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Das Schwein des
Gerichts.

Abraham Tannenwald lag mit
Samuel Löwenstein in gerichtlichem
Streit.

Es war eine peinliche Sache,
eine verflucht und zugenäht schmie-
rige Angelegenheit. Wenn dies
einmal Tannenwald selbst einsah,
dann mußte schon was Anrüchiges
dahinterstecken. Und wenn er selbst
befürchtete, sie könnte schief hinaus-
gehen, so niußte sein Karren schon
arg im Dreck stecken. . .

Also ging er vor der letzten
und entscheidenden Verhandlung zu
seinem Rechtsanwalt. In der Syna-
goge, kurz vor dcni Einschlafen,
hatte er einen glücklichen Gedanken

Die unterbrochene Liebeserklärung.

I. Laus spricht zu Grel': „Die Blume frag'.
Auf daß sie meine Lieb' Dir sag'!"

zur Welt gebracht. Den trug er
jetzt seinen« juristischen Beistand vor:
„lvie wär's, Herr Doktor, wenn
ich — um über meinen Gegner
Löwenstein bei die Gerichte zu ge-
winnen, wenn ich dem hohen Ge-
richtshof ein Schwein schenken
würde? Damit er sieht, daß ich ein
Mensch bin, der Achtung vor die
Gerichte hat - und daß ich mensch-
lich sein kann . .."

„Um Gottes willen, Herr
Tannenwald", entgegnete ihm cin-
fallend der Rechtsanwalt, „da ver-
lieren sie ohne Gnade; das Ge-
richt ist unbeeinflußbar - und
Sie werden dazu obendrein wegen
eines Versuches der Bestechung
bestraft.."

Tannenwald steckte den Daumen

durch das Knopfloch seiner Phan-
tasieweste „Fata Ulorgana" und
sah in die Rauchwolke seiner Ha-
vanna, als würde darin verhüllt
das versprochene Schwein schon
direkt in den Gerichtssaal fliegen.

Lange saß er so noch nachdenk-
lich da; dann sprang er, wie von
einem neuen Gedanken gefüllt, auf,
reicht deni Rechtsanwalt beide
Hände und sagte nur: „Ja, Sie
haben recht. Hundert Jahr sollen
Sie alt werden — aber gleich I"
Und schon war er fort.

Die Tage des Gerichtes kamen.
Tannenwald hatte seinen Prozeß
gegen Löwenstein glatt gewonnen.

4. Der Boden weicht, mit lautem Knall'
Stürzt er in eine Raubtierfall'.

Draußen im Gang stieß er
freudig und speckig glänzend an
seinen Rcchtsbeistand. Der brachte
sogleich selbstbewußt hervor: „Ru,
was habe ich Ihnen gesagt? Ls
war doch gut, daß Sie das Schwein
nicht an das Gericht abgeschickt
haben, was . . .?"

Abraham Tannenwald schmun
zelte, als wollte sein Gesicht zu
Margarine zerlaufen, wieder steckte
er seinen Daumen durch das Knopf-
loch seiner Phantasieweste „Fata
Morgana", blies den Rauch der
Havanna wie eine frischgeheizte
Lokomotive vor sich hin und sah
blinzelnd in den Rauch hinein:

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die unterbrochene Liebeserklärung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1922
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1927
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 157.1922, Nr. 4024, S. 82
 
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