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Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0103
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Das Haupterzeugnis der Seidenweber in Panopolis?Achmim sind Stoffe,
die nach ihren abgepaßten Mustern von vornherein dazu bestimmt waren, in
Clavusstreifen mit runden Endstücken und in viereckige oder runde Tunika?
besätze zerschnitten zu werden. Das South Kensington Museum besitzt eine
Leinentunika aus Achmim, auf der die ganze, auf Tafel 3 in Originalgröße ab?
gebildete Seidenclavatura wenn auch arg zerschlissen, noch beisammen ist
(Abb. 58): die vom Hals über Brust und Rücken herabgehenden Claven mit
runden Anhängseln, die viereckigen Ärmelbesätze mit Reitern gleich dem roten
Stück auf Tafel 3 c, und die (auf T. 3 fehlenden) Rundfelder oder orbiculi über
den Knien (Abb. 59). Der Tunika fehlen nur die großen Rechtecke für die
Schultern, von denen eins T. 3 b abgebildet ist. Einzelstücke dieser Clavatura
sind in vielen Sammlungen vorhanden; sie tragen oft an verschiedenen Stellen,
wie Tafel 3 zeigt, in griechischen Buchstaben eingewebt die Bezeichnung
ZAXAPIOY, vereinzelt auch den Namen 1QCH<P}) Die Namen können sich
nicht, wie Forrer meinte, auf die dargestellten Reiter beziehen, weil die In?
schritten auch auf rein ornamentalen Stücken innerhalb des Rankenwerks an?
gebracht sind; ebensowenig sind sie auf einen Besteller und Besitzer des Stoffes
zu deuten. Dem würde schon die Häufigkeit der mit Zachariu bezeichneten
Stücke widersprechen. Die Schriften sind nichts anders, als die Bezeichnung
des Webers und die beiden Namen Zacharias und Joseph weisen offenbar eher
auf koptische, als auf griechische Abkunft der Meister.

Die Musterung der Zachariasstoffe bilden vornehmlich Pflanzenformen,
die in ihrer Durchbildung vom klassischen Stil, aus dem sie kommen, sich
schon ziemlich weit entfernt haben. Nur bei dem von der Zachariaswerkstatt
bevorzugten Randmuster aus abwechselnd nach außen und innen gerichteten
Palmetten (vgl. Abb. 59 u. 60) ist das gut antike Vorbild der intermittierenden
Wellenranke fast unverändert geblieben; sie ist in gleicher Gestalt schon im
3. Jahrhundert am Deckelgesims des Hochzeitssarkophags im Hof des Pa?
lazzo Riccardi zu Florenz nachzuweisen,2) ferner als Gesimsornament am dio?
kletianischen Jupitertempel in Spalato.3) Andere Formen sind dem syro?
aegyptischen Kunstkreis eigentümlich und finden ihre nächsten Analogien in
den Seidenstoffen von Antinoe und Alexandria, die beide auf die Weberei von
Achmim vorbildlich eingewirkt haben. Hierher gehören die paarweis und
symmetrisch verwendeten drei? und vierlappigen Blätter, die vom Akanthus
de oder der Halbpalmette herstammen können. Ebenso wie auf den Antinoe?
clavusgewebtv.Za* Stoffen T. 2 a, b, d sind sie im Anhängsel des Zachariasclavus (s. T. 3 a u. Abb. 60)
tajihSrhAKg^m nach un*en, an anderer Stelle nach oben gerichtet. Hier ist die Ähnlichkeit
Berlin. besonders augenfällig mit dem Justinusdiptychon vom Jahr 540 (s. Abb. 39),
das uns ein fest datiertes oströmisches Beispiel dieser Blattform vorführt.
Auch die Herzform ist den Seidenmustern von Antinoe und Panopolis gemeinsam.
Während sie aber in der Hadriansstadt (vgl. namentlich den Zebrastoff T. 2d, Abb. 44)
selbständig, sozusagen in Reinkultur auftritt, ist sie auf dem bezeichneten Schulterbesatz
des Zacharias (s. T. 3b) und auf einem Clavusfragment desselben Webers (Abb. 61) noch
mit dem Rankenwerk organisch verbunden, so daß der vegetabile Ursprung, die Entstehung
aus antiken Palmettenbildungen hier ganz deutlich wahrzunehmen ist. Ebenso gewähren
die Zachariasstoffe erwünschte Aufklärung über die Abkunft jener Blätter mit gekrümmter

0 Vgl. Forrer, Römische u. byzant. Seidentextilien aus AchminvPanopolis T. 5 nr. 1.
2) Abgeb. Strzygowski, Orient oder Rom fig. 20, Phot. Alinari 3009.
0 Riegl, Stilfragen fig. 131.

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