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Davidche.

A Gcschichtchc aus Galizien.

wie's Davidche is gekonimen auf die Welt, hat niemand können
sagen, daß er war' ein schönes Kind. Er hat ausgesehen, als war'
er 'n Aktienunternehmen von 'ner Gesellschaft Hottentotten, Nasen-
affen und Eskimos, „Herr veigelblüh," hat die Hebamm' zum
David sen. gesagt, „entschuldigen S', aber ich kann nix dafür!"

Die Natur ist doch oft recht boshaft! was hat sie ihm mit-
gegeben, dem Davidche:
ä Birnnas', 'nen weiten
Mund mit Wulstlippen,

Schlitzaugen, große ab-
stehende Dhrwascheln,
auf dem Kopfe dichte
schwarze woll' wie ver-
filztes Roßhaar, zu kurze
aber krumme Bein', zu
lange Arm' I So hat 's
Davidchen ausgeschaut.

Sein Vater ist aber nicht
gewesen unglücklich dar-
über. Lr hat ein Por-
trät von sei'm Urgroß-
vater als Rind: der war
grade so. Und er selber
ist auch nicht anders.

Das Haus veigelblüh
hat sich erhalten rein in
der Raff', war 's Da-
vidche gewesen anders,
so hält' sei' Vater müss'n
glauben, die Rebekka
war' ihm geword'n un-
treu.

wenn 's Davidche
aber auch nicht war ein
schönes Kind, so ist er
doch recht bald gewor-
den „ä geschaltes Rind",
bei dem der vom Tate-
leben ererbte Geschäfts-
sinn is zum Durchbruch
gekommen schon vor de
Milchzähn', Hätt' 's
Davidche gehabt einen
Zwillingsbruder, so hält'
er mit dem ganz g'wiß
schon gehandelt und ge-
schachert im Mutterleib,
weil er aber is gewesen
allein, so hat er müssen warten, bis er is gekommen auf die Welt
und in die Schul'. Da hat er dann auch gleich angefangen ze han-
deln mit Griffel, mit Schwämmche', mit sei'm Frühstücksbrot und
so weiter. Einmal hat er verschachert sogar sei' Mützche' und sei'
Halstuch und hat gesagt zu Haus', ä böser Bub' hätt' s' ihm
genommen auf der Straß'.

Davidche war noch nicht fünf Jahre alt, da hat er schon
gelernt den Kurszettel auswendig, vorwärts und rückwärts. Sei'
höchstes Glück is gewesen, zu sitzen im Geschäft bei der Kaff', zu
sehen das Geld, das viele Geld, zu hören das feine, feine Kling,

Kling der Gold- und Silbcrmünzen. (Damals hat's noch gegeben
auch im Kaisertum Österreich Gold- und Silbergeld I) In solchen
Augenblicken hat er gegeifert vor vergniechen und gewedelt glück-
selig mit de' Segelohren wie 'n afrikanischer Elefant.

wie 's Davidche is geworden alt zehn Jahr', hat ihm geschenkt
der Tate schmunzelnd ä Krön'. Davidche hat sich bedankt, aber

die visasch von dem
Alten is ihm gewesen
verdächtig, sehr ver-
dächtig! Schmunzeln,
wenn mer Geld her-
gibt? Mer schmunzelt
doch bloß, wenn mer
eins bekonimt I Davidche
ging 'naus in den Hof
und ließ fallen de Münz'
aufs Pflaster: sic hat
gegeben kein' richtigen
Klang, sie is gewesen
falsch. Also deshalb
das Geschniunzell Der
Tate hat wollen be-
schummeln den Sohn
zu sei'm Geburtstag!
„Leid kannst De mer
tun!" dachte der Sohn
und lief zur Mutter:
„Mämmc, der Tatelcbe»
hat vier geschenkt ä
Krön'! Bitt' schön.
Wechsel mer s'!"

Und mit zehn gute
Nickel, die er hat dafür
bekommen, is er gekro-
chen in den hintersten
Winkel vom Magazin,
wo er hat gehabt ä
versteck für sei' geheime
Sparbüchs'. 2lm andern
Tag hat ihn gefragt
der Tate: „Davidche,
wo hast Dci' Krön'?"
Und hat dabei gelächelt
wieder ganz schlau.
Aber 's Davidche hat
gelächelt noch schlauer
und hat gesagt: „De
Mämme hat sei Ich
Hab' vier s' lassen wechseln." — Da hat David sen. gegeben dem
David jun. den ersten Kuß. Und 's Davidche hat von dem Tag
an dürfen konimen ins Kontor ungcmcldet, wie der Marquis posa
zum König Philipp.

Die Mämme aber hat in der Nacht darauf gesteckt die falsche
Krön' dem Tatelebcn in sei' Portemonnaie und dafür 'rausge-
nommen zwei gute.

Der Tatelcben aber hat gcrad' im Schlaf geseufzt und grausam
gestöhnt: Es hat ihm geträumt, er wär' geword'n ä Papierscher'
und müßt' schneiden Tag und Nacht lauter Kupons aus Eisenblech.

«. y°i,.

Das Fragezeichen.

„Ach, Taitte, Du willst
wohl schvu wieder was fra-
gen?" — „Aber, Kind, wie
kommst Du denn darauf?"

118
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Davidche"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schendel, Otto
Entstehungsdatum
um 1922
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1927
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 156.1922, Nr. 4002, S. 118
 
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