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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0482
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Vom Kaiserreich über die Zeit der Weltkriege bis zur demokratischen Republik

der Oberbürgermeister 13 Mitglieder des Gemeinderats, darunter Männer, die die-
sem bzw. dem Bürgerausschuß früherer Zeiten durch Jahrzehnte hindurch angehört
hatten, so Kommerzienrat Hermann Erhard mit 48 Dienstjahren sowie Xaver Scha-
bei, Pius Weikmann und Richard Hartmann. Es schieden auch zwei Sozialdemokra-
ten nach langjähriger Mitgliedschaft im Gemeinderat aus: Christian Zehnder und
Robert Baur. Die SPD war nach dieser Wahl nur noch mit einem Mann im Gemein-
derat vertreten: mit dem Oberlehrer an der Taubstummenanstalt Gottlob Seitz. Weit
stärker waren die Kommunisten; sie stellten drei Stadträte: Lachenmaier, Haag und
Lindner. In dem stark veränderten Gremium wurden 1932 lebhafte, zum Teil leiden-
schaftliche Kämpfe ausgetragen in der Frage, wie man der Not der Zeit wirkungsvoll
begegnen solle. Dabei spielten sich die Auseinandersetzungen hauptsächlich zwi-
schen den kommunistischen Stadträten auf der einen Seite, der Stadtverwaltung
unter Oberbürgermeister Liillig und der Zentrumsfraktion auf der anderen Seite ab.
Wenn wir uns die Kontrahenten von damals vergegenwärtigen, auf der einen Seite
der dialektisch geschulte, scharfzüngige Agitator Lindner, der auch den »Scheinwer-
fer« mit seinen Beiträgen bedachte, ein in den Betrieben und auf der Straße vertriebe-
nes kommunistisches Lokalblatt, dazu die kämpferischen Sozialisten Lachenmaier
und Haag, und auf der anderen Seite ein der bürgerlichen Honoratiorenschicht zuge-
höriger Oberbürgermeister und der unermüdlich tätige Mahringer als Fraktionsvor-
sitzender des Zentrums, dann müssen wir sagen, hier prallten zwei Welten aufeinan-
der.
Das Jahr 1932 war ein hektisches Jahr. Es war das Jahr der fortgesetzten Wahlkämp-
fe, der Deutschlandflüge Adolf Hitlers, der Massenkundgebungen und Demonstra-
tionen, der Straßenschlachten und der politischen Morde. Der Altonaer Blutsonntag
am 17. Juli forderte allein 18 Tote und 61 Verletzte. In das Jahr 1932 fielen zwei
Wahlgänge bei der Reichspräsidentenwahl, zwei Reichstagswahlen und eine Land-
tagswahl; in Gmünd kam noch die Oberbürgermeisterwahl dazu, insgesamt waren
es also sechs Wahlen in einem Jahr. Im Frühjahr 1932 ging die erste Amtszeit des
Reichspräsidenten von Hindenburg zu Ende. Nach der Verfassung wurde der
Reichspräsident vom Volk unmittelbar gewählt, im Gegensatz zum heutigen Bun-
despräsidenten. In Gmünd bildete sich ein Hindenburg-Ausschuß, dem namhafte
Persönlichkeiten angehörten. Auf der zentralen Kundgebung am 11. März sprach
der württembergische Staatspräsident Dr. Bolz, ein Zentrumspolitiker und aufrech-
ter Demokrat. Seine Rede stellte eine scharfe Auseinandersetzung mit dem National-
sozialismus dar. Da Hindenburg beim ersten Wahlgang die absolute Mehrheit knapp
verfehlte, mußte ein zweites Mal gewählt werden. Hindenburg lag bei dieser Wahl in
Gmünd weit voran. Er kam auf 8265 Stimmen; Hitler erhielt 1949 Stimmen und der
Kommunist Thälmann 1077. Wenige Wochen später fand die Wahl zum württem-
 
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