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Eggers, Friedrich; Eggers, Karl; Eggers, Friedrich [Hrsg.]; Eggers, Karl [Hrsg.]
Christian Daniel Rauch (Band 3,1) — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.43148#0251
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Marmor-Wiederholung der Danaide.

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ändert, wie die Verschiedenheit des gehaltenen Gegenstandes — hier
des Kindes, dort der Urne — es nothwendig fordert. Das Haupt
wendet sich freundlich dem Kinde zu nach rechts, während die Danaide
trübsinnig nach links auf die Oeffnung des Kruges blickt; das Ge-
wand, welches nur den rechten Oberschenkel und Unterarm der Danaide
deckte, ist hier vom Arm herabgenommen und hinten um die Ober-
schenkel herumgeschlagen vor dem Schoße zusammengeknotet. — Die
Verschiedenheit der Gewandung, die entgegengesetzte Bewegung des
Kopfes und geringe Verschiebung der Hände reichen hin, um die ganze
Figur schon formell nicht als die Danaide, sondern als ein Gegen-
stück derselben erscheinen zu lassen, wie inhaltlich der vollkommene
Gegensatz von Leid und Freude zum Ausdruck gelangt ist. — Zur
Ausführung ist aber diese Skizze für den Kaiser von Rußland eben
so wenig gekommen, wie überhaupt irgend eine weitere größere Arbeit
Rauch's.
Die Wiederholung der Danaide für den König von Preußen
war aber noch nicht begonnen, als der hohe Besteller starb. Friedrich
Wilhelm IV. nahm die Bestellung 1844 wieder auf. Mit taugen
Unterbrechungen, hauptsächlich durch die Arbeiten am Friedrichs-Denk-
mal verursacht, wurde dies Werk erst 1852 beendigt. Es war eine
der letzten größeren Marmorarbeiten des Altmeisters, welche 1856
ihre vorläufige Aufstellung in der Potsdamer Bildergalerie fand.
Später stand sie lange an der Hinterwand der sogenannten Theehalle
der neuen Orangerie bei Sanssouci als deren schönster Schmuck, und
ist erst neuerdings zu größerem Schutz gegen die Unbilden der
Witterung auf Anordnung des Kronprinzen Friedrich Wilhelm in
einen anstoßenden Jnnensaal der Orangerie versetzt, wo überdies die
ganz freie Aufstellung die volle Würdigung des Werkes von allen
Seiten zuläßt. In schönster Fülle weiblicher Bildung, die von der
Mythe geforderte Grenze inne haltend zwischen Jungfrau und Weib,
steht sie da mit leise geneigtem Haupt, den unglückseligen Krug ent-
leerend. Man würde sich eine Quellnymphe unter diesem Bilde
denken; doch die auch geistig gebeugte Haltung und die tiefe Trauer
in dem schönen Antlitz erlaubt es nicht. Sie bleibt die Danaide.
 
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