So sind die Männer!
lZur Psychologie des stärkeren Geschlechts.)
Go weit kennt jeder die alte Geschichte.
Doch neu ist manchem, was nun ich berichte:
Als nämlich damals Andromeda
Stand frei unterm Himmelsdome da,
Rief sie: „Mein Held, mein Retter, mein
Mäuschen,
Wir kennest alle von Perseus die Mär:
Er kam mit dom Haupte der Gorgo daher,
Das alles konnte versteinen machen.
Versteinerte also den scheußlichen Drachen
Mit diesem Zauberphantome da
And sagte: „Servus, Andromeda!'
Mein süßes, herzlich geliebtes perseuschen,
Doll Älut ist mein Mantel, so kann ich nicht
geh'n,
Dedenke, wenn das die Leute seh'n!
Drum zieh' ich ihn aus hinterm Weidenstaket-
chen
Und mache daraus ein ganz kleines paketchen.
Verschnüre mit Schilfrohr es wohlgemut,
Und nicht wahr, Du trägst mir's? Du bist so
gut ?"
Und Perseus, der eben sein Leben erst wagte
Für sie, er zuckte die Achseln und sagte:
„Oho! Gern will ich noch Drachen erschlagen,
Doch einer Frau ein paketchen zu iragen,
tlnd sei es das kleinste, das geht zu weit!!
Äedaure unendlich! Es tut mir leid!"
tlnd wie sie auch bittet und weint und fleht.
Er war ein Held und trug kein Paket.
Sie stand umsonst im Tränensirome da -
So sind die Männer, o Andromeda! Karl «imnger.
Der Freimaurer.
wie so oft, saßen auch diesmal
wieder die Honoratioren des Dorfes
beim Hirschwirt beisammen, unter ihnen
der Fischerl, ein ehrsam pfiffig' Bäuer-
lein, das den Umgang mit den großen
Herren besonders liebte,! weil man da
gar manches Neue und wissenswerte
erfuhr. Das Gespräch drehte sich heute
uni die Freimaurer, ihre geheimen
Kräfte, den Einfluß, den sic in allen
Zweigen des Staatslebens, sogar in
diesem kleinen Neste ausübten. Der
Fischerl reißt Augen, Mund und Ghren
sperrangelweit auf, dannt ihm ja kein
wort entgehe, aber daß im Dorse selber
auch Freimaurer sein sollten, das kann
er nicht für wahr halten. „Dös glaubst,"
sagt der Förster, „geh' nur zum Bahn-
expeditor, dös is aa so einer, so a ganz
hinterfotziger. wannst dem dreimal
hinteranand nüt 'm Zeigefinger ’n rich-
tigen Deutcrer gibst, das heißt auf Dein'
link'n Stiefel obideut'st, nacha kriagst
umasunst a Billett auf München zunr
Äktobcrfest. Probier's, wennst es net
glaubst." Das läßt sich der Fischerl net
zweimal sagen. Am andern Tag er-
scheint er reisefertig, mit seinem Fest-
tagsgewand angetan, vor dem Bahn
Hofschalter, wo ihn der bereits einge-
weihte Bahngewaltige mit heiterer
Miene empfängt. Der Fischer! aber sagt
kein Wort, deutet dreinial langsani und
bedächtig auf seinen linken Stiefel Vnd
empfängt richtig die Fahrkarte nach
München, wer war froher und be-
friedigter als unser Fischerl! „Dös Ding
haut," denkt er, „dös niach' mcr öfter",
und fährt getrost seinem Bestimmungs
ort zu. Als er sich das Mktoberfest
richtig angeschaut hat, denkt er allmäh-
lich auch wieder ans Heimfahren. Lr
probiert auch vor den, Schalter in der
Hauptstadt sein Freimaurerkunststück
und das nicht ein einziges Mal. Da
kommt er aber schief au. verschiedene
derbe Liebenswürdigkeiten fliegen ihn,
an den Kopf, was aber den Fischer!
nicht aus seiner damals noch königlich
bayrischen Ruhe bringt. „Ruck nur außer
mit 'm Billett, i’ kenn' Enk Brüadcr
scho', g'hör' ja a dazua", lügt er seelen
ruhig und deutet beharrlich dreimal
hintereinander auf seinen linken Stiefel,
bis ihm der andere mit der Polizei
droht und der Fischerl seine Rückfahrt
bezahlt. „Da stimmt ebbas net," kommt
's ihm allmählich, „die Lumpen dahoan,
Ham mi' wohl gar ang'log'n." Je
länger die Fahrt dauerte, desto mebr
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lZur Psychologie des stärkeren Geschlechts.)
Go weit kennt jeder die alte Geschichte.
Doch neu ist manchem, was nun ich berichte:
Als nämlich damals Andromeda
Stand frei unterm Himmelsdome da,
Rief sie: „Mein Held, mein Retter, mein
Mäuschen,
Wir kennest alle von Perseus die Mär:
Er kam mit dom Haupte der Gorgo daher,
Das alles konnte versteinen machen.
Versteinerte also den scheußlichen Drachen
Mit diesem Zauberphantome da
And sagte: „Servus, Andromeda!'
Mein süßes, herzlich geliebtes perseuschen,
Doll Älut ist mein Mantel, so kann ich nicht
geh'n,
Dedenke, wenn das die Leute seh'n!
Drum zieh' ich ihn aus hinterm Weidenstaket-
chen
Und mache daraus ein ganz kleines paketchen.
Verschnüre mit Schilfrohr es wohlgemut,
Und nicht wahr, Du trägst mir's? Du bist so
gut ?"
Und Perseus, der eben sein Leben erst wagte
Für sie, er zuckte die Achseln und sagte:
„Oho! Gern will ich noch Drachen erschlagen,
Doch einer Frau ein paketchen zu iragen,
tlnd sei es das kleinste, das geht zu weit!!
Äedaure unendlich! Es tut mir leid!"
tlnd wie sie auch bittet und weint und fleht.
Er war ein Held und trug kein Paket.
Sie stand umsonst im Tränensirome da -
So sind die Männer, o Andromeda! Karl «imnger.
Der Freimaurer.
wie so oft, saßen auch diesmal
wieder die Honoratioren des Dorfes
beim Hirschwirt beisammen, unter ihnen
der Fischerl, ein ehrsam pfiffig' Bäuer-
lein, das den Umgang mit den großen
Herren besonders liebte,! weil man da
gar manches Neue und wissenswerte
erfuhr. Das Gespräch drehte sich heute
uni die Freimaurer, ihre geheimen
Kräfte, den Einfluß, den sic in allen
Zweigen des Staatslebens, sogar in
diesem kleinen Neste ausübten. Der
Fischerl reißt Augen, Mund und Ghren
sperrangelweit auf, dannt ihm ja kein
wort entgehe, aber daß im Dorse selber
auch Freimaurer sein sollten, das kann
er nicht für wahr halten. „Dös glaubst,"
sagt der Förster, „geh' nur zum Bahn-
expeditor, dös is aa so einer, so a ganz
hinterfotziger. wannst dem dreimal
hinteranand nüt 'm Zeigefinger ’n rich-
tigen Deutcrer gibst, das heißt auf Dein'
link'n Stiefel obideut'st, nacha kriagst
umasunst a Billett auf München zunr
Äktobcrfest. Probier's, wennst es net
glaubst." Das läßt sich der Fischerl net
zweimal sagen. Am andern Tag er-
scheint er reisefertig, mit seinem Fest-
tagsgewand angetan, vor dem Bahn
Hofschalter, wo ihn der bereits einge-
weihte Bahngewaltige mit heiterer
Miene empfängt. Der Fischer! aber sagt
kein Wort, deutet dreinial langsani und
bedächtig auf seinen linken Stiefel Vnd
empfängt richtig die Fahrkarte nach
München, wer war froher und be-
friedigter als unser Fischerl! „Dös Ding
haut," denkt er, „dös niach' mcr öfter",
und fährt getrost seinem Bestimmungs
ort zu. Als er sich das Mktoberfest
richtig angeschaut hat, denkt er allmäh-
lich auch wieder ans Heimfahren. Lr
probiert auch vor den, Schalter in der
Hauptstadt sein Freimaurerkunststück
und das nicht ein einziges Mal. Da
kommt er aber schief au. verschiedene
derbe Liebenswürdigkeiten fliegen ihn,
an den Kopf, was aber den Fischer!
nicht aus seiner damals noch königlich
bayrischen Ruhe bringt. „Ruck nur außer
mit 'm Billett, i’ kenn' Enk Brüadcr
scho', g'hör' ja a dazua", lügt er seelen
ruhig und deutet beharrlich dreimal
hintereinander auf seinen linken Stiefel,
bis ihm der andere mit der Polizei
droht und der Fischerl seine Rückfahrt
bezahlt. „Da stimmt ebbas net," kommt
's ihm allmählich, „die Lumpen dahoan,
Ham mi' wohl gar ang'log'n." Je
länger die Fahrt dauerte, desto mebr
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"So sind die Männer!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1922
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1927
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 156.1922, Nr. 4004, S. 134
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg