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Hat die Mutter einen Sohn,

Träumt sie gern beizeiten schon,

Was er für ein großer Mann
In der Zukunft werden kann.

Mit vertrauensvottem Ginn
Geht sie zum Professor hin,

Fragt ihn nach den Geistesgaben
Ihres heißgeliebten Knaben.

Hört sie dann, was dieser spricht,
Weint sie sehr und glaubt ihm nicht.

Die Töchter des Lykomedes.

Doch im alten Griechenland
Gab es keine Professoren,

Weil der Grieche, kaum geboren,
Griechisch ganz von selbst verstand.
Wollt' in alten Griechentagen
Eine Mutter sich befragen,

Schickte sie vom Wochenbette
Eilig zur Orakelstätte.

So, nach der Geburt Achilleus,

Fragte schon zur Zeit des Stillens
Mutter Thetis sorgenbang
Nach des Sprößlings Werdegang.

Und es hieß: „Der Himmel will es.
Groß als Kriegsmann wird Achilles.
Leider wird er gar nicht alt,

! Denn der Feind erschießt ihn
,\ bald".

Datei- einer Töchterschar,

And so sprach sie, dies benutzend:
„Du hast schon ein halbes Dutzend,
Kennst Dich gut mit Töchtern aus.
Nimm auch meine noch ins Haus!
Im Verkehr mit Nachbarsjungen
Ward sie mir zu ungezwungen:
Gang und Sprache und Gebärden
Müssen wieder feiner werden.
Deinen Töchtern wird's gelingen,

Als Frau Thetis das erfuhr,

Tat sie einen heiligen Schwur,
Sagte: „Nun und nimmermehr
Darf Achill zum Militär!"

And sie sann, wie sich die Krise
Glatt und leicht vermeiden ließe.
Eines Tages ward sie heiter,
Nähte hübsche Mädchenkleider
And Achill ward ahnungslos
In den hübschen Kleidern groß.

Als er schon im zwölften Iahr
And sehr schlank gewachsen war,
Fuhren sie auf eine Insel
Fern im blauen Meergerinsel.
König war in diesem Lande
Lykomedes, den sie kannte.
Lykomedes nämlich war


Ihr das Nötige beizubringen,
Was bisher versäumet ward,
Schliff und feine Lebensart."

Lykomedes, hoch geschmeichelt,
Dem Achill die Wangen streichelt,
Spricht: „Die Kleine ist ein Engel!
Hat sie wirklich einige Mängel,

Vei den Mädchen lernt sie schon
Ganz von selbst den guten Ton."

Thetis, frei von ihrem Gram,

Heitern Herzens Abschied nahm
And ihr Sohn, den sie verließ,

Fortan Fräulein Ehloe hieß.

Freilich, ihr Charakter war

Sozusagen sonderbar:

Statt sich fügsam zu gewöhnen
An die Art der andern Schönen,
Hatte sie die guten Mädchen
Alle selber bald am Fädchen,-
Eifrig lernten die prinzeßchen
Allerhand verbotene Späßchen.

Eines Tags erzählte Ehloe
Aus der Heimat manches Frohe.

Aus Thessaliens Alpenland
War ihr noch ein Tanz bekannt,

And sie ließ Sandalen holen,

Dicke, derbe Nagelsohlen,

Stampfte dann, und mit den Hände,
Klatschte sie auf Knie und Lenden.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Töchter des Lykomedes"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Kirchner, Eugen
Entstehungsdatum
um 1922
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1927
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 157.1922, Nr. 4014, S. 2
 
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