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184

Die Propheten.

(Schluß.),

2. Der Wetterprophet. Wir haben es hier mit
keinem gewöhnlichen Wetterpropheten zu thun, der den Kalender
zu Ralhe zieht und auf die ordinären Wetteranzeichen merkt, in
die jeder Bauer und jedes Kind eingeweiht sind. Wenn die
Wolken weiße lange Streifen am Himmel bilden, so bekommen
wir Wind; wenn die Sonne blutroth hinter Wolken untergeht,
so gibt es morgen einen regnerischen Tag; wenn das Feuer
spukt oder wenn die Hühneraugen schmerzen, so ändert sich das
Wetter und dergleichen — nein! mit solchen Bauernregeln hat
es unser Wetterprophet nicht zu thun. Er hat vielmehr seine
Vorhersagungen in ein wiffenschaftliches System gebracht, er
spekulirt in's Große, in die fernsten Zeiten, er sagt auf Jahre
das Wetter voraus, ja, wie der bekanntermaßen nie trügende
hundertjährige Kalender, auf Säcula.

Hat er einmal einen schönen Tag angekündigt und der
rebellische Tag straft ihn durch Regengüße Lügen, so regnet
es doch für ihn nicht; er behält recht, und er beweist dieß
dadurch, daß er ohne Regenschirm eine Landpartie macht,

bis auf die Haut durchnäßt
nach Hause kommt, und gegen
seine ihn auszankende Frau keck
und geringschätzig behauptet:
„Das sollRegen sein? cs tröpfelt
ja nur; ja wenn ihr gewöhn-
lichen Leute so ein Tröpfeln
Regen nennt, dann regnet es
alle Tage." —

Was hilft es, daß seine Frau
die ganz durchnäßten Kleider
vor ihm ausringt und auswin-
det? Er bleibt auf seinem Satze
stehen: es seien nur einzelne
Tropfen gefallen und der ganze
Spaß nicht der Rede werth. —

Für das Jahr 1844 sagte er
einen empfindlich kalten April
voraus, aber die Aprilsonne
brannte wie im Hochsommer.
Unser Wetterprophet ließ sich keineswegs schrecken. Man sah
ihn täglich Mittags die Ludwigsstraße entlang gehen, wie ein
Grönländer tief in den Mantel gehüllt, eine Pelzmütze mit
Ohrlappen auf dem Kopfe, Ueberschuhe an den Füßen, Pelz-
handschuhe an den Fäusten. Der Schweiß rann ihm von der
Ssirne. Dennoch klagte er gegen alle Bekannte, die ihm zu-
fällig begegneten, über die für den Aprilmonat ganz unnatürliche
empfindliche Kälte, und schüttelte sich vor Frost. —

„Aber wie können Sie es nur in dieser entsetzlichen
Hitze aushalten?" fragte ein Bekannter. „Sie sind über

und über Pelz wie ein
Eisbär, und uns übrigen

K gescheiten Leuten ist es noch

8rack und in Sommer

fcggjfr k j 1 beinkleidern zu warm."

| l'sy [ „Weil Sie eine Ver-

schwörung gegen mich ange-
stiftet haben und weil Sie
mich verspotten wollen,"
antwortete der erzürnte
Vf i Wetterprophet.'„Man sieht

vs,5 es Ihnen an, wie sehr
Sie in Ihren Sommer-
$°fen frieren. Lasten Sie
' das dumme Zeug sein und
U^BPSI!Ä.JllPw ß \ verwahren Sie sich bester,

sonst^ ziehen Sie sich noch

so empfindlich kalten, schnei-
denden Ostwind gehabt wie Heuer." Am meisten hatten hierbei
seine Frau und seine K indcr zu leiden, da er zu Hause wie bei
einer Kälte von 20° einheizen ließ und in allen Zimmern eine
schwebende Hitze unterhielt. Die Fenster wurden von Neuem
mit Moos verstopft, der Bettwärmer wieder hervorgeholt, kurz
eine Menge Anstalten getroffen, um die Sommerhitze des Aprils
Lügen zu strafen.

Umgekehrt hatte er für das Jahr 1845 einen äußerst
milden, frühlinghasten Februar, einen maiähnlichen, mit Veil-
chenduft, Lerchengesang und Baumblüthe überreich gesegneten
März prophezeit. Wir erinnern uns noch Alle an die kam-
schadalische Wuth, womit der Februar und März vom Jahr
1845 gegen Mensch und Vieh aufgetreten sind. Die Hasen

erstoren im Felde, und, wenn wir uns gestatten dürfen, es
auszusprechen, die zartgliedrigen Flöhe im Bette. Die Sonne
schüttelte sich, der Mond klapperte vor Frost und die Sterne
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Die Propheten"
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Serientitel
Fliegende Blätter
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Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Entstehungsort (GND)
München

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Fund/Ausgrabung

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Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Wetter <Motiv>
Regen <Motiv>
Schnee <Motiv>
Karikatur
Hitze <Motiv>
Satirische Zeitschrift
München

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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 1.1845, Nr.17, S.134

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