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x -j- 3 Tage, und würde dann der Tyrann wirklich das Leben des
freundes auslöschen, so käme das in der Gleichung zum Ausdruck
x -j- 3 = o . . . . Der Tyrann gewährt die Bitte und Phintias liefert
sich dem Tyrannen aus. Bestand das Hausgesinde und die Familie
des Phintias aus n Personen, so blieben nach seinem Weggang
n—z Personen. Dämon vereint die Schwester dem Gatten; be-
zeichnet G einen Gatten, so ist die Formel für die Ehe (E) folgende:
Gi + Ga = E . . . . Dämon kommt nun an einen Strom — S mit
Brücke = B; der Strudel der Wasser hat aber die Brücke hinweg-
gerissen, also 8 -f- B B = S . . . Dämon teilt nun aber doch mit
gewaltigen Armen (Ai und Aa) den Strom, wodurch er das Ufer — U

reicht; also ÄTT^ = U

Tin neues Hindernis! Nun stürzt ihm die raubende Rotte — r
entgegen. Schnell gefaßt, erschlägt l) drei der Räuber mit gewal-
tigen Keulenstreichen. Bezeichnen nur einen Räuber niit kt, so er-
gibt sich als Zahl der andern, die entweichen r — (Ri -f- R2 -f- R3) . ..
Allmählich aber versendet die Sonne glühenden Brand — bi; groß
ist auch der Brand, der Dämon die Zunge dörrt, = da; die wasser-
menge m, die Dämon an dem endlich gefundenen „lebendigen (Quell"
zu sich nimmt, dürfte also richtig durch den Satz ausgedrückt werden
m — bi 4- b2 . . . Erquickt eilt Dämon weiter; da sieht er zwei Wan-
derer die Straße ziehen; also Gesamtzahl der Touristen — 3.

Aus ihrem Wunde vernimmt er die Schreckensworte: „Jetzt
wird er ans Kreuz geschlagen!" Da beflügelt die Angst den eilenden
Fuß, also bewegt sich Dämon wohl anfangs mit der „Geschwindig-
keit eines Fußgängers im eiligen Schritt," die, statistisch nachweisbar
für die Sekunde 2,q m beträgt, und mag zuletzt allenfalls das Tempo
eines Jagdhundes erreichen = 25 m die Sekunde. Dder aber: wir
betrachten Dämon als einen materiellen Punkt, der sich mit einer
gewissen Kraft der Beschleunigung fortbewegt, so findet hier, ganz
allgemein gesprochen, der Satz Anwendung: Kraft — Waffe mal Be-
schleunigung ... So erreicht Dämon glücklich doch noch im letzten
Augenblick die Stadt, als man schon am Seile — S den phintias
Hochziehen will, also etwa Sp; Dämon reißt phintias an sich und
ist nun wieder mit ihm eins, also D -j- P = \ . . . Das rührt den
Tyrannen T); er will in den Freundesbund (— b) ausgenommen
werden; dafür ergibt sich die neue Formel b = D P T . . . Dies
ist aber nur möglich, wenn er einsieht, als Wensch nicht mehr zu
bedeuten wie die beiden Freunde; denn nur „Gleiches zu Gleichem
gesellt gibt Gleiches.“ Trifft dies aber zu, so haben die bei den Freunde
und so scheint es von dem Größenwahn des Tyrannen nichts

mehr zu befürchten; denn „sind zwei Grössen einer dritten gleich,
so sind alle unter sich gleich — -

Hier fühlte ich, wie mir der Schweiß von der Stirne troff; ich
schwieg, außer Atem. Da hörte id), wie der Schulrat Dr. Bequa-
drat meinen Direktor vernehmlich ins Ghr flüsterte: „Eine Muster-
leistung!" Schon frohlockte niein Herz ob dieser uncrhofften An-
erkennung. Aber doch zu früh; denn soeben wandte er sich an
meine Tertianer mit der trockenen Bemerkung: „Quod erat de-
monstrandum! Damit ist Schillers „Bürgschaft" für uns - und
zwar durchaus zufriedenstellend — erledigt. Ein solcher Fall
von „Bürgschaft" dürfte praftifd) doch auch selten Vorkommen.
Nehmen wir mal an, Phintias habe sich verpflichtet, für Dämon
eine Bürgschaft zu stellen über, sagen wir, nach unserem Gelde
3520 warkl Dämon bleibt zahlungsunfähig; Phintias aber ist
imstande, diese Summe schon 5 lli Jahre vor dem Verfallstag
zu bezahlen, und zwar zu 5lU°lo Rabatt; wie groß ist seine Bar-
zahlung ?"

Die Tertia sperrte waul, Dhren und Nase auf, so fremd war
ihr die Lösung einer solchen Aufgabe. Ich selber war völlig ratlos.
Ja, wenn id) schnell hätte meine Frau fragen dürfen . . . Und schon
machte mir der Schulrat eine Geste, als wollte er sagen: „Nun,
helfen Sic Ihren Jungen etwas auf die Sprünge!" Ad), sollte ich
meine so sauer erworbenen mathematischen Lorbeeren so schnell
wieder einbüßen? Id) glaube, niemand hätte in diesem Augenblicke
für mid) Bürgsd)aft geleistet, nicht einmal Schiller, gesd)weige denn
Schulrat Dr. Bequadrat I

Aber gottlob!I Da ertönte die sd)rille Sd)ulglocke und verkün-
dete das Ende der Stunde. Und id) erhob wieder die Augen, die
id) verschämt zu Boden gesenkt hatte, id) riß sie weit auf und

Und id) erwachte. Ts war früher Morgen. Id) lag in meinem
Bett und die lvecker-Uhr, die ich mit einer verzweifelten Hand-
bcwegung von meinem Nachttisch gefegt hatte, rasselte am Boden
nod) ohrenbetäubend weiter, lvehe mir! Also der Besud) des
Dr. Bequadrat stand mir erst nod) bevor!

Aber gottlob I Id) wurde an diesem Tage von den beiden
Schulgewaltigen als imaginäre Größe, als quantite negligeable
behandelt und blieb von einer Heimsuchung in meiner Deutschstunde
verschont. Die „Bürgschaft" habe id) in der Tertia erst behandelt,
als Dr. Bequadrat subtrahiert, id) wollte sagen, abgezogen war,
und zwar nur mit Begeisterung und Pathos, weder mit a-j-b noch
mit a b, dafür leiste id) jede Bürgschaft und das behaupte ich
mit mathematischer Sid)erheit.

Der Spaziergang.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Spaziergang"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schendel, Otto
Entstehungsdatum
um 1922
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1927
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 157.1922, Nr. 4035, S. 171

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