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Lady W i ggi n s etc.

Auch Egglestons Gedanken waren bereits von der Verwand-
lung erfaßt worden. Er erinnerte sich, daß er, der Prinz Fadschar,
die Tochter des Maharadscha geküßt und hiefür den Tod ver-
dient hatte.

Eine eigenartige Freudigkeit durchschauerte ihn bei dem Ge-
danken an die Prinzessin. Geküßt hatte er sie — nein — küssen
wollen. Da hatte man die beiden ertappt. Dann die Flucht und
nun stand er hier und wußte nicht, wohin er weiter solle. Da
vernahm er Geschrei und von allen Seiten brachen seine Verfolger,
der Maharadscha an der Spitze, aus dem Zedernwalde hervor.
Auf weißen Stuten ritten sie, deren Nüstern brannten wie blühen-
der Mohn.

„Ergreift ihn, den Schänder, er muß brennen!“ war die ver-
heißungsvolle Begrüßung. Er sprang auf seinen Rappen und wollte
wieder entfliehen. Aber an den Schweif des Pferdes hatte sich
ein Mann geklammert, der ihm recht bekannt vorkam, der aber in
seiner Erinnerung verschwamm. (Er trug Pengs Züge.) Das Pferd
scheute durch die Überbelastung, überschlug sich und begrub beide
unter sich.

Als sie wieder auf den Füßen standen, waren sie bereits um-
ringt. Fadschar-Eggleston wurde gefesselt und zu einem Reisig-
haufen geführt, den emsige Hände so hoch wie möglich geschichtet
hatten.

Da stand er nun vor der wütenden Menge, allein und rettungs-
los verloren. Er hatte heißes Mitleid mit sich.

Der Maharadscha nahm Platz auf einem improvisierten Thron.
Ihm zur Seite stand ein schmächtiger, mißmutiger Jüngling und zu
den Füßen des Gewaltigen lag — Himmel, diese Gestalt kannte
der Verurteilte. Blondes Haar, das aus den Strahlen der unter-
gehenden Sonne gewoben schien, floß über den Eppich und brandete
von den Füßen des Tyrannen zurück. Die kostbare Gewandung
verbarg einen blühenden Mädchenleib, der schlank war wie die
Gerten der Purpurweide. Das war Surur, die Prinzessin. Sie bat
um sein Leben.

Der Maharadscha kannte kein Erbarmen. Und alle die anderen
mit ihm nicht. Der junge, schmächtige Edelmann war aber am
meisten erbost. „Ich selbst entzünde das Reisig, daß der Schänder
meiner Braut brenne wie die Fackel der Vergeltung.“ Mit diesen
Worten ergriff er einen brennenden Span und schleuderte ihn unter

den Reisighaufen, an dem sofort kleine Flämmchen emporzüngelten.
Furchtbares Beifallsgeschrei begleitete diese Heldentat.

Da geschah etwas Unerwartetes: Surur, die Blonde, sprang
auf und stürzte auf den Verurteilten zu, stieg über die brennenden
Reisigstücke zu ihm empor und schlang beide Arme um seinen
Nacken. Dabei wendete sie sich noch einmal nach dem Maharadscha
um, lächelte dem Blassen zu und küßte Fadschar-Eggleston auf
den Mund.

„Schahzadi! Schahzadi! Wehe Schahzadi 1“ heulte die Menge.
Der Tyrann stierte wie gelähmt auf seine ungeratene Tochter.
Der blutarme Bräutigam aber biß in die Tschampakablüten, die er
in Händen hielt, daß ihm die safranfarbenen Blätter wie gelber
Schaum vom Munde quollen.

„Schahzadi! Schahzadi!“ heulte die Menge.

Die Flammen hatten Sururs Gewand und Haar erreicht und
die ganze Welt schien sich in Rauch und Trauer hüllen zu wollen.
So starben die beiden, endlich vereint . . .

Es war wieder der Tempel Madanas, in dem sich Lord Harry
Eggleston zuerst zurechtfand. Die Dunkelheit, die vordem in der
heiligen Halle geherrscht, war geschwunden. Die Sonne stand so
tief, daß sie sich mit ihren goldenen Strahlenhänden zwischen die
Säulen und Götterbilder durch bis zu Eggleston tastete. Sie be-
leuchtete ein liebliches Bild. Lady Constance hielt beide Arme um
Harry geschlungen und hatte den Kopf zurückgeneigt, als hätte
sie noch den verurteilten Prinzen in den Armen. Harry war gar
nicht erstaunt über diese Situation, so war er noch von dem Vorher-
gegangenen eingenommen. Plötzlich kamen aber beide vollends
zu sich und stoben auseinander wie zwei Buben, die bei der ersten
Zigarette überrascht werden. Unwillkürlich eilten sie dem Aus-
gang zu.

Peng stand noch, wie sie ihn verlassen. Als er sie gewahrte,
bereitete er alles zum Lunch vor.

Speisen und Champagner blieben aber unberührt. Keines von
den beiden hatte Lust zum Essen. Harry blickte Constance an,
Constance blickte Harry an. Er wußte, sie hatte das gleiche er-
lebt. Er las es in ihren Augen, die noch von der Erregung tief-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Lady Wiggins Sie müssen Lady Eggleston werden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Rothaug, Alexander
Entstehungsdatum
um 1914
Entstehungsdatum (normiert)
1909 - 1919
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 141.1914, Nr. 3600, S. 50
 
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