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er Reitmoser Girgl, Student der „Juri", is in d' Vakanz
'kommen. Dös is für d' wolferszeller a' große Neuigkeit
und aa' dazua a' Lreud'. Denn der Girgl hat halt gar
koan Stolz, wenn er aa' schon bald an Avokat is, und
verred't fein Bauernstainm not wia die meisten, die über wolfers-
zell 'nausg'fchmeckt Ham.
„Der Reitmoser Girgl is da!" hoaßt's überall.
Da is oaner im Dorf, der a' b'funders Interesse hat, daß
der Girgl da is. Dös is der Riesenhuber Lranzl, dem Girgl sein
ehemaliger Schulkamerad und Leibspezl.
Auf d' Nacht springt halt der Riesenhuber Lranzl schon „aus
an' Augenblick" 'nüber zuin Reitmoser Girgl; aus dem Augen-
blick wer'n aber a' paar Stunden, und da setzt's der Lranzl
dein Girgl hübsch weitläust' auseinander, daß eahm seine Eltern
an £}of übergeben Ham, und daß er iatzt a' Lsochzeiterin brauchet.
Der Girgl hat ihm schön stad zug'hört und hat si' seine Ge-
danken g'macht. . .
„Und da taat i' Di' halt bitten, Girgl, wennst D' so gnat
waarst und taat'st mit inir auf d' Brautschau geh'n. woaßt D',
Du kennatst Di' hübsch aus auf dö Weibsbilder — und aa' dazua
waar's a' Respektssach', wenn ma' mit Dir aus d' B'schau kaam'."
„Lranzl," sagt der Girgl und hat si' weiter seine Gedanken
g'macht, „den G'sallen tu' i' Dir gern.
Aber die Sach' is halt die: Du hast den
schönsten 6os aus zehn Stund', Du selm
bist aa' a' Bursch', wia man not leicht
oan' find't, sauber g'wachsen und beileib'
nöt auf's lfirn g'sallen. Da hoaßt's ge-
nau sein und nöt glei' die erst' best'
packen; — wia Du g'stellt bist, kriagst D'
a' jede aus und nieder I"
„Moanst D'?"
„wenn i' Dir's sag'I"
„Nacha waar's mir halt recht, wenn mir gleich nach der
Ernt' dazua taaten."
„y Hab' alleweil Zeit — und an’ Ehr' is's mir aa' . . ."
„Iatzt muaß i' Di' no' um ebbs fragen: wia is denn eigentli'
die Sach' mit der Liab'?"
„lvoaßt D' Dir 'leicht eh schon oane?"
„was sagst denn Du dazua: d' Enthoser Nanni waar' nöt
z'wieder . . ."
,,D' Enthoser Nanni? Dö is gar nöt so ohne."
„A' Geld hätt' s' aa' . . ."
„Is a' Ljauptsach'; aber Du brauchetst auf's Geld nöt a' so
z' schau'n. Siehgst as 'leicht gern?"
Der Lranzl nickt.
„No ja," moant der Student, der Schlankl, „nacha kannst
D' ihr ja d' Ehr' antoan und beim Enthoser z'erst aus d' B'schau
geh'n und darnach zu die andern."
„Da hast Du wieder recht!"
*
Am Sonntagnachmittag is ’s.
Beim Enthoser z' wolserszell — der schwaarste Bauer nach
'm Riesenhuber — dampft der Rauchsang wia a' Labrikschlot.
D' Leut', die vorbeigeh'n, bleib'n steh'n und schau'n: „was is
denn dös heut' beim Enthoser? Daß da am Sunntagnachmittag
der Rauchsang a so geht, und is do' d' Ernt' scho' vorbei?" —
In ganz wolserszell is 's oa' G'frag' und Getuschel. Beim
obern Wirt is 's z'erst g'red't wor'n: „Der Riesenhuber Lranzl
soll mit dem Reitmoser Girgl zum Enthoser eini sein in's —
Küah handeln."
Richtig! Dö zwoa steh'n wirkli' beim Enthoser im Stall
drin und handeln um a' schöne schwaare Kuah . . .
