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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0484
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Vom Kaiserreich über die Zeit der Weltkriege bis zur demokratischen Republik

nungsverschiedenheiten mit Hitler von sämtlichen Parteiämtern zurück und wurde
bei der Mordaktion anläßlich des sogenannten Röhm-Putsches 1934 ermordet. Und
schließlich traten damals zwei Liberale in Gmünd auf, die in der Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg große Bedeutung erlangten: Theodor Heuss und Reinhold Maier.
Auch Wilhelm Keil, Landtagspräsident der Nachkriegszeit, trat auf einer Veranstal-
tung seiner Partei, der SPD, in Gmünd auf.
Die Oberbürgermeisterwahl am 11. Dezember 1932 fand im Vergleich zu 1923 unter
völlig veränderten Verhältnissen statt. Außer dem Amtsinhaber kandidierte nur der
kommunistische Landtagsabgeordnete Vollmer aus Heilbronn. Auf eine Kandida-
tenvorstellung verzichtete der Gemeinderat, die beiden Zeitungen traten eindeutig
für Lüllig ein und bekämpften die Wahlmüdigkeit. Lüllig veröffentlichte vor der
Wahl einen umfangreichen Rechenschaftsbericht. Nur 56,8 Prozent der Bürger gin-
gen zur Wahl. Lüllig erhielt 5429 Stimmen, Vollmer 1890. Der führende Kopf im
Gemeinderat war in der Spätzeit der Weimarer Republik Stadtrat Alois Mahringer.
Er war zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Gmünder Siedlungsgesellschaft. Wie-
derholt liefen die Kommunisten Sturm gegen diese Stellung, so in der Sitzung am 29.
Dezember 1932. Mahringer hatte zuvor auf einer Vertreterversammlung der Gesell-
schaft den Fehler begangen, sich bei der Abstimmung mit den Stimmen der Stadt —
er nahm an dieser Versammlung zugleich als Vertreter der Stadt teil — zu entlasten.
Diesen Vorfall benutzten die Nationalsozialisten später, um Mahringer zu Fall zu
bringen. Man gewinnt bei verschiedenen Anlässen den Eindruck, daß Mahringer ein
sehr rühriger und fleißiger Stadtrat war, mitunter etwas eng in seinen Auffassungen.
Es bestand wohl gelegentlich ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen den beiden
führenden Männern an der Spitze der Stadt, zwischen dem Oberbürgermeister und
Mahringer. Dieser drängte den Oberbürgermeister immer wieder, er möchte ihn
aktiver sehen, wie zum Beispiel in der Arbeitsbeschaffung für die Erwerbslosen. Auf
der anderen Seite sprach er sich aus weltanschaulichen Gründen gegen das Schießtal-
seeprojekt des Oberbürgermeisters aus, das doch in hervorragendem Maße geeignet
war, Arbeit zu schaffen.
In Gmünd tobte in den Wochen vor dem 30. Januar 1933 der Kampf um den Schieß-
talsee. Lüllig hatte das Vorhaben vorangetrieben; ihm ging es dabei um die Attrakti-
vität der Stadt und um Arbeitsbeschaffung. Doch am 17. 1. 1933 wurde das Projekt
mit den Stimmen des Zentrums im Gemeinderat abgelehnt. Demonstrativ trat darauf
Stadtrat Eugen Pfeiffer aus der Fraktion aus und legte sein Mandat nieder; für ihn
rückte Fabrikant Paul Köhler nach. Dieser Vorgang löste heftige Polemiken in der
Presse aus.111
Eine der ersten Handlungen Hitlers war es, mit Hilfe des Reichspräsidenten den
Reichstag erneut aufzulösen und damit dem deutschen Volk den dritten Reichstags-
 
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