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I> i c Petroleumlampe.

„Der Schlingel ist sehr verliebt!"

„Dann freilich . . rief einer der Lackfische, hielt sich aber
schleunig den Mund.

„Aber wenn es auch der Bursche vergaß", ergriff jetzt der
Hausherr in eigener person das Wort, „so ist doch das Dienst-
mädchen da!"

„Das Dienstmädchen? Ach du lieber Gott! Außerdem hat
sie den Befehl, nur aus das Klingelzeichen zu kommen."

wieder lastete Schweigen auf den Gemiithern. Nur der Brumm-
baß hielt es an der Zeit, das Gespräch in Gang zu bringen, und
fing, vorerst noch schüchtern, mit seinen Nachbarn die vorige Er-
örterung wieder an.

„Beil dem weinchen!" trank der Referendar dem wirthe zu,
nur um was zu sagen; wie die Schnecke nach dem Regen wagte sich
dann einer nach dem andern wieder heraus, und der Weißbaum-
wollene servirte die Eigarren.

wer am meisten über die Störung verdrießlich gewesen, war
der Nachbar mit dem Vollmondgesicht; damit endlich wieder ein
lautes Wort falle, rief er dem Refereudar kräftig zu: „Feuer
gefällig?"

Bei dem Worte „Feuer" schraken lserr und Frau Major zu-
sammen, Alles stutzte — mit einem Mal war cs; wieder
da, das alte, brütende, lastende Schweigen.

verlegen sah das Vollmondgesicht auf deu Referen-
dar; dieser begriff, daß jetzt etwas geschehen mußte.

Es war ihm sehr verdrießlich, aus seiner behaglichen
Ruhe aufgestört zu werden, wie froh war er, als die
Tischordnung es gefügt hatte, daß keine Dame an seiner
Seite war und er sich ungestört seinem Mosel hingeben
konnte! 2tbcr Donner-
wetter — jetzt erforderte
die Situation einen Mann,
und da galt kein Feiern.

Schon in den Eorps-
kneipen waren seine Bier-
reden berühmt, und wenn
ihn der Furor heftiger
packte, verstieg sich seine
Improvisation zu Versen.

Rasch entschlossen, stürzte
er sein Glas hinunter und
sprang auf.

„Meine Damen und
Herren!.." fing er an.

Noch wußte er selber nicht,
wo er hinaus wollte;
so ritt er zunächst einen

alten Schimmel, der immer paßte. „Meine Damen! Schopenhauer
schrieb bekanntlich ein Buch „die Welt als Wille und Vorstellung".
Mir ergeht es wie ihm; ich habe den willen zu reden — aber
noch keine Vorstellung, was ich eigentlich sagen soll!"

Da er durch anfmunterudes Gelächter — ach, mau war so
aufmunternd I — sofort unterstützt wurde, brachte er noch einige
Redeblumen an und entschloß sich, ans einen Damentoast los-
zusteuern. Es ging vortrefflich. Alles schien gewonnen; man
lachte bereits wieder aus voller Kehle. Da ließ er sich im Eifer
des Erfolges verleiten, in's Gereimte überzugehen, und damit
begab er sich auf's Glatteis. Vordersatz auf Vordersatz hatte er schon
gebaut und konnte noch immer keinen Reim zum Nachsatz finden;

die periode war bereits schwindlig hoch und drohte umzusallen.
„Reichthum", Heiligthum" hatte er soeben gebraucht; vergeblich
schnappte er nach einem weiteren Reim zu der „Frauen Ruhm"
da entschlüpfte ihm das in jeder Beziehung bedenkliche Wort:
„eine Leuchte wie Petroleum —

Es wirkte wie ein kalter Wasserstrahl. Alles schrak zu-
sammen; der Major schien das Wort für eine beabsichtigte An-
spielung zu nehmen. — Nach einer pause, die nicht enden wollte,
begnügte er sich, zu seiner Frau zu sagen: „Er wird sie schon
ausgelöscht haben!"

„wenn er es aber nicht gethan?!" seufzte diese, und ihre
Miene nahm den schmerzgepeinigten Ausdruck des Laokoon an.
„Was kann für ein Unglück geschehen sein! . . Mein armer

Fritz!"

„Aber wenn er sie auch nicht ausgelöscht hat", wagte jetzt
der Bausherr eineu neuen Anlauf, „so ist ja doch durch nichts
bewiesen, daß Fritz erwacht ist und den versuch gemacht hat, sie
zu löschen. Sie kann ja ruhig weiter gebrannt haben!"

Ein Hoffnungsstrahl leuchtete jetzt auf dem schmerzerfüllten
Antlitz der Majorin; gleich darauf schüttelte sie das Haupt und
sprach: „Nein, nein, ich kenne meinen Fritz; er kann bei Licht
nicht schlafen; im günstigsten Fall wälzt er sich
in den schwersten Träumen!"

wieder folgte ein peinliches Schweigen. Der
Major sah seufzend nach der Uhr. „Er wird
sie ausgelöscht haben!" sprach er mechanisch vor
sich hin.

„Ist denn die Lampe groß?" warf jetzt die
Hausfrau schüchtern ein.

„Nein, von mittlerer
Größe!"

„Dann muß sie ja bei
Zeiten ausbrennenl"

Ls wurden nun allge-
meine und tiefsinnige Be-
trachtungen augestellt, wie
lauge es dauert, bis eine
Petroleumlampe ausbrennt.
Einer hatte eine Lampe im
Besitz gehabt, die sogar nicht
länger als zwei Stunden
brannte und ihn nöthigte,
immer vor Mitternacht zu
Bett zu gehen.

Der Brummbaß in fei-
nem Rechtsgefühl bestritt
jedoch diese Behauptung und
ließ sich trotz der warnen-
den Blicke der Bausfrau iu seiner Auseinandersetzung nicht
stören - das -könne nur möglich sein, wenn die Lampe unge-
wöhnlich blake.

Diese Bemerkung war nun ganz verfehlt.

„Das kann unsere Lampe auch gethan haben, und wenn Fritz
nicht verbrannt ist, so ist er gewiß erstickt. . . Erwin!" Damit
sprang die Majorin aus. „Ich ertrage es nicht länger! wenn
auch der Zug erst um zwei Uhr geht, so nimm einen wagen
und wir fahren hinaus!"

wieder wurden Einwendungen laut. Damit sei nichts gewonnen,
denn die Fahrt dauere zwei Stunden; außerdem seien die Wege
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Petroleumlampe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Langhammer, Arthur
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 118.1903, Nr. 2998, S. 16

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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