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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0483
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Schwäbisch Gmünd von 1894 bis 1945

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bergischen Landtag statt. Sie brachte auch im Land einen großen Zulauf zur
NSDAP. Die Nationalsozialisten wurden die stärkste Partei, waren aber von der
absoluten Mehrheit weit entfernt. Die Parteien waren so zerstritten, daß eine Regie-
rungsbildung nicht zustande kam. Daraufhin blieb die Regierung Bolz geschäftsfüh-
rend weiterhin im Amt. In dem großen Wahlkreis, zu dem auch Gmünd gehörte,
wurden wiederum die Abgeordneten Dr. Beyerle und Gengier vom Zentrum
gewählt, von den Nationalsozialisten Kling (Unterkochen) und von den Kommuni-
sten der Gmünder Alfred Haag. Dieser war von Haus aus Schreiner; er wurde später
Redakteur der Süddeutschen Arbeiterzeitung und gehörte außerdem dem Gmünder
Gemeinderat an. Die größte Erregung verursachten die beiden Reichstagswahlkämp-
fe des Jahres 1932. Brünings Nachfolger als Kanzler, Franz von Papen, hatte den erst
1930 gewählten Reichstag aufgelöst. Der von Hindenburg brüsk entlassene Brüning
stürzte sich entschlossen in den Wahlkampf. Er sprach auch auf einer vom Zentrum
veranstalteten Kundgebung in Gmünd am 19. Juli. Auf dieser Kundgebung erschie-
nen aus Gmünd und der weiteren Umgebung bis Ellwangen und Göppingen etwa
10 000 Menschen. Sie fand in einem Zelt beim Bürgergarten statt, an der Stelle, wo
heute die Sporthalle steht. Brüning machte auf dieser Versammlung tiefen Eindruck
durch die absolute Sachlichkeit, mit der er sprach, und durch die Gelassenheit, mit
der er auf eine von den Nationalsozialisten herbeigeführte Störung reagierte. Diese
hatten die Stromleitung unterbrochen, so daß die Lautsprecher nicht mehr funktio-
nierten. Das Zentrum war besonders aktiv im Wahlkampf. Die Wahl am 31. Juli
1932 brachte den Sozialdemokraten in Gmünd 1030 Stimmen, den Nationalsoziali-
sten dagegen 2101. Das Zentrum blieb mit 5228 Stimmen die weitaus stärkste Partei
in Gmünd, die KPD errang 1568 Stimmen. Die übrigen Parteien blieben weit abge-
schlagen.
Dieser Reichstag mit seiner nationalsozialistisch-kommunistischen Mehrheit ermög-
lichte keine Regierungsbildung der demokratischen Parteien. So stellte Hindenburg
erneut die Auflösungsordre aus, und das deutsche Volk mußte im November 1932
ein weiteres Mal wählen. Bei dieser Wahl konnte sich das Zentrum in Gmünd im
wesentlichen behaupten, die Nationalsozialisten erlitten beträchtliche Verluste (über
400 Stimmen), die Kommunisten verzeichneten Gewinne. Es ist beachtlich, wen die
Parteien als Redner in den Wahlkämpfen des Jahres aufgeboten haben. Es sprachen
in Gmünd erst Staatspräsident Bolz, dann die ehemaligen Reichskanzler Brüning
und Wirth zu den Reichstagswahlen (beide Zentrum). Zur Juli-Wahl kam auch Kurt
Schumacher nach Gmünd, damals Redakteur in Stuttgart und Mitglied des Reichs-
tags, der 1. Vorsitzende der SPD der Nachkriegszeit und Oppositionsführer im
Bundestag. Außerdem trat zur Juli-Wahl für die Nationalsozialisten Gregor Strasser
auf, damals der zweite Mann in der NSDAP. Er trat im Dezember 1932 wegen Mei-
 
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