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Der Weihnachtsbsum.

Lin Märchen von (D. Icgerl.

/jCJ-s war Weihnachtsabend. Die gute Stube, die sonst be-
scheiden zu schlummern pflegte, wenn der letzte Blick der
Abendsonne sie gestreift hatte, strahlte in Hellen, Lichterglanz;
und das Glück der reinen Freude strahlte aus den Augen der
Kleinen und Großen, die da schauten und plauderten unter dem
schimmernden, glitzernden Tannenbaum.

Da pochte es ganz leise an's Fenster; es waren die Zweige
der alten Linde, die vom Garten aus traurig in die Stube herein-
blickte. Sie konnte mit ihren schlanken Fingern eben das Fenster
erreichen und tippte an die Scheiben, weil sie mit dem Lhrist-
bäumchen reden wollte.

Wenn Bäume miteinander flüstern, das ist eine eigene
Sprache, die man nicht immer versteht; aber an diesem Abend
konnte man die Gedanken der beiden errathen.

„Na, wie kommst du dir denn eigentlich vor," sprach also
die Linde, „hier in der schönen, warmen Stube? Alan hat dich
eigens vom Walde hcreingeholt, hat dir behutsam den Schnee
von, Kleide gestaubt, hat dich am schönsten Plätzchen der
Wohnung auf einen Tisch gestellt, damit du größer scheinest,

als du bist, hat dich mit goldenen und silbernen Früchten
geschmückt — als wären es deine Früchte. Alt und Jung
schaaren sich um dein dünnes Stämmchen •— und ich muß hier
außen stehen und frieren und sehen, ivie man dich, den fremden
Eindringling, ehrt in der Familie, die Mir an's Nerz ge-
wachsen ist. Gerade Ich muß das mit ansehen, Ich, der ge-
treue Schirmer des bsauses, der alte Freund und stille vertraute
langer, langer Jahre! Urgroßmütterchen ließ mich Zusehen,
wie cs mit seine», Liebsten den ersten Kuß tauschte — und
ihr Töchterchcn hat's ebenso gemacht, und die Alutter sehe ich
noch vor mir, in, Frühlingskleid — ach, ich könnte weinen,
wenn ich so zurückdenke l . Aber an mich denkt heute Niemand,
Niemand holt mich zu», Feste — und Zusehen muß ich, wie du
dastehst in geborgtem Glanz, geliebt, besungen, beschenkt und
geputzt. . .."

Das Weihnachtsbäumchen hatte Alles wohl verstanden; dicke
Wachsthränen perlten über sein schmuckes Kleid herunter und es
antwortete — ganz leise: „Beneidest du mich wirklich — um
mein Sterbekleid?" — —

—l-G- Das feine Dienstmädchen.

„. . . Ich brauche ein Mädchen mit feinen Manieren!" — „Da können Sie meinethalben
ganz beruhigt sein, gnädige Frau — ich könnte die Tochter vom seligen Knigge sein!"


Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das feine Dienstmädchen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Kirchner, Eugen
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 118.1903, Nr. 2999, S. 34

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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