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297

ag Der Lohn.

ln fahrender Schüler wanderte durch die Lande. Jm Beutel
hatte er nur noch einige Batzen, aber im Herzen und im
^opfe viele Hoffnungen und allerlei große fdläne.

Eines Tages kam er in die Nähe einer kleinen Stadt, in
Eren Umgebung sich ein Bach befand, vielleicht zwei Stunden
*an9 und hundert Schuh breit. An dem flachen Ufer dieses Baches
fand Heralö, so hieß der fahrende Schüler, ein altes lVeib sitzen.
Da- war furchtbar häßlich und in Lumpen gehüllt.

»Willst Du hinüber über den Bach?"
fragte Herald.

„Winkt der Wann Dir?" fragte Herald.

„Nein, der winkt Dir!" rief laut aufkreischend die Alte und
war wie mit einem Zauberschlage verschwunden.

Hastig watete Herald wieder in den Bach dem andern Ufer
zu. „Jetzt kommt die Belohnung", sagte er vor sich hin. —
Sobald er das Ufer betreten, packte der Mann ihn beim Arm.
„Was hattest Du mit dem alten Weibe zu schaffen?"

„Ich hatte Mitleid mit ihr und habe sie über den Bach getragen."

„3«, ich macht' schon. Aber da ist
kein Weg. Willst mich nicht hinüber-
kragen, schöner junger Herr?"

Dabei kicherte die Alte unheimlich
höhnisch mit ihrem zahnlosen Munde.

Da siel den: fahrenden Schüler ein,
^e er vor kurzem erst gelesen hatte,
aß ein Jüngling ein häßliches altes
kDeib über einen Fluß getragen, und
^8 das häßliche alte Weib sich am
l^useitigen Ufer in ein wunderschönes
- ladchx,, verwandelte. Das war zum
für seinen Gpfermut das Weib
es Jünglings geworden und hatte ihn
ölücklich gemacht und unermeßlich reich.

„Ei," dachte Herald, „das sieht hier
°1^ genau ebenso aus, und so ein
^lück könnte mir gerade passen." Und
^"n sagte er zu dem alten Weibe:
„Ja, Mutter, ich will Euch gern hin-
"kertragen ans andere Ufer. Kommt

nur h„P.

And dabei nahm er das zerlumpte

kDeib

auf seinen Arm und watete mit

ins Wasser. Der Bach war nicht
*’ef> und das Wasser reichte ihm nur
nn die Brust. Die Alte aber tat sehr
ängstlich, hjelz des Jünglings Hals fest
'Nnschlungen und preßte ihr abscheu-
'ches Gesicht an seine Wangen, Herald
^>ckte einige Male auf, ob sich nicht
'’°n vielleicht ein Zeichen der ver-
chönernng bei seiner weiblichen Bürde
aber er sah nur, wie die kleinen
Etlichen Augen ihm boshaft stechende
Ucke zuwarfen.

Als Herald die Alte am andern

Uf,

bl

er des Baches niedergesetzt hatte,

voll

'°b ex einen Augenblick erwartungs-

stehen.

- „bfihihi," kicherte das Weib, „danke,
1 i°ner junger Herr — aber nun schenk'
"'l auch noch was l"

, „Aha, das gehört noch mit dazu",
achte Herald und drückte der Alten
^>ne letzten paar Groschen in die Hand.

Da hörte er lautes Rufen und sah
J*111 andern Ufer des Baches einen
kann, der lebhaft winkte.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Lohn"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Marr, Carl von
Entstehungsdatum
um 1908
Entstehungsdatum (normiert)
1903 - 1913
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 129.1908, Nr. 3308, S. 297
 
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