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Fliegende Blätter — 188.1938 (Nr. 4823-4848) = 94. Jahrg.

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Nr. 4827
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https://doi.org/10.11588/diglit.6559#0066
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o

Febris patagonica

Eines Morgens, kurz vor der Ausreise nach Südamerika, er-
wachte der Leichtmatrose Paul Büders in einem weißen Sanato-
riumsbelt. Er erwachte sozusagen von außen nach innen. Erst kamen
ihm die schneeweiße Decke und die sauberen weißlackierten Möbel
zum Bewußtsein, dann merkte er, daß er in einem blütenfrisch über-
zogenen Bett lag, und zuletzt fiel ihm ein, daß er das ja war. Nicht
in der Längematte? Das erfüllte ihn mit Verwunderung. Es roch
auch hier so anders, gar nicht nach Tran, Teer und Erbsen mit
Speck, sondern — ja, jetzt hatte er es: nach Quarantänestation. Was
war denn los? Er betastete sich von unten nach oben. Als er oben
anlangte, griff er in etwas kaltes, feuchtes. Ein EisbeutelI

„Lein!" rief er, „Lein, was soll denn das?"

„Was denn, Lerr Büders?"
zirpte Lein mit verstellter
Fistelstimme. Aber es stellte
sich bald heraus, daß es Lein
gar nicht war, sondern eine
piksaubere Krankenschwester.

Mit einem Satz wollte Paul
Büders aus dem Bett springen.

Aber die piksaubere Schwester
drückte ihn mit sanfter Gewalt
in die Kissen zurück.

„Wie komme ich denn hier
herein? Bin ich denn krank?"
fragte er kleinlaut.

„Ja," nickte die Schwester.

„And was fehlt mir? Was
ist das hier für eine Station?"

„Das ist die Infektionsab-
teilung — Isolierstation."

„Was, was?" fuhr Paul
auf. „Da liege ich wohl hier
mit so hundert oder zwei-
hundert Cholera- und Gelb-
fieberkranken zusammen?"

„Das nun gerade nicht. Sie
liegen ganz allein hier. Der
Lerr Doktor fängt nämlich
erst an, und so groß ist die
Praxis fürs erste noch nicht."

„And wie bin ich hier her-
ein gekommen?"

„Sie lagen schwer krank
vor der Laustüre. Da haben
wir Sie hereingenommen.

Alles übrige ging aus dem
Seefahrtsbuch hervor."

Paul ging jetzt ein Licht auf, aber klugerweise sagte er nichts.
Er hatte gestern abend mit andern Leichtmatrosen einen Abschieds-
abend in St. Pauli veranstaltet. Zuletzt waren aus den Leichtmatrosen
lauter Vollmatrosen geworden. Es konnte leicht sein, daß sich die
Kameraden einen Scherz mit ihm erlaubt und ihn vor den Eingang
zu einer Privatklinik gebettet hatten.

Am zehn Ahr steckte der Kapitän Krischan Klüteboom seinen
Kopf durch ein Schiebefenster herein.

„Gu'n Morsen, Paul," brüllte er, als hätte er gegen schweren
Südwest anzuschreien, „ich habe dich ook wat mitgebracht."

Die Schwester scheuchte ihn zurück.

„Sie wollen sich doch nicht infizieren?"

„Im Gegenteil, Schwester," sagte der Kapitän, „desinfizieren
will ich den Jungen. Gib ihm mal die Buddel Köhm!"

Aber der Kapitän mußte
mit seiner gutgemeinten Gabe
wieder abziehen und ohne
Paul die Anker lichten.

Am 11 Ahr kam der Arzt.
„Febris patagonica," sagte
er auf Pauls Frage, was ihm
fehle. „Eine neuentdeckte
Krankheit — kann sehr lange
dauern."

„And was wollen Sie mit
mir machen?"

Der Arzt zuckte die Achseln.
„Bis jetzt ist nur der Name
zu uns gedrungen. Ich werde
Berichte aus Patagonien an-
fordern, und dann werden
wir weitersehen."

Paul gewöhnte sich mit der
Zeit an die Infektionsabtei-
lung. Es gefiel ihm sehr gut.

Eines Tages kamen zwei
Bakteriologen. Paul spitzte
die Ohren.

„Nichts, gar nichts," wis-
perte der eine.

Der andre zog Pauls See-
fahrtsbuch aus der Tasche.

„Eine verfluchte Schrift hat
dieser Kollege! Aber wenn ich
nicht irre, heißt das gar
nicht Febris patagonica —
warten Sie mal, das lese
ich für libroma pe — oder
po — nein, es ist nicht heraus-
zukriegen."

Die Künstlerin „Daß Sie immer solche heroischen Motive wählen,
Fräulein Else!"

„Nun, es ist doch auch schon heroisch, wenn eine Frau Malerin wird."

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Künstlerin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Traub, Gustav
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Künstler <Motiv>

Literaturangabe

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Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Fliegende Blätter, 188.1938, Nr. 4827, S. 66

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