Fliegende Blätter (141.1914 (Nr. 3597-3622))

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''©/G' Der Herr Professor.

„So. Sie haben sich also auch als Freiwilliger gestellt — das ist schön. Hanneman», das; Sie Ihre schlechte Note
im „Französischen" verbessern wollen!"

Die Dichter im ^rieg.

HDo sind im Krieg die Dichter?

Einige durften die Gewehre schultern und hinausmarschieren,
viele mußten daheim bleiben. Aber in der Schützenlinie liegen alle
und zielen.

Blitz und Knall und Sturmgeschrei da draußen, und von der
Fahne rauscht der Sieg. Ach. Kinder, habt ihr's schön! Und uns
Zurückgebliebenen krampst sich 's perz: Nicht dabei zu sein, o
Gott . . .

Seid getrost, zurückgeblieb'ne Dichter: Ihr seid dabei.

Dort draußen flattert keine Fahne, die nicht auch euch die
Wange streifte. Kein purra rollt draußen, das sich nicht an euren
inneren Herzkammern bräche. Keine Kugel fliegt, aus der ihr
nicht mitrittet. Kein Sieg, der nicht auch eure Brust durchzittert.
Kein Schmerz, der nicht an euren Nervensträngen risse. Kein
Sterben draußen, das nicht mit Adlerflügeln auch um eure Stirnen
weht.

Ihr Kleinmütigen, war euch das Dabeisein sonst an Vrt und
Zeit gebunden? ksattet ihr es nötig. Rückfahrtkarten an den
pol und den Äquator zu bezahlen, um Eisesschauer und Tropen-
flammen zu erleben? Schuft ihr eure Schicksalshelden, eure Werke
nicht tausend Weilen fern von den Betroffenen? Saht ihr nicht
der Frau Vergangenheit neben eurem Schreibtisch heute tiefer in
die Augen, als es je ein Mensch zu ihrer Zeit getan?

Seid getrost, ihr seid dabei, pinunter seht in euch! Ge-
steht, ihr müßtet schlechte Dichter sein, brennten nicht in eurer

Brust die Dörfer und die Städte, stampften, ritten unsere Krieger
nicht durch euer perz zum Angriff, schmetterten Trompeten nicht
in euren Schläfen, zuckten nicht in euren Lingeweiden die Er-
schlagenen !

Beklagen wollt ihr euch, weil ihr zu pause sitzen müßt an
eurem Schreibtisch? Schämt euch doch, schlagt zurück den Mantel
eurer Seele — erkennt ihr jetzt. Begnadete, wie's mit euch steht
in diesen Riesentagen: Gott, der perr. hat euch zurückgeblieb'ne»
Dichtern doch das Schlachtfeld in der eig'nen Brust belassen. Selber
seid ihr wandelnde Schlachtfelder, auf denen euer Volk nm's pöchste
ringt. Wo ihr immer geht und steht in dieser Zeit, eure Schlacht-
felder tragt ihr mit herum.

Ihr Zurückgeblieb'ne» geht umher in Städten und in Dörfern.
Ohne Uniform und ohne Waffen. Und die euch sehen, die unter-
wegs an euren Ärmeln streifen, haben keine Ahnung, daß in euch
des Vaterlandes Kampf brüllt.

Ihr geht umher, und eure (Uhren horchen um den waffen-
tosenden Erdball. Ihr geht umher, und eure Augen trinken, was
die Wimper hält, vom Geist der Zeiten in sich ein. Und des
Nachts sah ich eure Augen wie Feuerkugeln auf der Funkentürme
Spitze, drahtlos in Verbindung mit dem Geschick der Welt.

Ihr zurückgeblieb'ne» Dichter, hebt die pände, dankt dein
Gott der Schlachten auch für diese letzte Gnade: Wenn in eurer
Brust die Scblachten dieser Riesenzeit verglommen und verglüht
sind, steigt und wächst aus ihrer Asche euer Bestes, euer werk.

_ Fritz Müller.