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Assessor Fe sin er.
ein freier Mann — trafen sich
die beiden wie zufällig auf
der Promenade, wie zufällig
schritten sie nebeneinander her,
und wie zufällig wanderten sie
miteinander vors Tor und ge-
rieten alsbald auf einen ein-
samen Fußpfad zwischen zwei
wogenden Ährenfeldern.
„Nein Fräulein," begann
der Assessor und blieb plötzlich
stehen. „Es liegt mir etwas
aus dem Perzen . . . wenn ich
wüßte, daß Sie es mir nicht
übel nähmen . . . Ich wollte
es Ihnen schon gestern abend
sagen, aber, aber . . ."
Pier stockte ihm der Atem,
und die junge Schöne senkte
verschämt den Blick zu Boden.
Jetzt zog er ein Papier
aus der Tasche und hielt beide
pände dahin, wo jeder normal
gebaute Assessor sein sogenann-
tes perz zu tragen pflegt.
„Sie werden es mir nicht
verübeln?"
„Reden Sie!" lispelte es
kaum vernehmbar.
„Ich wollte Ihnen gestern
abend nicht widersprechen, aber
es waren nicht viertausendzwei-
hundertundsiebzehn, es waren
nur viertausendzweihundertund-
zwölf Schritte!"
Aber sofort hatte die junge
Dame ihre ganze Geistesgegen-
wart wieder gewonnen.
„Der Unterschied beruht
daraus, daß ich die fünf Stufen
vor dein Pause unserer Gast-
geber mitzählte, Sie nicht."
Den: Assessor entfuhr eii:
bewunderndes „Ah!" — Nach
dreihundert Schritten murmelte
er: „So wäre denn auch dieses
Mißverständnis gehoben!"
Nach weiteren dreihundert
Schritten hielt er um ihre pand an. — — — —
Bedarf es erst der Versicherung, daß die beiden ein Muster-
ehexaar abgaben ?
Nur einmal im Lause des ersten Jahres wäre es beinah zu
einem Zwiste gekommen.
Sie tauschten Erinnerungen an die Hochzeitsreise aus, und
die junge Frau begann: „weißt Du noch, Liebster, als wir am
Sonntag nach Pfingsten Salzburg mit dem Zuge 2 Uhr ^ ver-
ließen? . . ."
Die Stirn des Assessors umwölkte sich kies.
„Der fahrplanmäßige Zug Nummer 8YH ging 2 Uhr 12 Mi-
nuten (schreibe zwölf) von Salzburg ab!"
„2 Uhr t2 Minuten! Richtig! Ich hatte den Zug mit dein
in Gmunden verwechselt. Schnell, schnell einen Ruß!"
„verdient hast Du ihn eigentlich nicht," sagte der Assessor,
ließ sich aber gnädig lächelnd die Liebesspende verabreichen.
„Das war," lispelte die Gattin, „der dreizehntauscndsüns-
hundert —" „und siebennnddreißigste," schloß der Assessor.
Und das Glück der Ehe war wieder in seinen: ganzen
Glanze hergestellt. Edwin Bonnann.
Assessor Fe sin er.
ein freier Mann — trafen sich
die beiden wie zufällig auf
der Promenade, wie zufällig
schritten sie nebeneinander her,
und wie zufällig wanderten sie
miteinander vors Tor und ge-
rieten alsbald auf einen ein-
samen Fußpfad zwischen zwei
wogenden Ährenfeldern.
„Nein Fräulein," begann
der Assessor und blieb plötzlich
stehen. „Es liegt mir etwas
aus dem Perzen . . . wenn ich
wüßte, daß Sie es mir nicht
übel nähmen . . . Ich wollte
es Ihnen schon gestern abend
sagen, aber, aber . . ."
Pier stockte ihm der Atem,
und die junge Schöne senkte
verschämt den Blick zu Boden.
Jetzt zog er ein Papier
aus der Tasche und hielt beide
pände dahin, wo jeder normal
gebaute Assessor sein sogenann-
tes perz zu tragen pflegt.
„Sie werden es mir nicht
verübeln?"
„Reden Sie!" lispelte es
kaum vernehmbar.
„Ich wollte Ihnen gestern
abend nicht widersprechen, aber
es waren nicht viertausendzwei-
hundertundsiebzehn, es waren
nur viertausendzweihundertund-
zwölf Schritte!"
Aber sofort hatte die junge
Dame ihre ganze Geistesgegen-
wart wieder gewonnen.
„Der Unterschied beruht
daraus, daß ich die fünf Stufen
vor dein Pause unserer Gast-
geber mitzählte, Sie nicht."
Den: Assessor entfuhr eii:
bewunderndes „Ah!" — Nach
dreihundert Schritten murmelte
er: „So wäre denn auch dieses
Mißverständnis gehoben!"
Nach weiteren dreihundert
Schritten hielt er um ihre pand an. — — — —
Bedarf es erst der Versicherung, daß die beiden ein Muster-
ehexaar abgaben ?
Nur einmal im Lause des ersten Jahres wäre es beinah zu
einem Zwiste gekommen.
Sie tauschten Erinnerungen an die Hochzeitsreise aus, und
die junge Frau begann: „weißt Du noch, Liebster, als wir am
Sonntag nach Pfingsten Salzburg mit dem Zuge 2 Uhr ^ ver-
ließen? . . ."
Die Stirn des Assessors umwölkte sich kies.
„Der fahrplanmäßige Zug Nummer 8YH ging 2 Uhr 12 Mi-
nuten (schreibe zwölf) von Salzburg ab!"
„2 Uhr t2 Minuten! Richtig! Ich hatte den Zug mit dein
in Gmunden verwechselt. Schnell, schnell einen Ruß!"
„verdient hast Du ihn eigentlich nicht," sagte der Assessor,
ließ sich aber gnädig lächelnd die Liebesspende verabreichen.
„Das war," lispelte die Gattin, „der dreizehntauscndsüns-
hundert —" „und siebennnddreißigste," schloß der Assessor.
Und das Glück der Ehe war wieder in seinen: ganzen
Glanze hergestellt. Edwin Bonnann.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Assessor Festner"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 122.1905, Nr. 3125, S. 292
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg