20
Gundeland 766—778.
geschehen ist; mehrere Klöster verdmiken ihre Gründung denr Kloster
zu Lorsch. Letzteres ist vielleicht sein höchster Ruhm; denn die Klöster
gehören nun einmal nnch katholischen Begriffen zum Leben der Kirche,
welche in ihuen ihre edelsten Blüthen treibt: sie ivaren gleichsam Herde,
an welchen sich die ganze llmgegend erwarmte. So wenig heutzu-
tage opferwillige Christen mit ihren Spenden die Klöster ausstatteten,
wenn sie wüßten, daß ihre Opfergaben eine schlechte oder keine Ver-
wendung fänden, eben so wenig hätten vor tausend Jahren die Wohl-
thäter Lorschs, nnter gleicher Voraussetzung, das Kloster so reichlich
bedacht. Nicht die Fürsten, nicht die Ritter aus den Burgen sorgten
für Bildung — sie hielten sich gar nicht dazu berufen; sondern weil
durch die Klöster dieser Zweck erreicht werden sollte, deßhalb sorgte
man auch für ihre Gründung und Ausstattung. Man ist zwar geneigt, anzu-
nehmen, da, wo ein Kloster gestanden, habe drückende Noth geherrscht;
doch wer vermag den Beweis zu bringen? Das Gegentheil, daß mit Auf-
hebung der Klöster Verarmung cingetreten, ist bestätigt, besonders in der
Geschichte Englands. Der Reichthum der Klöster ging nach deren Zer-
störung in die Hände einzelner Besitzer über, welche sich um das Elend
ihrer Mitmenschen wenig oder gar nicht kümmerten, deren Noth sogar zn
ihrem Vortheile ausbeuteten. Wir werden hingegen von einem spätern Abte
hören, wie viel er zur Zeit einer Theuerung und Hungersnoth gethan.
Daß das Kloster Leibeigene hatte, was uns so eigenthümlich vorkommt,
kann ihm nicht zum Vorwurfe gemacht werden; es gab deren im gan-
zen Mittelalter und in allen Ländern. Die Leibeigenen hattcn nur die
Wahl, Leibeigene eiues geistlichen odcr weltlichcn Fürsten zu sein, und
gewiß standen sie lieber unter dem Krnmmstabe der Bischöfe nnd Aebte;
ja, es kam vor, daß besitzende Leute ihr weniges Eigenthum uud sich
als Leibeigene an geistliche Herren vergnben, um nicht von dem mächti-
gen weltlichen Nachbar erdrückt zu werden: als Leibeigene waren sie
auch Schützlinge ihres Herrn. Die Anderen, welche Aecker nnd Gütcr
in Pacht hatten, zahlten mäßigen Zins, der nicht mit Härte eingetrie-
ben wurde. Durch Aufhebung der Klöster sind die Verhältuisse nur in
sofern anders geworden, als einzig und allein der Herr des Kloster-
guts gewechselt hat; mit dem Volke blieb es beim Alten. Durch diese
Veränderung hat das Volk im Allgemeiuen keinen Vortheil erfahreu.
Arme sind in die Hände der Wucherer gerathen; für Kranke mußte vou
Neuem in andcrcr Weise gesorgt werdeu. Wer ein Feind der Klöster
ist, meiß eben nicht, was sie geleistet haben; ohne Klöster wäre die
Meuschheit nicht so weit und so schnell in Bildung und Veredlung
vorangeschritten, als es in der Thnt geschehen ist.
Es sei hier noch einer großen, glücklicher Weise schuell vorüberge-
Gundeland 766—778.
geschehen ist; mehrere Klöster verdmiken ihre Gründung denr Kloster
zu Lorsch. Letzteres ist vielleicht sein höchster Ruhm; denn die Klöster
gehören nun einmal nnch katholischen Begriffen zum Leben der Kirche,
welche in ihuen ihre edelsten Blüthen treibt: sie ivaren gleichsam Herde,
an welchen sich die ganze llmgegend erwarmte. So wenig heutzu-
tage opferwillige Christen mit ihren Spenden die Klöster ausstatteten,
wenn sie wüßten, daß ihre Opfergaben eine schlechte oder keine Ver-
wendung fänden, eben so wenig hätten vor tausend Jahren die Wohl-
thäter Lorschs, nnter gleicher Voraussetzung, das Kloster so reichlich
bedacht. Nicht die Fürsten, nicht die Ritter aus den Burgen sorgten
für Bildung — sie hielten sich gar nicht dazu berufen; sondern weil
durch die Klöster dieser Zweck erreicht werden sollte, deßhalb sorgte
man auch für ihre Gründung und Ausstattung. Man ist zwar geneigt, anzu-
nehmen, da, wo ein Kloster gestanden, habe drückende Noth geherrscht;
doch wer vermag den Beweis zu bringen? Das Gegentheil, daß mit Auf-
hebung der Klöster Verarmung cingetreten, ist bestätigt, besonders in der
Geschichte Englands. Der Reichthum der Klöster ging nach deren Zer-
störung in die Hände einzelner Besitzer über, welche sich um das Elend
ihrer Mitmenschen wenig oder gar nicht kümmerten, deren Noth sogar zn
ihrem Vortheile ausbeuteten. Wir werden hingegen von einem spätern Abte
hören, wie viel er zur Zeit einer Theuerung und Hungersnoth gethan.
Daß das Kloster Leibeigene hatte, was uns so eigenthümlich vorkommt,
kann ihm nicht zum Vorwurfe gemacht werden; es gab deren im gan-
zen Mittelalter und in allen Ländern. Die Leibeigenen hattcn nur die
Wahl, Leibeigene eiues geistlichen odcr weltlichcn Fürsten zu sein, und
gewiß standen sie lieber unter dem Krnmmstabe der Bischöfe nnd Aebte;
ja, es kam vor, daß besitzende Leute ihr weniges Eigenthum uud sich
als Leibeigene an geistliche Herren vergnben, um nicht von dem mächti-
gen weltlichen Nachbar erdrückt zu werden: als Leibeigene waren sie
auch Schützlinge ihres Herrn. Die Anderen, welche Aecker nnd Gütcr
in Pacht hatten, zahlten mäßigen Zins, der nicht mit Härte eingetrie-
ben wurde. Durch Aufhebung der Klöster sind die Verhältuisse nur in
sofern anders geworden, als einzig und allein der Herr des Kloster-
guts gewechselt hat; mit dem Volke blieb es beim Alten. Durch diese
Veränderung hat das Volk im Allgemeiuen keinen Vortheil erfahreu.
Arme sind in die Hände der Wucherer gerathen; für Kranke mußte vou
Neuem in andcrcr Weise gesorgt werdeu. Wer ein Feind der Klöster
ist, meiß eben nicht, was sie geleistet haben; ohne Klöster wäre die
Meuschheit nicht so weit und so schnell in Bildung und Veredlung
vorangeschritten, als es in der Thnt geschehen ist.
Es sei hier noch einer großen, glücklicher Weise schuell vorüberge-