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v er tr au en s s a ch e.

machen, den andern dann verdrängen und, wie der verstorbene
alte Wundarzt, ksahn int Korbe werden könnte.

Die Lache
wurde dadurch
nicht einfacher,
daß seit län-
gerer Zeit die
reinste Gesund-
heits-Epide-
mie im ©rte
herrschte.

So schaute Dr. Braun eines
Tages wieder einmal — wie
unheimlich häufig l — sorgen-
schwer zum Fenster hinaus, als
sein Blick auf ein biederes
Bäuerlein fiel, das — den rech-
ten Arm dick mit wollenen
Tüchern umwickelt — vor der Nachtglocke seines Kollegen drüben
stand und eifrig dessen Messingschild studierte.

Statt aber dann — wie der schon längere Zeit freudig ge-
spannt hinter seinem Vorhang lauernde Dr. Schwarz erwartete —

ins Ijaus einzutreten, nickte das Bäuerlein schließlich nur ein
xaarnial mit dem Kopf, überquerte die Straße und begann jetzt
das Schild des Konkurrenten zu betrachten, wo der Name des
Arztes zur Abwechslung mit schwarzer Schrift auf weißem Email
zu lesen stand.

„Aha" — diagnostizierte Dr. Braun schon in Gedanken —
„Luxation oder gar Armbruch!" Dann pfiff er ganz leise den
Eoupletvers vor sich hin:

„Ls is zwar nicht viel,

Aber freu'n tut's ein' doch!"

Er ahnte die Gegenwart seines Visavis hinter dem Vorhang
aus eigener Erfahrung, und ein scharfer, etwas boshafter Blick
blitzte hinüber.

Dr. Schwarz, dem das nicht entgangen war, verließ seufzend
seinen Lauscherposten und stürzte gleich darauf aus dem Pause,
um den Anschein zu erwecken, daß er einem totkranken Patienten
schleunige pilfe bringen müßte.

Als er nun aber bei seinem Kollegen vorüberkam, drehte
sich das Bäuerlein um, stupfte ihn mit dem Stecken in die Seite
und frug mit ungeheuer harmloser Miene, nach dem Schilde
Dr. Brauns deutend: „versteht der was?"

Der Gefragte blinzelte — nun doch einigermaßen belustigt -

Z" dem Rivalen hinauf und sagte: „Dies ist Vertrauenssache,
lieber Mann!" Dann eilte er, der übernommenen Retterrolle
lreu, mit Automobilgeschwindigkeit ins Wirtshaus.

Das Bäuerlein aber kratzte sich mit der gesunden pand
hinterm ©hr, kniff ein Auge zu und starrte mit dem anderen
~ anscheinend ratlos — gegen den Pimmel, wobei sein Blick auf
Or. Braun traf.

Dieser hatte die mißtrauische Frage des vorsichtigen Patien-
ten schon hinuntergewürgt und zeigte ihm jetzt ein einladendes
Tächeln.

„Seid's ©s der Bader da?" klang es lakonisch von den bart-
losen Lippen des modernen perkules am Scheidewege.

„Gewiß lieber Mann!" erwiderte Dr. Braun. „Tretet nur

ein und kommt herauf — erstes Stockwerk erste Türe links l"
— Aber so rasch geht ein richtiger. Niedernebelberger Fuchs
nicht ins Eisen.

Ruhig, ohne auf die Sirenenklänge von oben zu achten, blieb
das Bäuerlein stehen, wo es stand, deutete mit deni Stecken über
die Straße und frug — wieder furchtbar harmlos: „Versteht
der was?"

Dr. Braun war sehr verdutzt. Aber er wollte hinter seinem
Kollegen an Anständigkeit nicht Zurückbleiben und entgegnete
daher mit dessen Worten: „Das ist Vertrauenssache!"

„So, so I" sagte das phlegmatische Bäuerlein gemütlich und
stapfte mit dem Stecken auf. ,,©s seid's a' paar Rare! Da
hilft oana zum andern! y inerk's schon: ©s versteht's alle
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Vertrauenssache"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Albrecht, Henry
Entstehungsdatum
um 1906
Entstehungsdatum (normiert)
1901 - 1911
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 125.1906, Nr. 3201, S. 255
 
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