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Zeitung für Einsiedler: Zeitung für Einsiedler — Heidelberg: Mohr u. Zimmer, 1808

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https://doi.org/10.11588/diglit.1493#0104
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Willen ganz heraus, so daß das Metall in die znberei-
tetc Form gelaufen kam. Da nun der Jung in der
größten Angst sich gar nicht zu helfen wußte, so wagte
cr es endlich doch und ging in die Stube, wo der Mei-
ster war, bekannte alles und bat um Gotteswillen um
Verzeihung. Der Meister aber war voller Zorn und er-
stach den Lungen auf der Stelle, kam voll Jammers
heraus, und als er nach der Verkühlnng abgeraumet,
siche, so war die Glocke ganz vortrefflich ausgegossen,
kehrte darum mit Freuden in die Stube und fand erst,
was er für Nebels gethan, und daß der Lehrjung ver-
storben war.
Hierüber ist derselbe Meister eingezogen und zum
Schwerdt verurtheilt worden. Da hat cr, weil man die
Glocke immittelst aufgezogen, gar flehentlich gebeten,
er möchte ihren ResonanS auch wohl hören, wenn er
vor seinem letzten End die Ehr von den Herren haben
könnte, welches ihm auch willfahret worden ist, und
dem zufolge wcrd allen Malefizpersonen diese Glocke
gezogen.
Zu Attendorn wohnte einmal eine Wittwe, die schickte
ihren Sohn nach Holland, die Handlung zu lernen.
Dieser Sohn stcllete sich aber so wohl an, daß cr alle
Jahr seiner Mutter von dem Erwerb schicken konnte.
Einsmals sendete er eine Platte von klarem Gold, aber
schwarz angcstrichen neben andern Maaren, so daß die
Mutter von dem Werth dieses Geschenks unberichtet,
dieselbe unter eine Bank in ihrem Laden stellte, allwo
sie stehen blieb, bis ein Glockengießer ins Land kam,
bey welchem die Attendorner eine Glocke zu gießen und
und das Metall von der Bürgerschaft erbetteln zu lassen,
beschlossen. Die, welche das Erz sammelten, bekamen
verschiedentlich allerhand zerbrochene Häfen dazu ge-
schenkt, und als sie vor der Wittwe Thür kamen, so
gab sie ihnen ihres Sohnes Gold, weil sie es nicht
kannte und sonst kein zerbrochen Geschirr hatte.
Der Glockengießer, demnach Arensberg verreist
war, auch dort einige Glocken zu gießen, hatte einen
Gesellen zu Attendorn hinterlassen mit Befehl, die Form
zu fertigen und alle sonstige Anstalten zu treffen, mit
dem Guß aber einzuhalten bis zu seiner Ankunft. Als
aber der Meister lang ausblieb und der Gesell gern selbst
eine Prob thun wollte, so fuhr er mit dem Guß fort,
und verfertigte 'den Attendornern eine von Gestalt und
Klang so angenehme Glocke, daß sie ihm solche bey sei-
nem Abschied (denn er gedachte zu seinem Meister nach
Arensberg, ihm die Zeitung von der glücklichen Ver-
richtung zu bringen) so lang nach läuten wollten, als
er die Glocken hören könnte. Ueber das folgten ihm

etliche nach mit Kanten in den Händen und sprachen
ihm mit dem Trunk zu. Als er nun in solcher Ehr und
Fröhlichkeit bis auf die steinerne Brücke gelanget, wel-
ches Halbweges ist, so begegnet ihm auf einmal sein
Meister, welcher alsobald mit den Worten: Was hast
du gethan du Bestia! ihm eine Kugel durch den Kopf
jagte. Zu den Geleitsmännern aber sprach der Meister:
Der Kerl hat die Glocke gegossen wie ein Schelm, er
wäre erbietig solche umzugießen und der Stadt ein ganz
ander Werk zu liefern. Ritt darauf hinein und wieder-
holte seine Reden, als ob er den Handel gar wohl auS-
gerichtet. Aber er wurde wegen der Mordthat ergriffen,
uud gefragt: was ihn doch dazu bewogen, da sie mit
der Arbeit des Gesellen vollkommen zufrieden gewesen?
Endlich bekannte er: wie er an dem Klang abgenom-
men, daß eine gute Quantität Gold bey der Glocke
wäre, so er nicht dazu kommen lassen, sondern wegge-
zwackt haben wollte, dafern sein Gesell befohlenermaßen
mit dem Guß seine Ankunft abgewartet hätte, weswe-
gen er ihm den Rest gegeben.
Hierauf wurde ihm der Kopf abgeschlagen, dem
Gesell aber auf der Brücke, wo er sein End genommen,
ein eisern Kreuz zum ewigen Gcdächrniß aufgerichtet.
Unterdessen konnte niemand ersinnen, woher das Gold
zu der Glocke gekommen, bis der Wittwe Sohn mit
Freuden und Rcichthum beladen nach HauS kehrte und
vergeblich betrauerte, daß sein Gold zwey umS Leben
gebracht, einen schuldig und den andern unschuldig,
gleichwohl hat er dieses Gold nicht wieder verlangt,
weil ihn Gott anderwärts reich gesegnet.
Längst hernach trug cs sich zu, daß das Wetter in
den Kirchthurm geschlagen, uud wie sonst alles verzehrt
außer dem Gemäuer, auch die Glocken geschmelzt. Wor-
auf in der Asche Metall gefunden worden ist, welches
an Gestalt den Goldgülden gleich gewesen, woraus man
auch den Thurm wieder hergestellt und mit Bley hat
decken lassen.

Becherklang.

Seit nun Gott die Welt durchschnitten
Mit der Allmacht sausend Schwerdr,
Liegt in Lag und Nacht inmitten
Wer des Weines Becher leert:
Lief und dunkel zieht der Becher,
Licht und strahlend singt der Zecher,
Schwingt den Huth und jubelnd singt.
Daß der Becher schwirrend springt.
 
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