Fliegende Blätter (127.1907 (Nr. 3232-3257))

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=° Pygmalion, °

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Bygmalion, Cyperns König, schnitt dereinst
Der schönsten Frau holdselige Gestalt
Aus Elfenbein. Als er das Werk vollendet,
Sank er bewundernd vor ihm auf das Knie.

Und eine Flamme jäher Leidenschaft
Ergriff ihn für das selbstgefügte Bildnis.

,,0 Göttin, Aphrodite, Himmlische,

Die Du der Liebe Purpurzügel lenkst".

So rief er, voll von Sehnsucht in der Seele,

,,Gib mir, was keinem Sterblichen vergönnt!

Erfülle Du dies zarte Bild mit Leben!

Den Wangen hauche Glut des Frühlings ein!

Der Augen Spiegel zeige diese Welt

In seinem wechselvollen Ausdruck mir!

Es hebe sich die wohlgeformte Hand,

Der edle Fuss berühre diese Erde,

Und ihrer weichen Arme Haft umschlinge
Mich als den seligsten Gefangenen!"

Die Göttin, folgend seinem heissen Ruf,
Erschien. In lächelnder Gewährung neigte
Ihr Haupt sich ihm — und durch das Elfenbein
Floss sanfte Röte. Härte ward zur Milde.

Ein Blutstrom, der Unsterblichen gehorsam,
Sprang flutend aus des Herzens zarter Regung.
Die Glieder zitterten und dehnten sich.

Das Bildnis lebte. Zagend hob der Fuss

Sich von dem Sockel, und mit holdem Blick

— Der erste Atemzug ein Liebesseufzer —

Sank sie in des Entzückten starken Arm.

Die Göttin aber hob sich, siegreich lächelnd
Ob ihres Zaubers ewiger Liebesmacht,

Empor zu des Olymps ambrosischen Höh'n.

— — — — So viel hat uns die Sage überbracht.
Doch ich weiss mehr. Zehn Jahre flössen hin.

Da stand Pygmalion vor ihr, die einst

Der Göttin Huld erfuhr. Sie ruhte nun

In tiefem Schlummer, und wie damals drang
Des Königs Fleh’n empor zu Aphrodite —

Bis sie, sich neigend sterblichem Begehren,

Vor ihm erschien und sprach: ,,Pygmalion,

Was willst Du noch?" — ,,0 Himmlische", rief er
„Der Ewigen gewaltige Tochter, hör' mich!

Verstoss' mich nicht! Nimm noch einmal mein Bitten,
Das aus der Tiefe meiner wunden Seele
Zur Dir emporschreit: Sie, die Du hier siehst
— Ich fleh' Dich an aus vollsten Herzens Inbrunst —