Umschrieben Der bescheidene Gast bestellt
sich im Luxusrestaurant ei» Paar Würstchen.
Kellner: „Einmal Filet im Darm!"
Ziephahns Seereise
einem Entschlüsse einschiffte, zu dem zwar nicht
Verwegenheit, aber doch Frechheit gehörte.
Es waren nur acht Passagiere da. Deshalb
hatte Ziephahn eine kleine Kabine für sich allein
bekommen, in der er am ersten Albend, als der
»Poseidon" die Anker gelichtet hatte, einsam
hockte und einige mitgebrachte belegte Butter-
brote verspeiste. Am nächsten Morgen aß er
zum Frühstück auch ein Butterbrot, das legte,
schon etwas hart gewordene. Dann aber, als es
Mittagszeit wurde, ging er zum Führer des
»Poseidon", zu Kapitän Nägenpoot. „Frechheit,
sieh' mir bei!" dachte er.
Schwer von Begriffen
»Eigentlich steht ihr gegen das Licht. Ich müßte
mit dem Apparat auf die andere Seite."
»Aber Mensch — dann kriegste uns ja von hinten!"
Aber er begann seine Rede
doch etwas zögernd. „Leider
muß ich Ihnen eine Eröff-
nung machen, Herr Kapitän,
die Sie mir vielleicht übel-
nehmen werden."
„I wo!" meinte Kapitän
Nägenpoot gemütlich. Er
war aber auch nicht neu-
gierig; er hatte schon so viel
von Passagieren erzählt be-
kommen.
„Die Sache ist nämlich
die: ich habe kein Geld mehr!"
„Von Pumpen kann nich'
die Rede sein!" sagte Kapi-
tän Nägenpoot entschieden,
aber noch gemütlicher.
„Kommt ja auch gar nicht
in Frage, Herr Kapitän.
Sowie ich in Saloniki bei
meinem Bruder bin, habe
ich ja Geld. Aber bis dahin
-das ist ein Ende Weg;
da kann ich inzwischen längst
verhungert sein. Wovon soll
ich während der Reise leben,
Herr Kapitän?"
„Wovon Sie leben sollen?
Na, von Essen und Trinken
natürlich!" Kapitän Nägen-
poot schaute sehr erstaunt
auf den Passagier.
Max Ziephahn ruf inner-
sich wieder die Frechheit an.
„Essen und Trinken kostet
leider Geld, Herr Kapitän.
Wenn nun der Kellner
kommt-"
„Kellner haben wir nich'.
Der Mann heißt Steward."
„Ist ja egal! Der Steward
wird grade so wie ein Kellner
kassieren wollen."
„So is die Sache, da kuckt
der Deibel 'raus!" Kapitän
Nägenpoot nahm Max Zicp-
hahn bei den Armen und
drehte ihn so, daß er ihm
gut in das etwas beknif-
fene Antlitz schauen konnte.
„Hoho, das is ja doll! Das
is mir doch wahrhaftig noch
nie passiert, solang' ich nu
schon mit dem ,Poseidon'
fahr'. Da kommen Sie also
hier bei uns an Bord und
denken, das Essen wird ja
woll verflucht teuer sein, und
da erzählen Sie mir, Sie
haben gar kein Geld,
hohoho!" Kapitän Nägen-
poot lachte gewaltig.
„Na, Sie werden mich
doch nicht verhungern lassen,
.Herr Kapitän!" Max Ziep-
hahn wurde zuversichtlich.
„Ein verhungerter Passagier
wäre doch peinlich für Sie, nicht wahr? Ich bin ja be-
scheiden. Schicken Sie mir immer was in meine Kabine!
Mal 'ne Erbsensuppe mit 'nem Stück Brot; wenn Speck
dabei ist, werde ich sehr dankbar sein. Na, und was Sie
mir sonst noch geben können!"
