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Der Heuchle r. -«—4
.Sa» dös Franzosen g'wc'n oder Engländer, Girgl?" — „Woaß net — i' Hab' tv' als wenn i's »et verstehet.
Die Gründung und das Ende des Srainburger Sparvereins.
n dem kleinen Provinzstädtchen Stainburg, in dem fast
alle Bürger und Beamte ehrbare Familienväter sind, ist
es für einen Junggesellen verslirt schwer, die richtige
^4^ Gesellschaft zu finden. Dies mußte leider auch der Sekre-
tär Nepomuk Schmeckenbecher, der zu seinem großen Arger von
der Provinzhauptstadt dorthin versetzt worden war, sehr bald
erfahren. Sein früherer Amtssitz und dieses Nest! Donnerwetter,
war das ein Unterschied! In der Provinzhauptstadt gab cs
wenigstens Vereine. Sieben von diesen hatte er sogar selber ge-
gründet, und wenn die Woche zehn Tage hätte, dann wären von
ihm mit Leichtigkeit zehn Vereine in's Leben gerufen worden, um
ja für jeden Abend gedeckt z» sein. Aber hier in Stainburg!
Diese rückständigen Leimsieder standen ja alle so unter dem Pan-
toffel, daß sie kaum einmal in der Woche z» einem Gesellschafts-
abcnd Zusammenkommen durften. Das hinderte jedoch den Sekretär
Schmeckenbecher nicht, auch in seinem neuen Wohnort mit vcreins-
gründungsgedanken zu operiere». Er wußte aber auch, wie man
die Steinburger von der Nützlichkeit des Vereinslebens überzeugen
konnte: Einen Sparverein wollte er gründen. Das nahm er
sich vor und führte es auch durch.
Und wirklich versammelten sich bald darauf im Nebenzimmer
vom „Goldenen Elefanten" fast dreißig Bürger und Beamte. Am
Ehrenplatz stand der Sekretär Schmeckenbecher und hielt so lange
die erbaulichsten Reden, bis ihn die Anwesenden einstimmig zum
Vorstand des neugegründeten Sparvereins „Die Biene" wählten.
Diese Begebenheit brachte ganz Stainburg durcheinander. So
etwas hatten selbst die ältesten Leute noch nicht erlebt. Die Buben
und Mädeln drückten sich außen an den Fensterscheiben des Neben-
stiiberls die Nasen platt. Am liebste» hätten es die Beamtens-
gattinnen auch getan, weil sich aber ein solches Benehmen für
ehrbare Ehefrauen doch nicht schickt, so mußten sie sich damit be-
gnügen, auf dem Marktplatz vor dem „Goldenen Elefanten" hin
und her zu spazieren und ihre Meinungen gegenseitig auszutauscheu.
Die meisten waren gegen die Vereinsgründung und zogen gegen
den Gründer Schnieckenbecher, der ihre Ehemänner oft auf ganz
hinterlistige weise zum Beitritt überredet haben sollte, gehörig
los. Einige aber waren wieder dafür und so kam es auf dem
Marktplatz bald zu ziemlich angeregten Unterhaltungen. Der Name
„Schnieckenbecher" spielte dabei die Hauptrolle. Jedes dritte Wort
war „Schmeckenbecher". Schmeckenbecher, Schnieckenbecher, nichts
wie Schnieckenbecher!
So gegen neun Uhr meinten allerdings die auf dem Markt-
platz versammelten Frauen, daß die Vereinsgründung eigentlich
schon vollzogen sein könnte.
Als aber von den Ehemännern noch immer keiner zum Vor-
schein kam, begaben sich die wartenden Frauen allmählich ans den
Heimweg. Und weil die Stainburgerinnen insgesamt nicht dumm
waren, ließen sie es sich voreinander gar nicht merken, wie sehr
sie darüber ungehalten waren, daß ihre Ehemänner, die doch so
unter dem Pantoffel standen, auf einmal derartige Seitensprünge
machten. Dafür nahmen sie sich um so fester vor, den häuslichen
Empfang dementsprechend einzurichten.
Erst nach zwölf Uhr wackelten die Vereinsgründer ans dem
„Goldenen Elefanten". Manche brauchten sogar die Hausknechte
als Reisebegleiter.
von den Gardinenpredigten, die dieser erste Vereinsabend im
Gefolge hatte, bekam leider auch der Sekretär Schnieckenbecher
sein Teil. Die Frau Schneidermeister Stich, bei der er als Zimmer-
herr wohnte, und die ursprünglich zu seinen Anhängerinnen
gezählt hatte, wendete sich nämlich nicht bloß an ihren Mann,
Der Heuchle r. -«—4
.Sa» dös Franzosen g'wc'n oder Engländer, Girgl?" — „Woaß net — i' Hab' tv' als wenn i's »et verstehet.
Die Gründung und das Ende des Srainburger Sparvereins.
n dem kleinen Provinzstädtchen Stainburg, in dem fast
alle Bürger und Beamte ehrbare Familienväter sind, ist
es für einen Junggesellen verslirt schwer, die richtige
^4^ Gesellschaft zu finden. Dies mußte leider auch der Sekre-
tär Nepomuk Schmeckenbecher, der zu seinem großen Arger von
der Provinzhauptstadt dorthin versetzt worden war, sehr bald
erfahren. Sein früherer Amtssitz und dieses Nest! Donnerwetter,
war das ein Unterschied! In der Provinzhauptstadt gab cs
wenigstens Vereine. Sieben von diesen hatte er sogar selber ge-
gründet, und wenn die Woche zehn Tage hätte, dann wären von
ihm mit Leichtigkeit zehn Vereine in's Leben gerufen worden, um
ja für jeden Abend gedeckt z» sein. Aber hier in Stainburg!
Diese rückständigen Leimsieder standen ja alle so unter dem Pan-
toffel, daß sie kaum einmal in der Woche z» einem Gesellschafts-
abcnd Zusammenkommen durften. Das hinderte jedoch den Sekretär
Schmeckenbecher nicht, auch in seinem neuen Wohnort mit vcreins-
gründungsgedanken zu operiere». Er wußte aber auch, wie man
die Steinburger von der Nützlichkeit des Vereinslebens überzeugen
konnte: Einen Sparverein wollte er gründen. Das nahm er
sich vor und führte es auch durch.
Und wirklich versammelten sich bald darauf im Nebenzimmer
vom „Goldenen Elefanten" fast dreißig Bürger und Beamte. Am
Ehrenplatz stand der Sekretär Schmeckenbecher und hielt so lange
die erbaulichsten Reden, bis ihn die Anwesenden einstimmig zum
Vorstand des neugegründeten Sparvereins „Die Biene" wählten.
Diese Begebenheit brachte ganz Stainburg durcheinander. So
etwas hatten selbst die ältesten Leute noch nicht erlebt. Die Buben
und Mädeln drückten sich außen an den Fensterscheiben des Neben-
stiiberls die Nasen platt. Am liebste» hätten es die Beamtens-
gattinnen auch getan, weil sich aber ein solches Benehmen für
ehrbare Ehefrauen doch nicht schickt, so mußten sie sich damit be-
gnügen, auf dem Marktplatz vor dem „Goldenen Elefanten" hin
und her zu spazieren und ihre Meinungen gegenseitig auszutauscheu.
Die meisten waren gegen die Vereinsgründung und zogen gegen
den Gründer Schnieckenbecher, der ihre Ehemänner oft auf ganz
hinterlistige weise zum Beitritt überredet haben sollte, gehörig
los. Einige aber waren wieder dafür und so kam es auf dem
Marktplatz bald zu ziemlich angeregten Unterhaltungen. Der Name
„Schnieckenbecher" spielte dabei die Hauptrolle. Jedes dritte Wort
war „Schmeckenbecher". Schmeckenbecher, Schnieckenbecher, nichts
wie Schnieckenbecher!
So gegen neun Uhr meinten allerdings die auf dem Markt-
platz versammelten Frauen, daß die Vereinsgründung eigentlich
schon vollzogen sein könnte.
Als aber von den Ehemännern noch immer keiner zum Vor-
schein kam, begaben sich die wartenden Frauen allmählich ans den
Heimweg. Und weil die Stainburgerinnen insgesamt nicht dumm
waren, ließen sie es sich voreinander gar nicht merken, wie sehr
sie darüber ungehalten waren, daß ihre Ehemänner, die doch so
unter dem Pantoffel standen, auf einmal derartige Seitensprünge
machten. Dafür nahmen sie sich um so fester vor, den häuslichen
Empfang dementsprechend einzurichten.
Erst nach zwölf Uhr wackelten die Vereinsgründer ans dem
„Goldenen Elefanten". Manche brauchten sogar die Hausknechte
als Reisebegleiter.
von den Gardinenpredigten, die dieser erste Vereinsabend im
Gefolge hatte, bekam leider auch der Sekretär Schnieckenbecher
sein Teil. Die Frau Schneidermeister Stich, bei der er als Zimmer-
herr wohnte, und die ursprünglich zu seinen Anhängerinnen
gezählt hatte, wendete sich nämlich nicht bloß an ihren Mann,
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Heuchler"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1914
Entstehungsdatum (normiert)
1909 - 1919
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 141.1914, Nr. 3601, S. 62
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg