Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0102
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fruchtkorb zu sehen, da dieses Motiv auf
alexandrinischen Knochenreliefs1) und auf
Wirkbildern aus Ägypten2) häufig wieder?
kehrt. Die stemmende Armhaltung ist
außerdem jener weiblichen Figur auf einer
der ägyptischen Elfenbeinplatten an der
AachenerMünsterkanzel eigentümlich, die
Strzygowski als Stadtgöttin von Alexan?
dria gedeutet hat. 5) Die Figuren des Sitte?
ner Stoffes sind wohl stellenweise etwas
eckig und verzerrt, wie das die Webe?
technik leicht mit sich bringt; Haltung
und Bewegung bleiben aber noch ganz im
Rahmen der antiken Formensprache und
sind unberührt von den koptischen Ent?
Stellungen, die das Nereidenrelief der
Aachener Kanzel4) aufweist. DerSittener
Stoff ist demgemäß auch noch in das
5. Jahrhundert zu setzen, womit die feinen
und zierlichen Akanthusranken wohl
übereinstimmen.

Aus einer Kirche in Aschaffenburg
ist ein kleiner Rest eines Seidenstoffes
ganz verwandter Beschaffenheit in die
Berliner Stoffsammlung gekommen, der
anscheinend nur mit Ranken gemustert
war (die Abbildung ist mit dem Nereiden?
stoff vereinigt).

Abb. 58. Leinentunika mit Seidenbesätzen des Zacharias. Achmim

6. Jahrh. S. Kens. Mus.

D. Die koptischen Seidenstoffe von Achmim.

Aus den Gräbern von Panopolis, die so viel spätantike und koptische Wirkereien ge?
liefert haben, stammt auch eine Gruppe von Seidenstoffen, die durch die Gleichartigkeit
der Muster und Farben als die Arbeiten eines gemeinsamen Betriebsortes sich zu erkennen
geben. Wenn auch nicht ausgeschlossen ist, daß einige Stoffe der fraglichen Gruppe aus
anderen Grabstätten herrühren, so spricht doch alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß der
Hauptfundort Panopolis auch der Sitz der Werkstätten gewesen ist. Seit Alters wegen ihrer
Webereien bekannt, beherbergte die oberägyptische Stadt eine starke koptische Bürgerschaft.
Und in der Vermischung heidnischer und christlicher Figuren auf den hier gefundenen Ge?
weben verrät sich koptischer Geist, während eine gewisse Einförmigkeit und Unbeholfenheit
auf Oberägypten hinweist.

Ein gemeinsames Merkmal der Panopolisstoffe ist die Zweifarbigkeit. Während in
Antinoe und der nächstfolgenden alexandrinischen Gruppe die Mehrfarbigkeit vorherrscht,
steht hier das Muster immer einfarbig hell, gelb oder weiß, auf dunklem Grund. Er ist
entweder grün oder rot oder violett; auch brauner Grund kommt vor, scheint aber nur durch
Verwitterung einer der genannten Farben entstanden zu sein.

0 Vgl. Wulff, Katalog der altchristl. Bildwerke im Kaiser Friedrich Museum T. 15 nr. 372.
2) Gerspach flg. 1.

0 Hellenistische und koptische Kunst in Alexandria S. 47.
') Vgl. Strzygowski a. a. O. fig. 26, S. 43.

43
 
Annotationen