Kapitän Nägenpoot wandte sich ab und spuckte über
die Reeling. Es dauerte lange, bis er sich wieder um-
kehrte. Er grinste ungeheuer gemütlich. „Schön! Is in
Ordnung, hoho!" — —
Max Ziephahn wurde in seiner Kabine verpflegt, ge-
nügend aber bescheiden. Doch er triumphierte; das war
eine vortreffliche Spekulation gewesen, ftebrigens bekam
ihm die Seefahrt ausgezeichnet; selbst in der rauhe»
Biskaya spürte er nichts von Seekrankheit. —
Der „Poseidon" näherte sich schon den griechischen
Inseln, da kam Max Ziephahn zum ersten Mal mit
einem Mitreisenden in ein Gespräch; bisher hatte er
sich, in Anbetracht seiner Verpflegungsangelegenheit,
„Mit diesem Lut sehe ich zehn Jahre jünger aus,
findest du das nicht auch?" — „Wie alt bist du denn?"
„Siebenundzwanzig Jahre!" — „Mit oder ohne Lut?"
stets zurückgezogen. Der Reisegefährte, der wohl an-
nahm, Herr Ziephah» habe sich wegen Kränklichkeit
immer in seiner Kabine gehalten, äußerte sich anerken-
nend über den „Poseidon". Besonders zufrieden war er
mit der Verpflegung. „Für so einen Frachtdampfer
alles Mögliche! Leute Mittag z. B. die Wildente - - "
„Ah, Wildente!" horchte Max Ziephahn auf. „Was
kostet hier eigentlich die Portion?" — —
Drei Minuten später kam Max Ziephahn zu Kapitän
Nägenpoot gestürzt. „Das ist doch wirklich alles Mög-
liche, Herr Kapitän! Die ganzen Tage habe ich mich
kümmerlich ernährt, und jetzt erfahre ich, daß die Ver-
pflegung -"
„-im Fahrpreis einbegriffen is, jawoll!" sagte
Kapitän Nägenpoot gemütlich. „Das is nämlich immer
so, das kann gar nich' anders sein."
„Aber ich habe das doch nicht gewußt. Warum kann
das nicht anders sein?"
Kapitän Nägenpoot nahm einen behaglich belehrenden
Ton an. „Tja, wenn wir uns die Verpflegung nich'
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sich im Luxusrestaurant ei» Paar Würstchen.
Kellner: „Einmal Filet im Darm!"
Ziephahns Seereise
einem Entschlüsse einschiffte, zu dem zwar nicht
Verwegenheit, aber doch Frechheit gehörte.
Es waren nur acht Passagiere da. Deshalb
hatte Ziephahn eine kleine Kabine für sich allein
bekommen, in der er am ersten Albend, als der
»Poseidon" die Anker gelichtet hatte, einsam
hockte und einige mitgebrachte belegte Butter-
brote verspeiste. Am nächsten Morgen aß er
zum Frühstück auch ein Butterbrot, das legte,
schon etwas hart gewordene. Dann aber, als es
Mittagszeit wurde, ging er zum Führer des
»Poseidon", zu Kapitän Nägenpoot. „Frechheit,
sieh' mir bei!" dachte er.
Schwer von Begriffen
»Eigentlich steht ihr gegen das Licht. Ich müßte
mit dem Apparat auf die andere Seite."
»Aber Mensch — dann kriegste uns ja von hinten!"
Aber er begann seine Rede
doch etwas zögernd. „Leider
muß ich Ihnen eine Eröff-
nung machen, Herr Kapitän,
die Sie mir vielleicht übel-
nehmen werden."
„I wo!" meinte Kapitän
Nägenpoot gemütlich. Er
war aber auch nicht neu-
gierig; er hatte schon so viel
von Passagieren erzählt be-
kommen.
„Die Sache ist nämlich
die: ich habe kein Geld mehr!"
„Von Pumpen kann nich'
die Rede sein!" sagte Kapi-
tän Nägenpoot entschieden,
aber noch gemütlicher.
„Kommt ja auch gar nicht
in Frage, Herr Kapitän.
Sowie ich in Saloniki bei
meinem Bruder bin, habe
ich ja Geld. Aber bis dahin
-das ist ein Ende Weg;
da kann ich inzwischen längst
verhungert sein. Wovon soll
ich während der Reise leben,
Herr Kapitän?"
„Wovon Sie leben sollen?
Na, von Essen und Trinken
natürlich!" Kapitän Nägen-
poot schaute sehr erstaunt
auf den Passagier.
Max Ziephahn ruf inner-
sich wieder die Frechheit an.
„Essen und Trinken kostet
leider Geld, Herr Kapitän.
Wenn nun der Kellner
kommt-"
„Kellner haben wir nich'.
Der Mann heißt Steward."
„Ist ja egal! Der Steward
wird grade so wie ein Kellner
kassieren wollen."
„So is die Sache, da kuckt
der Deibel 'raus!" Kapitän
Nägenpoot nahm Max Zicp-
hahn bei den Armen und
drehte ihn so, daß er ihm
gut in das etwas beknif-
fene Antlitz schauen konnte.
„Hoho, das is ja doll! Das
is mir doch wahrhaftig noch
nie passiert, solang' ich nu
schon mit dem ,Poseidon'
fahr'. Da kommen Sie also
hier bei uns an Bord und
denken, das Essen wird ja
woll verflucht teuer sein, und
da erzählen Sie mir, Sie
haben gar kein Geld,
hohoho!" Kapitän Nägen-
poot lachte gewaltig.
„Na, Sie werden mich
doch nicht verhungern lassen,
.Herr Kapitän!" Max Ziep-
hahn wurde zuversichtlich.
„Ein verhungerter Passagier
wäre doch peinlich für Sie, nicht wahr? Ich bin ja be-
scheiden. Schicken Sie mir immer was in meine Kabine!
Mal 'ne Erbsensuppe mit 'nem Stück Brot; wenn Speck
dabei ist, werde ich sehr dankbar sein. Na, und was Sie
mir sonst noch geben können!"
Kapitän Nägenpoot wandte sich ab und spuckte über
die Reeling. Es dauerte lange, bis er sich wieder um-
kehrte. Er grinste ungeheuer gemütlich. „Schön! Is in
Ordnung, hoho!" — —
Max Ziephahn wurde in seiner Kabine verpflegt, ge-
nügend aber bescheiden. Doch er triumphierte; das war
eine vortreffliche Spekulation gewesen, ftebrigens bekam
ihm die Seefahrt ausgezeichnet; selbst in der rauhe»
Biskaya spürte er nichts von Seekrankheit. —
Der „Poseidon" näherte sich schon den griechischen
Inseln, da kam Max Ziephahn zum ersten Mal mit
einem Mitreisenden in ein Gespräch; bisher hatte er
sich, in Anbetracht seiner Verpflegungsangelegenheit,
„Mit diesem Lut sehe ich zehn Jahre jünger aus,
findest du das nicht auch?" — „Wie alt bist du denn?"
„Siebenundzwanzig Jahre!" — „Mit oder ohne Lut?"
stets zurückgezogen. Der Reisegefährte, der wohl an-
nahm, Herr Ziephah» habe sich wegen Kränklichkeit
immer in seiner Kabine gehalten, äußerte sich anerken-
nend über den „Poseidon". Besonders zufrieden war er
mit der Verpflegung. „Für so einen Frachtdampfer
alles Mögliche! Leute Mittag z. B. die Wildente - - "
„Ah, Wildente!" horchte Max Ziephahn auf. „Was
kostet hier eigentlich die Portion?" — —
Drei Minuten später kam Max Ziephahn zu Kapitän
Nägenpoot gestürzt. „Das ist doch wirklich alles Mög-
liche, Herr Kapitän! Die ganzen Tage habe ich mich
kümmerlich ernährt, und jetzt erfahre ich, daß die Ver-
pflegung -"
„-im Fahrpreis einbegriffen is, jawoll!" sagte
Kapitän Nägenpoot gemütlich. „Das is nämlich immer
so, das kann gar nich' anders sein."
„Aber ich habe das doch nicht gewußt. Warum kann
das nicht anders sein?"
Kapitän Nägenpoot nahm einen behaglich belehrenden
Ton an. „Tja, wenn wir uns die Verpflegung nich'
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Umschrieben" "Schwer von Begriffen" "Zehn Jahre jünger"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 182.1935, Nr. 4692, S. 3
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg