzulegen. Sie müßten alle
in carrarischem richtigen Statuarmarmor lumriuo statuario 8olliatto),
Rauchs's Viktoria-Schöpfung, 1830—1857.
Die drei verschiedenen Anffassnngen von verschiedenen Gesichts-
punkten aus kamen fortan wiederholt bei der Aufgabe der Viktorien
zur Geltung und Zusammenwirkung; nicht aber zu dem Ergebniß,
daß etwas Halbes geschaffen ward, wie cs so häufig in ähnlichen
Fällen geschieht, sondern bei der Gediegenheit der betheiligten Kräfte
entstand eine Reihe der Meisterschöpfungen neuerer Plastik, die hier
nun in ihrem Werden und Wachsen zu betrachten sind.
Nach Rauch's Rückkehr in seine Werkstatt zu Berlin war das
erste, daß der Prüliminarvertrag umgestoßeu wurde; denn die zu
seinen Gunsten aufgenommeneu Schlußbedinguugen gelangten in
Wirksamkeit. „Sie können sich denken — schreibt Klenze — wie
unerfreulich die Nachricht war, daß Sie diese Arbeiten nicht hier
machen können, und nur mit Mühe und weil Sie es sind, hat
Seine Majestät eingewilligt, daß ich auf die Supposition, die Ar-
beiten ganz oder größtentheils in Berlin ausführen zu dürfen mit
Ihnen unterhandeln soll." — In den Grundzügcn des neu vorge-
schlagenen Vertrages kommt zunächst wieder das Giebelfeld für die
Walhalla in Betracht. Die Idee des Königs Ludwig für diese Auf-
gabe wird in einer zu diesem Zweck angefcrtigten Skizze des Bild-
hauers Wagner verdeutlicht: Germania thront in der Mitte; zu
beiden Seiten befinden sich durch Attribute der Laudeswappen ge-
kennzeichnete Repräsentanten von Oesterreich, Preußen, Baiern, Wür-
temberg, Hannover, Hessen, Sachsen und des übrigen Deutschlands,
dessen Vertreter durch ein Trophäeustück bezeichnet wird, sowie die
Festungen Landau, Mainz, Köln und Luxemburg; Gestaltungen des
Rheins und der Mosel füllen die Ecken des Tympanon.
Für die sechs Figuren im Innern des Ruhmestempels ward
als erste Bedingung gestellt, daß vom 1. Oktober 1830 gerechnet
alljährlich eine Figur vollendet und abgeliefert würde. Sie müßten
durchaus in der Art bekleidet sein, wie die früheren Zeichnungen an-
gedeutet, und in Stellungen gemacht werden, welche ihrem dekorativen
Zweck nicht zuwider siud. Eiue Skizze derselben, am liebsten von
allen sechs auf einmal, sei dem Könige vorzulegen. Sie müßten alle
in carrarischem richtigen Statuarmarmor lumriuo statuario 8olliatto),