„was wird denn a' G'studierter vom Kuahhandel vasteh'n?!"
hat der Neubauer wastl, a' ganz G'scheidter, beim obern Wirt
droben g'sagt; und aus dös hin hat's ganz wolserszell g'wußt. ..
wia d' Lnthoferin dö zwoa daherkommen hat sehg'n, hat s'
der Nanni gleich an' Stoß 'geb'n:
„Nanni, g'schwind stich zwoa Gickerl
ab und richt' a' schön's G'selcht's her,
vom Schleg'l oans." Und der Nanni
hat 's kjerz im Leib g'lacht: „Der bjoch-
zeiter is da!"
Beim obern Wirt droben auf
der Kegelbahn muaß g'rad' oaner
an' Kranz g'schoben hab'n; denn der
Kegelbua hat g'jugazt, daß d' Iensterscheib'n 'zittert hab'n: „Iu-
hujuju!" A' guat's Zeichen für kjeiratsleut' . . .
Derweil s' in der Küchel drinn g'schmort und 'braten hab'n,
hat der Enthoser dö zwoa im £}°f umananderg'führt und hat
ihna dö schöne Sach' 'zoagt. Und dö zwoa hab'n s' g'lobt, be-
sonders der Student.
Nacha hat s' der Bauer in die schöne Stub'n 'naufg'führt.
Da bringt d' Nanni schon, wia's der Brauch is, zwoa 'backene
Gickerl, Küch'l und a' Mordstrumm G'selcht's daher und tuat
recht liab und g'schreckt wia a' Täuberl.
„Saprawolt, Nanni, a' sauber's Dirndl bist D' 'wor'n!" sagt
der Student. Da fahrt ihr 's Lener schon in's G'sicht und drauß'
is s' aa' schon bei der Tür. Und an Lranzl kennt man's aa' an,
daß er inwendig hellauf brennt. . .
Dös muaß a' Narr kenna, daß da a' Liab von die zwoa
Seiten is.
Darnach is der Bauer und d' Bäurin wieder kommen und
I
er Reitmoser Girgl, Student der „Juri", is in d' Vakanz
'kommen. Dös is für d' wolferszeller a' große Neuigkeit
und aa' dazua a' Lreud'. Denn der Girgl hat halt gar
koan Stolz, wenn er aa' schon bald an Avokat is, und
verred't fein Bauernstainm not wia die meisten, die über wolfers-
zell 'nausg'fchmeckt Ham.
„Der Reitmoser Girgl is da!" hoaßt's überall.
Da is oaner im Dorf, der a' b'funders Interesse hat, daß
der Girgl da is. Dös is der Riesenhuber Lranzl, dem Girgl sein
ehemaliger Schulkamerad und Leibspezl.
Auf d' Nacht springt halt der Riesenhuber Lranzl schon „aus
an' Augenblick" 'nüber zuin Reitmoser Girgl; aus dem Augen-
blick wer'n aber a' paar Stunden, und da setzt's der Lranzl
dein Girgl hübsch weitläust' auseinander, daß eahm seine Eltern
an £}of übergeben Ham, und daß er iatzt a' Lsochzeiterin brauchet.
Der Girgl hat ihm schön stad zug'hört und hat si' seine Ge-
danken g'macht. . .
„Und da taat i' Di' halt bitten, Girgl, wennst D' so gnat
waarst und taat'st mit inir auf d' Brautschau geh'n. woaßt D',
Du kennatst Di' hübsch aus auf dö Weibsbilder — und aa' dazua
waar's a' Respektssach', wenn ma' mit Dir aus d' B'schau kaam'."
„Lranzl," sagt der Girgl und hat si' weiter seine Gedanken
g'macht, „den G'sallen tu' i' Dir gern.
Aber die Sach' is halt die: Du hast den
schönsten 6os aus zehn Stund', Du selm
bist aa' a' Bursch', wia man not leicht
oan' find't, sauber g'wachsen und beileib'
nöt auf's lfirn g'sallen. Da hoaßt's ge-
nau sein und nöt glei' die erst' best'
packen; — wia Du g'stellt bist, kriagst D'
a' jede aus und nieder I"
„Moanst D'?"
„wenn i' Dir's sag'I"
„Nacha waar's mir halt recht, wenn mir gleich nach der
Ernt' dazua taaten."
„y Hab' alleweil Zeit — und an’ Ehr' is's mir aa' . . ."
„Iatzt muaß i' Di' no' um ebbs fragen: wia is denn eigentli'
die Sach' mit der Liab'?"
„lvoaßt D' Dir 'leicht eh schon oane?"
„was sagst denn Du dazua: d' Enthoser Nanni waar' nöt
z'wieder . . ."
,,D' Enthoser Nanni? Dö is gar nöt so ohne."
„A' Geld hätt' s' aa' . . ."
„Is a' Ljauptsach'; aber Du brauchetst auf's Geld nöt a' so
z' schau'n. Siehgst as 'leicht gern?"
Der Lranzl nickt.
„No ja," moant der Student, der Schlankl, „nacha kannst
D' ihr ja d' Ehr' antoan und beim Enthoser z'erst aus d' B'schau
geh'n und darnach zu die andern."
„Da hast Du wieder recht!"
*
Am Sonntagnachmittag is ’s.
Beim Enthoser z' wolserszell — der schwaarste Bauer nach
'm Riesenhuber — dampft der Rauchsang wia a' Labrikschlot.
D' Leut', die vorbeigeh'n, bleib'n steh'n und schau'n: „was is
denn dös heut' beim Enthoser? Daß da am Sunntagnachmittag
der Rauchsang a so geht, und is do' d' Ernt' scho' vorbei?" —
In ganz wolserszell is 's oa' G'frag' und Getuschel. Beim
obern Wirt is 's z'erst g'red't wor'n: „Der Riesenhuber Lranzl
soll mit dem Reitmoser Girgl zum Enthoser eini sein in's —
Küah handeln."
Richtig! Dö zwoa steh'n wirkli' beim Enthoser im Stall
drin und handeln um a' schöne schwaare Kuah . . .
„was wird denn a' G'studierter vom Kuahhandel vasteh'n?!"
hat der Neubauer wastl, a' ganz G'scheidter, beim obern Wirt
droben g'sagt; und aus dös hin hat's ganz wolserszell g'wußt. ..
wia d' Lnthoferin dö zwoa daherkommen hat sehg'n, hat s'
der Nanni gleich an' Stoß 'geb'n:
„Nanni, g'schwind stich zwoa Gickerl
ab und richt' a' schön's G'selcht's her,
vom Schleg'l oans." Und der Nanni
hat 's kjerz im Leib g'lacht: „Der bjoch-
zeiter is da!"
Beim obern Wirt droben auf
der Kegelbahn muaß g'rad' oaner
an' Kranz g'schoben hab'n; denn der
Kegelbua hat g'jugazt, daß d' Iensterscheib'n 'zittert hab'n: „Iu-
hujuju!" A' guat's Zeichen für kjeiratsleut' . . .
Derweil s' in der Küchel drinn g'schmort und 'braten hab'n,
hat der Enthoser dö zwoa im £}°f umananderg'führt und hat
ihna dö schöne Sach' 'zoagt. Und dö zwoa hab'n s' g'lobt, be-
sonders der Student.
Nacha hat s' der Bauer in die schöne Stub'n 'naufg'führt.
Da bringt d' Nanni schon, wia's der Brauch is, zwoa 'backene
Gickerl, Küch'l und a' Mordstrumm G'selcht's daher und tuat
recht liab und g'schreckt wia a' Täuberl.
„Saprawolt, Nanni, a' sauber's Dirndl bist D' 'wor'n!" sagt
der Student. Da fahrt ihr 's Lener schon in's G'sicht und drauß'
is s' aa' schon bei der Tür. Und an Lranzl kennt man's aa' an,
daß er inwendig hellauf brennt. . .
Dös muaß a' Narr kenna, daß da a' Liab von die zwoa
Seiten is.
Darnach is der Bauer und d' Bäurin wieder kommen und
I
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"D' Brautschau"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1907
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1912
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 127.1907, Nr. 3251, S. 236
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg