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64 Eine liebe
von ihrer Schwester bekommen und war ganz guter Dinge
darauf!"
„Mein Gott, in vierundzwanzig Stunden kann sich eine
ganze Familie erschlagen, pabcn Sie traurige Nachrichten von zu
Kaufe?" fragte ich Gusti, die soeben mit der Flcischplatte erscheint.
„Ach, hu—u, Gott, o Gott, hu—u—u". heult sie wieder,
indem sie sich die Nase mit meiner Serviette putzt und die
Thräncn mit dem Aermel abwischt.
„Na, hör' 'mal, das ist doch ein bischen bunt", sage ich ent-
rüstet und schleudere die mißhandelte Serviette aus den Boden.
„Das tveibsbild ist ja perfekt närrisch, das kann doch nicht so
sortgehen!"
„Mich erbarmt sie wirklich, es muß doch recht was Arges
sein, was sie getroffen hat, daß sie so trostlos ist!"
Und gutmüthig ladet sie der Trostlosen eine doppelte Portion
Lhokoladeauflaus aus den Teller, legt ihr noch einen prächtigen
Apfel als Dessert dazu und räumt dann selbst den Tisch ab,
damit sich Gusti ihren: Schmerz ungestört hingeben kann.
Line Meile ist draußen alles still; wie sich's aber der
Iausenzeit nähert, geht das Geheul in verstärktem Utaße wieder
los. Meine Frau hat in der Zwischenzeit in ihren: Aasten ge-
kramt und eine Batistbluse, sowie etliche Schürzen ausgeinustert,
mit welchen Gegenständen sie sich in die Aüche begibt und auf's
Neue versucht, Balsam i» Gusti's zerrissenes perz zu gießen.
Gedämpft nur driugt das Jammern und die beschwichtigenden


Trostreden zu nur herein, aber es verdirbt nur den Genuß
meiucr Lektüre und schließlich werfe ich das Buch aus den Tisch
und eile in die Aüche, fest entschlossen, der Sache auf den Grund
zu kommen oder die heulende Gusti aus längere Zeit hinaus-
zuwerfcn, denn mir klingen schon die Ghrcn von den: Gewimmer.
„Zum Auckuck, jetzt hören Sie aber einmal ans, wenn Ihnen
nicht ein Dutzend verwandte und der Verehrer auf einmal ge-
storben sind, so ist doch kein Grund zu einen: solchen Geheul da.
Mas ist Ihnen denn eigentlich passirt? paben Sie Ihr ver-
mögen verloren? Gder ist Er Ihnen untreu geworden? paben
Sie Zahnweh?" — —
Aus alle Fragen nur ein Aopsschütteln und erneuertes
„hu—hu!", bis sic endlich würgend und stöhnend herausbringt:
„G das Unglück!" — Das war entschieden der Anfang zur Besser-
ung, also fest darauf losgearbeitet, die Eisrinde gänzlich zun:
Schmelzen zu bringen.
„Schauen Sie, Gusti, Sie dürfen sich ja doch nicht gar so sehr

rraschu n g.
den: Schmerz hingeben, jedes Unglück ist zum ertragen und wenn
Sie ein wenig vertrauen zu uns hätten, könnten wir Ihnen
vielleicht einen Rath geben. Kat Sie Jemand gekränkt?"
„Ach, Sie sind so gut, guädige Frau, hu—hu—u—u, nein,
mich hat Niemand — — hu—hu-—"
„Gder haben Sie Jemand beleidigt?"
„Beleidigt gerade nicht, aber — — o «nein Gott, ich bin
unglücklich!"
„Na also, wir kommen der Sache schon näher, vielleicht
haben Sic Jemand ein Unrecht, einen Schaden zugefügt?"
„Ach ja, mein Gott, ja, hu—u—u — — —!"
„Das müssen Sie halt wieder gutzumachen suchen, das Un-
recht eingestehen — —!"
„Ach, das kann ich nicht, das ist zu viel — — — — hu
— hui"
„Ja, das fällt einen: meistens schwer, aber ich sage Ihnen
etwas, versuchen Sie es schriftlich, da kömmt's leichter an, sein
Unrecht zu gestehen. Gehen Sie dann auf Ihr Zimmer, zur
Arbeit siud Sie ja heute gar nicht fähig, ruhen Sie sich aus, es
wird schon wieder alles gut werden!"
UAr verfügen uns, in: tiefsten Innern gehoben durch den
Erfolg unserer Beredsamkeit, wieder in das Zimmer und meine
Frau ineint:
„Meißt Du, Rudolf, es ist so schön heute, wir könnten viel-
leicht auswärts speisen gehen zu::: Abend, damit die arme Gusti
nicht kochen braucht, sie ist ja ganz weg!"
Und auf meine zustimmende Antwort verkündet sie Gusti,
daß sie für heute frei sei, auch eventuell aus ein paar Stunden
ausqehen könne, da wir vor zehn Uhr nicht nach Panse kämen.
Ich freute mich meiner gutherzigen, mitleidigen Gattin.
Als wir nach Pause kommen und Licht machen, finden wir
auf den: Tisch einen Brief. Ahnungsvoll öffne ich das Eouveri
und vermittle meiner Frau den kurzen Inhalt:
„Gnedikc Frau haben mir so schön zugerett, ich soll
schreiben weil ich nicht sagen kan was; für ein Unglick
nur ist geschehen und deßwegen teil ich Ihnen mit das
mir heite bei::: Aufräumen von: grasen Servis eine
Schisse! und ein Stos Teler aus der paud gesellen sind
und hin sind. Und das ich heite später kamen werd, weil
ich mit meinem Franz ins Dealer gehen thu."
Als ich meiner Frau ein Glas Masser iu's Gesicht ge-
schüttet hatte, kan: sie wieder zu sich uud stöhute malt:
„Eine Bluse, zwei Schürzen, freier Ausgang und meiu
Meißner Service —!" R. A.
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine Ueberraschung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Meissl, August von
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 119.1903, Nr. 3028, S. 64

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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