(Zeitbild.) „Aber Bella, Du kutschierst immer allein herum und Dein Mann fährt den lieben Tag Auto!"
„Ja, siehst Du, so fahren wir beide eben am besten!"
Der Prophet.
ngefähr in der Mitte der Zeit, die wir das Mittelalter
©wf nennen, lag der Herzog von Parma mit dem Fürsten von
Modena in kriegerischer Fehde. Nun lebte in dem Herzog-
tum Parma ein Mann, der im Lande und weit über dessen Grenzen
hinaus als Prophet und unfehlbarer Weissager gekannt und
gerühmt ward. Tein Ansehen hatte sich besonders dadurch gemehrt,
daß er manchmal erklärte, er könne in diesem oder jenem Falle
keine Prophezeiung abgeben, weil er nicht klar genug sehe. Um
so fester aber glaubte man an die Unfehlbarkeit seiner Aussprüche,
wenn er etwas voraussagte. Und Giulio, der Prophet — so ward
er genannt, — war im Volke auch verehrt und geliebt, denn er
hatte oft bewiesen, daß er ein gütiges Herz befaß. — Diesen
Mann nun ließ der Herzog von Parma in sein Feldlager rufen
und begann: „Ich habe viel von Deiner Kunst des Weissagens
gehört und möchte sie mir dienstbar machen. Willst Du mir
dienen?" — „Ja, Herr, ich will Dir dienen", entgegnete der
Prophet. - „Gut. To sage mir, werde ich in diesem Kriege siegen
oder besiegt werden?" — „Du hast mich rufen lassen, damit Du
siegst." - „Richtig. Also prophezeie meinen Kriegern, daß sie
siegen werden, und ich habe gesiegt. Ich will es Dir königlich
lohnen." — „Verzeih, Herr, womit ivillst Du mich lohnen?" -
„Ich zahle Dir tausend Goldgulden jährlich auf Lebenszeit."
„Das wäre wohl ein guter Lohn, aber --" — „Mas sinnst
Du?" fragte der Herzog. — „Nun, man weiß im Lager Deiner
Krieger, daß Du mich hast rufen lassen. Man könnte leicht an
eine erzwungene Prophezeiung glauben. Märe es nicht besser,
wenn ich zu Deinen Feinden ginge und ihnen die Niederlage weis-
sagte?" — „Hm, Du hältst das für besser?" - „Ich weiß, daß
es so besser ist." — „Wenn Du es weißt, Prophet, so ist es besser.
Also geh in's Lager der Feinde. Heute noch!" — „Aber Herr,
für diesen Dienst verlange ich einen beßren Lohn." — „Was ver-
langst Du?" — „Ich will Statthalter werden in dem eroberten
„Ja, siehst Du, so fahren wir beide eben am besten!"
Der Prophet.
ngefähr in der Mitte der Zeit, die wir das Mittelalter
©wf nennen, lag der Herzog von Parma mit dem Fürsten von
Modena in kriegerischer Fehde. Nun lebte in dem Herzog-
tum Parma ein Mann, der im Lande und weit über dessen Grenzen
hinaus als Prophet und unfehlbarer Weissager gekannt und
gerühmt ward. Tein Ansehen hatte sich besonders dadurch gemehrt,
daß er manchmal erklärte, er könne in diesem oder jenem Falle
keine Prophezeiung abgeben, weil er nicht klar genug sehe. Um
so fester aber glaubte man an die Unfehlbarkeit seiner Aussprüche,
wenn er etwas voraussagte. Und Giulio, der Prophet — so ward
er genannt, — war im Volke auch verehrt und geliebt, denn er
hatte oft bewiesen, daß er ein gütiges Herz befaß. — Diesen
Mann nun ließ der Herzog von Parma in sein Feldlager rufen
und begann: „Ich habe viel von Deiner Kunst des Weissagens
gehört und möchte sie mir dienstbar machen. Willst Du mir
dienen?" — „Ja, Herr, ich will Dir dienen", entgegnete der
Prophet. - „Gut. To sage mir, werde ich in diesem Kriege siegen
oder besiegt werden?" — „Du hast mich rufen lassen, damit Du
siegst." - „Richtig. Also prophezeie meinen Kriegern, daß sie
siegen werden, und ich habe gesiegt. Ich will es Dir königlich
lohnen." — „Verzeih, Herr, womit ivillst Du mich lohnen?" -
„Ich zahle Dir tausend Goldgulden jährlich auf Lebenszeit."
„Das wäre wohl ein guter Lohn, aber --" — „Mas sinnst
Du?" fragte der Herzog. — „Nun, man weiß im Lager Deiner
Krieger, daß Du mich hast rufen lassen. Man könnte leicht an
eine erzwungene Prophezeiung glauben. Märe es nicht besser,
wenn ich zu Deinen Feinden ginge und ihnen die Niederlage weis-
sagte?" — „Hm, Du hältst das für besser?" - „Ich weiß, daß
es so besser ist." — „Wenn Du es weißt, Prophet, so ist es besser.
Also geh in's Lager der Feinde. Heute noch!" — „Aber Herr,
für diesen Dienst verlange ich einen beßren Lohn." — „Was ver-
langst Du?" — „Ich will Statthalter werden in dem eroberten
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zeitbild"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1914
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)