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Farrnkraut die Tagshitze über zu rasten, rollte sich zusammen
und schlief bald ein.
Nun traf es sich, daß im selben wäldlein ein Zigeuner-
hauptmann mit Troß und wagen gelagert war, und die Aelteste
der Bande, die eine mächtige lqexe und Zauberin, war ausgezogen,
einen Lrtrabissen für des lqauptmanns Schnabel zu ergattern.
Die Bäuerinnen im Dorf hatten aber Gänse und Luten wohl
in, Stall verwahrt; auch kein verlaufen ksühnlein war zu er-
schnappen gewesen. D'rum freute sich das Weib über die Maßen,
da sie im Walde von ungefähr das feiste Jglein fand, rollte es
fürsichtig in die Schürze und trug es zur Lagerstatt.
Dort richtete sie alfobald einen steifen Lehmbrei und wickelte
das schlafende Jglein gar sänftlich hinein, es wie einen Schinken
nach Prager Art in Brodteig zu backen. Dem Zglein trämnte, es
werde in ein seidenweich Lotterbettlein gelegt; doch wie man ihm
die Daunendecke bis über die Nase zog, da ward ihm des Atheins
bange, so daß es erwachte und voll Schrecken aus dem (pualst
herausschrie: „Ach, wäre ich doch ein Graf geworden!" Und wie
das Zigeunerweib sich die Hornbrille zurechtschob, den Schreihals
genauer zu besehen, da schrie er noch einmal: „Ach, wäre ich doch
ein Prinz geworden!"
wie ihn das Weib nun fragte, was das heißen solle, er-
zählte ihm das Iglein weinend, warum es von Hause fort-
gemußt in die weite Welt, „Heiah, mein Söhnlein, das kündest
Du genau noch zur rechten Zeit! Du bist in der That schon ein
Ueberigel, und wenn Dich unser Hauptmann gegessen hätte, wärest
Du ihm wie Blei im Leib gelegen, sintemalen einen Ueberigel
nicht einnial ein Zigeunermagen zu verdauen vermag; ich aber
wäre gar bös gezaust und gebläut worden! Deß zum Dank will
ich aus Dir einen Prinzen machen."
D'rauf sprach die Hexe: „Lbra caäadra Castro biste lastrol“
und da stand Prinz Igel mit seidenen pluderhöslein angethan,
hatte ein Stachelmäntelein um und ein Stachelbarettlein auf dein
Haupt. Lr trug das Näslein hoch und fragte: „was kostet die
Welt und noch sieben böhmische Dörfer dazu?I"
Damit er sie nun auch wirklich bezahlen könne, wenn der
Rauf einmal zu Stande käme, steckte ihm das Zigeunerweib noch
zweeen Silbergroschen in die
Tasche, sagte, das fei feine
Apanage, und hieß ihn aus-
ziehen, sich ein Königreich
zu suchen.
Das erste, an den: er vor-
beikain, war das des Zaun-
königs. Ls däuchte ihm aber
viel zu klein, als daß er
feine Apanage darin mit
Anstand möchte verzehren
können, und obschon ihm der
König nachschrie, daß bei
fjofc gerade der Posten
eines wirklichen geheimen
Gbernestputzers — mit der
Aussicht, binnen kurzem wirk-
licher Staatsminester zu wer-
den — frei fei, so sah er sich
doch gar nicht um und ging
weiter.
So kam er allmählig in einen Wiesengrund und da dieser
anhub, feucht zu werden, sah er, daß er sich dem Reiche des
Froschkönigs nähere. Da wäre er, der Mahnung seines Vaters
getreu, schleunigst wieder umgekehrt, wäre ihm nicht eingefallen,
was ihm eine alte Igelsrau von den beiden Froschprinzeßlein
erzählt; diese seien so über die Maßen schön, ihre Augen seien
so groß wie sieben Igeläuglcin und ihre Haut so glatt und
weich wie die eines Schnecks, der vor Freuden aus dem Häuser!
ist. wie er dieser Schilderung gedachte, entbrannte er in Liebe
zu des Froschkönigs Töchtern, obschon er vor der Hand noch nicht
wußte, zu welcher von beiden, und er lief muthig bis an den
Teichrand, verkniff sich die Aeuglein, auf daß er das Wasser
nicht sehe, und rief aus Leibeskräften: „Holüber!"
Der Froschkönig, der in Teiches lliitte auf seinem Lust- und
Jagdschloß Mummelblatt hauste, entsandte seinen Leiblakaien,
ihn aus dem Rücken schwimmend herüberzutragen. Der machte,
am Uscrrand angelangt, einen zierlichen Knix, und Prinz Igel
sprang ihm ohne weiteres auf den Leib. Aber „Zeter und
Mordiol", int Nu lag er wieder unten und das Fröschloin rieb
sich, jämmerlich quackend, den Rücken, den Prinz Igel gar übel
Farrnkraut die Tagshitze über zu rasten, rollte sich zusammen
und schlief bald ein.
Nun traf es sich, daß im selben wäldlein ein Zigeuner-
hauptmann mit Troß und wagen gelagert war, und die Aelteste
der Bande, die eine mächtige lqexe und Zauberin, war ausgezogen,
einen Lrtrabissen für des lqauptmanns Schnabel zu ergattern.
Die Bäuerinnen im Dorf hatten aber Gänse und Luten wohl
in, Stall verwahrt; auch kein verlaufen ksühnlein war zu er-
schnappen gewesen. D'rum freute sich das Weib über die Maßen,
da sie im Walde von ungefähr das feiste Jglein fand, rollte es
fürsichtig in die Schürze und trug es zur Lagerstatt.
Dort richtete sie alfobald einen steifen Lehmbrei und wickelte
das schlafende Jglein gar sänftlich hinein, es wie einen Schinken
nach Prager Art in Brodteig zu backen. Dem Zglein trämnte, es
werde in ein seidenweich Lotterbettlein gelegt; doch wie man ihm
die Daunendecke bis über die Nase zog, da ward ihm des Atheins
bange, so daß es erwachte und voll Schrecken aus dem (pualst
herausschrie: „Ach, wäre ich doch ein Graf geworden!" Und wie
das Zigeunerweib sich die Hornbrille zurechtschob, den Schreihals
genauer zu besehen, da schrie er noch einmal: „Ach, wäre ich doch
ein Prinz geworden!"
wie ihn das Weib nun fragte, was das heißen solle, er-
zählte ihm das Iglein weinend, warum es von Hause fort-
gemußt in die weite Welt, „Heiah, mein Söhnlein, das kündest
Du genau noch zur rechten Zeit! Du bist in der That schon ein
Ueberigel, und wenn Dich unser Hauptmann gegessen hätte, wärest
Du ihm wie Blei im Leib gelegen, sintemalen einen Ueberigel
nicht einnial ein Zigeunermagen zu verdauen vermag; ich aber
wäre gar bös gezaust und gebläut worden! Deß zum Dank will
ich aus Dir einen Prinzen machen."
D'rauf sprach die Hexe: „Lbra caäadra Castro biste lastrol“
und da stand Prinz Igel mit seidenen pluderhöslein angethan,
hatte ein Stachelmäntelein um und ein Stachelbarettlein auf dein
Haupt. Lr trug das Näslein hoch und fragte: „was kostet die
Welt und noch sieben böhmische Dörfer dazu?I"
Damit er sie nun auch wirklich bezahlen könne, wenn der
Rauf einmal zu Stande käme, steckte ihm das Zigeunerweib noch
zweeen Silbergroschen in die
Tasche, sagte, das fei feine
Apanage, und hieß ihn aus-
ziehen, sich ein Königreich
zu suchen.
Das erste, an den: er vor-
beikain, war das des Zaun-
königs. Ls däuchte ihm aber
viel zu klein, als daß er
feine Apanage darin mit
Anstand möchte verzehren
können, und obschon ihm der
König nachschrie, daß bei
fjofc gerade der Posten
eines wirklichen geheimen
Gbernestputzers — mit der
Aussicht, binnen kurzem wirk-
licher Staatsminester zu wer-
den — frei fei, so sah er sich
doch gar nicht um und ging
weiter.
So kam er allmählig in einen Wiesengrund und da dieser
anhub, feucht zu werden, sah er, daß er sich dem Reiche des
Froschkönigs nähere. Da wäre er, der Mahnung seines Vaters
getreu, schleunigst wieder umgekehrt, wäre ihm nicht eingefallen,
was ihm eine alte Igelsrau von den beiden Froschprinzeßlein
erzählt; diese seien so über die Maßen schön, ihre Augen seien
so groß wie sieben Igeläuglcin und ihre Haut so glatt und
weich wie die eines Schnecks, der vor Freuden aus dem Häuser!
ist. wie er dieser Schilderung gedachte, entbrannte er in Liebe
zu des Froschkönigs Töchtern, obschon er vor der Hand noch nicht
wußte, zu welcher von beiden, und er lief muthig bis an den
Teichrand, verkniff sich die Aeuglein, auf daß er das Wasser
nicht sehe, und rief aus Leibeskräften: „Holüber!"
Der Froschkönig, der in Teiches lliitte auf seinem Lust- und
Jagdschloß Mummelblatt hauste, entsandte seinen Leiblakaien,
ihn aus dem Rücken schwimmend herüberzutragen. Der machte,
am Uscrrand angelangt, einen zierlichen Knix, und Prinz Igel
sprang ihm ohne weiteres auf den Leib. Aber „Zeter und
Mordiol", int Nu lag er wieder unten und das Fröschloin rieb
sich, jämmerlich quackend, den Rücken, den Prinz Igel gar übel
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Prinz Igel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1903 - 1903
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 118.1903, Nr. 3009, S. 154
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg