Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Preis Ml. 20-

München, 47. November

Alle Rechte Vorbehalten.

No. 4033

Sb. 157 (20)

Ser Angler schraubte die Wider-
haken der Sechtangel los. nahm
aus einem irdenen Topf eine Ka-
rausche. spießte sie an dem spitzen
Teil des liechthakens aus und
schraubte vor dem Maul der Ka-
rausche die Widerhaken fest, so daß
sie kaum noch zu sehen waren.

Der kleine .fisch zappelte vor
Schmerzen.

Dann warf der Angler die
Schnur mitsamt dem Köder aus.

Als die Karausche fühlte, das;
sie wieder im Wasser war, schwamm
sie schnell davon.

Doch kaum hatte sie wenige
Dieter durchmessen, als der Angler
die Schnur, an der der tfechthaken
befestigt war. wieder einzog, und
trotz aller Bemühungen der Ka-
rausche ein Verstecken oder gar
Entfliehen unmöglich war.

„Was für ein Unsinn ist doch
das Leben." dachte die Karausche.

„erst wird man aufgesxießt, daß
man vor Schmerz kaum mit den
Glossen wackeln kann. Und wenn
matt endlich wieder im Wasser ist.
sieht man kein Vorwärtskommen.

Kaum ist man ein Stückchen weiter,
da zieht einen eine geheimnisvolle
Macht immer wieder zurück."

Zu dem Angler war mittler-
weile ein Bekannter getreten und
hatte die übliche .frage: „Nun,
wie geht es Dir?" an ihn gerichtet.

Der Angler brummte ärgerlich:

„Du siehst ja. wie es mir geht.

Ich bemühe mich, einen liecht zu
fangen, damit wir morgen etwas
auf dem Tische haben."

„liast Du denn keine Arbeit mehr?" fragte die andere Stimme.

„Nein, schon seit vier Wochen nicht mehr", brummte ärgerlich der
Angler. „Was für ein Unsinn ist doch das Leben! Kaum ist man
ein Stückchen vorwärts gekomnten. da ist es. als ob eine geheimnis-
volle Ulacht einen immer wieder zurückzöge."

Leider hörte die Karausche dieses lehrreiche Gespräch nicht
mehr, sie zappelte vielmehr ängstlich an der Schnur und bemühte
sich emsig in einem Dickicht von Wasserfaru Zuflucht zu ftnöctt;

denn von weitem nahte kserr Esor,
der liecht. der große Flußräuber.

Ulit wenige,: Flossenschlägen
stand er blitzschnell neben der Ka-
rausche. Doch wider deren Erwar-
ten sperrte er seine Krokodils-
schnauze nicht auf, sondern blieb
in: Wasser stehen, fächelte sich mit
seinen Brustflossen gemächlich
frisches Wasser zu und sah die
Karausche gutmütig an.

„Beißen Sie doch zu!" rief die
Karausche. „Etwas anderes kommt
aus unfern: Rendezvous doch nicht
heraus. Aber machen Sie einen
doch nicht so nervös!"

„MH nein", sagte der liecht.
„Sie müssen schon entschuldigen,
meine Beste, aber ich bin ein
wenig echauffiert. Ich komme von
einen: trefflichen Besuch, den ich
der Familie Plötze abgestattet habe.
Ich sage Ihnen, die beiden Töchter
haben großartig geschmeckt . . .
dieses zarte Fleisch!. . Sogar der
alte Großvater, der mir aus Ver-
sehen in den lVeg lief, war gar
nicht so hart, wie ich annahn: . . .
Aber dann kan: mir so ein Ein-
faltspinsel von Bitterling ins Ulaul
und dieser grüne Bengel hat mir
den ganzen Geschmack verdorben.
Eine Unverschämtheit von diesen
Leuten, so bitter zu schmecken! Noch
jetzt ist mir speiübel . . ."

„Ich wünsche recht gute Bes-
serung". entgegnete vorsichtig die
Karausche und schielte nach den:
Wasserfarndickicht.

Der lsecht sah es. „Nicht doch,
meine Liebe, ängstigen Sie sich vor
der lfand bitte noch nicht! Ich bin heute guter Laune und sehr
redselig, lvissen Sie. daß wir heute morgen eine Riesenversamm-
lung gehabt haben?"

„Nein," stammelte die Karausche, „ich bin seit einigen Tagen
verreist gewesen..."

„Es war einfach fabelhaft." fuhr der liecht fort, „der alte lierr
Luzius Esor, der große Teichbesitzer von Uloorwärder, hat über die
Lösung der sozialen .frage gesprochen. liat sehr gut gesprochen,

2"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die soziale Frage"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Untersberger, Andreas
Entstehungsdatum
um 1922
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1927
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 157.1922, Nr. 4033, S. 153
 
Annotationen