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Line kleine Freude.

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Gemüt ist jeden: Vorteil, jedem Gewinn so weltenfern, daß
ihn selbst ein Lorbeerkranz schon kränken würde ... es ist schwer,
für den Meister das Rechte zu finden . ."

Als man an den Ausflugsort kam, gab es dort frischen
Zwetschgenkuchen.

Else Zirpig, eine junge talentvolle Dichterin, stürzte plötz-
lich begeistert in die Rüche. Als sie zurückkam, trug sie eine
Portion frischen Zwetschgenkuchen.

Dainit nahte sie „~Sbm". - „Meister", sprach sie verehrungs-
voll mit flüsternden Worten, „niemand als ich weiß von Ihrer
Wirtschafterin uin das zarte Geheimnis, daß Sie frischen
Zwetschgenkuchen lieben. . . darf ich als ein geringes Zeichen
ineiner innigen Bewunderung. . .?"

Er setzte die Schokoladetasse ab, errötete, seufzte leise und
griff nach dem Ruchenmesser.

Mit einem Ausschrei des Entzückens entfloh Else. Niemand
wußte, was ihr war. Aber ihre Freundin Senta Sentenzi, eine

werdende Epigrammatikerin, verfolgte und quälte sie so lange,
bis sie ihr das süße Geheimnis verriet. Zwei Minuten später
nahte Senta dem „Meister" init einer Portion frischen Zwetschgen-
kuchen. „von einer tiefen Schwärmerin eine kleine Freude!"
sprach sie.

Er errötete stärker, seufzte lebhafter und griff nach dem
Ruchenmesser.

Senta schrieb in: ersten Jubel folgendes Distichon:

„Blau ist der Pimmel und blau die liebliche Blume Romantik;

Aber für heute gebührt Dir doch, o Zwetschge, der Preis!"

Sie brachte es nicht über sich, ihren nächsten Freundinnen
dies ihr opus 769 vorzuenthalten, und so wanderte denn bald
eine Prozession von Damen mit verzückten Mienen und ver-
zuckertem Zwetschgenkuchen zu „Ihm": „Meister, wir wissen
nichts anderes — eine kleine Freude —!"

Er errötete immer mehr — er seufzte immer tiefer — dann
griff er zum Ruchenmesser.

Und die Spenderinnen und die Spenden mehrten sich. —-
. . . Am andern Tag erschien in: „Stadtblatt" eine glühende
Schilderung des Ausflugs mit schwärmerischen Worten für
Arkadius Zephyr. „Freilich", hieß es am Schluß, „scheint der

-o<>og:^

stärkere Anhauch des perbstes den ätherischen Genius des Dichters
zu rauh getroffen zu haben — er befindet sich heute leider nicht
ganz wohl." — — Der Ärmste! Er hatte zu viele „kleine
Freuden" genießen müssen.

v tPem bcn.

-oO-o-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine kleine Freude"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Kirchner, Eugen
Entstehungsdatum
um 1907
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1912
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 127.1907, Nr. 3256, S. 291
 
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