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Zeichnung von S). 9t. Pfeiffer

Nur vor Fröschen empfand sie
ein leichtes Gruseln.

Als sie eines Abends in ihre be-
scheidene Dreizimmerwohnung ein-
trat, stieß sie unversehens aus einen
Einbrecher, der — der Limmel mag
wissen, warum — bei ihr Reichtümer
vermutet hatte.

Jedes andere weibliche Wesen
hätte bei diesem Anblick zunächst laut
aufgeschrien und wäre dann käsebleich
auf die Treppe geflüchtet.

Nicht so Tante Malchen.

Malchen langte entschlossen nach
einem zufällig griffbereiten Schrub-
ber und bearbeitete den lleberraschten
so nachdrücklich, daß der Bedauerns-
werte statt zur Polizeiwache zur näch-
sten Rettungswache gebracht werden
mußte.

Warmbier hatte damals behaup-
tet, ein Gelehrter in Wien habe her-
ausgekriegt, daß solche, immerhin
ungewöhnliche Gefühlsbetätigungen
älterer Mädchen nichts weiter seien
als verdrängte Liebessehnsucht. Das
wäre Psychoanalyse.

Seitdem hielt Tante Malchen nur
noch wenig von ärztlicher Kunst. Mit
ihrem Schwager Warmbier aber
sprach sie fortan nicht mehr. Er war
für sie bereits gestorben. Fiel in
ihrer Gegenwart zufällig sein Name,
dann bekam sie kreisrunde Nasen-
löcher, eine scharfe Falte zwischen
den Augen und einen Mund, als
wollte sie „Lühnerpopo" sagen.

Wer sie ansah, dem gefror das
Wort im Lalse, und man wechselte
nach einer Pause tödlichen Schwei-
gens betreten das Thema.

„Das wäre ein gutes Training für dich, Bruno ■ — wo du in deinem

Auto immer so nervös bist."

„Nee, mein Äerz-hier fehlen ja die Radfahrer und die Fußgänger."

5öttfe Von Otto ®rune

Als Warmbiers auf sechs Wochen nach der Schweiz verreisen
wollten, entstand die bange Frage: was wird aus der Wohnung?

Sie dem Mädchen anvertrauen, wo man doch jeden Tag in
der Zeitung lesen konnte, wie sich verführerische Kavaliere an
allein wohnende Mädchen heranschlängeln, sie betäuben und dann
die Wohnung ausrauben?

Lier gab es nur eine Rettung: Tante Malchen.

Tante Malchen war die ältere, unverheiratete Schwester von
Frau Warmbier. Sie war dem männlichen Geschlecht durchaus
abhold; ja, man konnte sogar sagen, sie verabscheute es.

Furcht kannte sie nicht.

Tante Malchen war leider stark
kurzsichtig, konnte sich aber nicht dazu
entschließen, ihre Brille ständig zu
tragen. Sie behauptete, ihre Rase
hielte den dauernden Druck nicht aus.

Widerspruch konnte sie auf den
Tod nicht vertragen. Sie hatte eine
Art, wenn ihr jemand widersprechen
wollte, mit aufeinandergesehten Zei-
gefinger und Daumen der rechten
Land einen kurzen, messerscharfen Strich durch die Luft zu ziehen,
der jedes weitere Wort im Keime erstickte. Wer es wagte, den-
noch weiter zu sprechen, den betäubte sie auf der Stelle mit einer
Flut scharf ätzender Schmähungen, daß selbst der Verwegenste
wortlos die Flucht ergriff.

Das Mädchen sollte die Zeit benutzen, die Wohnung gründ-
lich zu Überholen; Tante Malchen quartierte sich im Fremden-
zimmer ein und sollte die Aufsicht führen.

Allwöchentlich wollte man sich gegenseitig Bericht geben.

Warmbiers fuhren ab.

Tante Malchen gab ihrer Schwester und den Kindern das
Geleit und gute Ratschläge, wie sie ältere Damen vier Minuten

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das wäre ein gutes Training für dich, Bruno ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Pfeiffer, Reinhold
Entstehungsdatum
um 1932
Entstehungsdatum (normiert)
1927 - 1937
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Volksfest <Motiv>
Mann <Motiv>
Frau <Motiv>
Mädchen <Motiv>
Gespräch <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 177.1932, Nr. 4547, S. 180

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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